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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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überzogen von Giftbeeren und einem drahtigen, hellbraunen Gewächs, dessen Ranken sich zu Gebäuden schlängeln, bei denen es sich offenbar um Ställe handelt. Als Learmont dem Durchgang näher kommt, hört er ein leises Summen. Er bleibt stehen und lauscht. Es scheint aus den Stallungen zu dringen: ein pulsierendes, mechanisches Gebrumm. Learmont überlegt hineinzugehen und die Leute an den Maschinen nach dem Weg zu fragen, sagt sich dann aber, dass die Motoren vermutlich aus eigener Kraft laufen, weshalb er beschließt, dem Pfad weiter zu folgen, der nun nach rechts abbiegt und sich, nachdem Learmont erneut eine Tür in einer Mauer passiert hat, zu einem Irrgarten verzweigt,
der sich über einen Rasen ausbreitet, ehe er an einer weiteren Mauer endet, durch die wiederum eine Tür führt. Learmont schreitet über den Rasen und öffnet diese dritte Tür, die ihn an den Rand jener Obstwiese bringt, die er schon bei der Ankunft bemerkt hat. Der breite, sanft abfallende Kiesweg, über den er mit Mr Dean gefahren ist, zieht sich auf der anderen Seite der Obstwiese entlang, halb verborgen hinter den Koniferen; der schmalere Weg, auf dem er nun steht, liegt rechtwinklig davon zwischen der Gartenaußenmauer und dem unteren Rand der Obstwiese. Die Kinder sind noch da, vertieft in ihre stumme Pantomime. Learmont lässt den Blick an ihnen vorbeiwandern. Die Reihen kleiner, weiße Früchte tragender Bäume weichen ungepflegtem Rasen, der nach gut fünfzig Metern in eine Weide übergeht, auf der vereinzelt Schafe grasen. Die Weide steigt an zu einem Hügelkamm, über den bis zu seinem Rand eine Telegraphenleitung verläuft, dann abfällt und sich dem Blick entzieht.
    Learmont schaut noch einmal auf den Zettel, wendet sich nach links und folgt dem Weg entlang der äußeren Gartenmauer – bis er an seinem Ende schließlich auf das Haus stößt.
    II
    Er läutet die Glocke, tritt zurück und blickt am Gebäude hinauf. Die Fassade ist mit Efeu überwachsen. Noch einmal läutet er und legt ein Ohr an die Tür. Diesmal hat ihn jemand gehört: Schritte kommen näher. Ein Dienstmädchen öffnet. Sie sieht etwas aufgelöst aus, die Ärmel hochgerollt, Hände und Stirn feucht. Ein Mädchen von drei, vier Jahren steht im Hintergrund, ein Tuch in der Hand. Beide, Kind wie Dienstmädchen, schauen auf Learmonts Koffer und den Inhalationsapparat.

    »Sie wollen was bringen?«, fragt das Dienstmädchen.
    »Nun, na ja … gewissermaßen«, antwortet er und hält den Zettel hoch. »Ich soll hier…«
    Ein Mann taucht aus dem Haus auf und drängt sich an Kind und Dienstmädchen vorbei.
    »Zink und Selenzellen?«, blafft er.
    »Sind im Einspänner«, erwidert Learmont. »Aber ich bin eigentlich gekommen, um…«
    »Und die Säure? Die Kupferrollen?«, unterbricht ihn der Mann. Er ist von stattlicher Figur, hat eine dröhnende Stimme und dürfte um die vierzig, vierundvierzig sein. »Gekommen – um was?«
    »Ich bin hier, um ein Kind zur Welt zu bringen.«
    »Gekommen, um… ach so, ja! Bringen, natürlich! Ausgezeichnet! Sie können … Ja, warten Sie … Maureen zeigt Ihnen, wo … Sie sagten, die Kupferrollen sind in der Auffahrt?«
    »Hinter dem…« Dr. Learmont will über die Gärten hinweg zeigen, kann sich aber nicht mehr erinnern, aus welcher Richtung er gekommen ist.
    »Und ein Mann passt darauf auf? Könnten Sie uns vielleicht helfen …«
    » Sir … «, sagt das Dienstmädchen.
    »Ja, Maureen, was ist denn?«, fragt der Mann. Maureen ringt aufgebracht nach Luft. Sekundenlang starrt er sie an, dann schlägt er sich auf die Oberschenkel und sagt: »Aber nicht doch, natürlich: Führ den Arzt zu ihr. Ist alles so weit…?«
    »Bestens, Sir«, informiert ihn Maureen. »Danke der Nachfrage.«
    »Ausgezeichnet! «, dröhnt er. »Nun, also schön, machen Sie ruhig. Maureen sorgt dafür, dass Sie alles bekommen, was Sie … Das ist das Telegramm?«
    Sein Blick klebt am gelben Zettel, die Augen blitzen vor Aufregung.

    »Ich war ein wenig verwirrt…«, beginnt Learmont, doch der Mann schnappt sich den Zettel und beginnt laut zu lesen: »›… in den nächsten vierundzwanzig Stunden erwartet‹… gut … ›Gravida seit gestern Abend in den Wehen …‹ Wunderbar! ›Gravida‹. Jeder Buchstabe kristallklar!«
    »Wir waren uns hinsichtlich der Provenienz etwas unsicher …«
    »Wie – Provenienz? Warten Sie, was ist das? ›Arzt verbangte, sobald …‹? ›Verbangte‹? Mist, verdammter, was soll denn das für ein Wort sein?«
    »Sir,

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