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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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Wichtiges sagen. Die nahe Kabinenstation sendet zudem Musik,
doch kann Serge die Melodie nicht erkennen: Wie die Worte der besonderen Stimmen bleibt sie knapp unterhalb seines Hörvermögens. Allerdings kann er am Rhythmus, am feierlichen Prunk der Worte wie der Musik, erkennen, dass sie zu einer Zeremonie von außerordentlicher Pracht und Großartigkeit gehören, an der gemessen sich jenes rituelle Schachspiel, dessen Zeuge er zuvor geworden ist, wie ein Canapé zu einem Bankett verhält, wie die Ouvertüre zur Oper, die Skizze zum vollendeten Meisterwerk in Öl: Diese Zeremonie ist der Höhepunkt des Prozesses, auf den er sich eingelassen hat, sein Hauptereignis.
    »Dort sollte man sein«, sagt er laut – und weckt sich damit auf. Es ist hell. Die Motoren laufen noch. Das Schiff hebt und senkt sich wie zuvor. Er fühlt sich besser, steigt aus der Koje, fischt den Morgenmantel aus dem Koffer, zieht ihn an und macht sich auf den Weg zu den Bädern der Borromeo. Er findet sie unweit vom Schiffsheck, zwei Reihen Holzhütten, deren Türen sich direkt aufs Deck öffnen. Davor haben sich Warteschlangen gebildet. Männer lesen Zeitung und nicken knapp zur Begrüßung. Frauen warten auf der gegenüberliegenden Seite. Ein junges Paar auf Hochzeitsreise winkt sich von ihren nach Geschlechtern getrennten Reihen aus zu; die Frau, die sich gestern beklagt hat, blickt ungehalten aufs Meer, den Frotteemantel eng um die Schultern gezogen. Nach jedem Bad erneuern Matrosen das Wasser, schwingen die Eimer über Deck und kippen den Inhalt aus. Die Wannen selbst werden mit heißem Meerwasser gefüllt, das im Bauch des Schiffes erhitzt und über Rohre zu einem Hahn geführt wird; die Matrosen wechseln nur das Frischwasser in dem Behälter, der über der Wanne auf einem Regal steht. In beiden finden sich Spuren von Maschinenöl. Als Serge an der Reihe ist, liegt er lang ausgestreckt in der Wanne und beobachtet Diesel- und Teerspuren im Wasser, sieht sie einander umwirbeln
und sich verbinden; dann wandert sein Blick hinab zum eiternden Knöchel. »Fleisch fressend«, hatte Laura gesagt. Reglos auf dem Rücken ruhend, ignoriert er das ungeduldige Klopfen an der Tür und malt sich aus, tot in einem Sarkophag zu liegen, in Zauber- und Bannsprüche gewickelt, und statt eines Herzens trägt er in sich geheime Botschaften und zensierende Siegel. Der Seife ist ein Logo aufgedrückt; selbst daran klebt Teer. Nach dem Bad fühlt Serge sich dreckiger als zuvor, so als wäre er wie ein Mistkäfer durch seine Mühen erdverschmutzt und nicht gereinigt worden.
    Zum Frühstück gibt es Speckstücke, geröstetes Brot, Blutwurst und Champignons. Alles sieht gleich aus: dunkle Materieklumpen. Es schmeckt auch gleich, verströmt einen Duft, der in Schwaden das ganze Schiff durchzieht: ein Potpourri aus Schimmelpilzen, heißem Maschinenöl und Zwiebeln. Die ungehaltene Frau regt sich schon wieder auf, beschwert sich bei den Stewards, dass man ihr nicht den richtigen Tisch zugewiesen habe. Die Stewards versuchen, sie umzusetzen, und legen sich eine Geschichte über verwechselte oder schlecht kopierte Sitzordnungen zurecht, die sie der Familie an dem Tisch, an dem die Klägerin zu sitzen wünscht, mit zahlreichen Entschuldigungen vortragen. Widerwillig ziehen die Leute um, allerdings nicht an den Tisch der Klägerin, da der zu klein für sie ist. Sie werden an einen dritten Platz geführt, was eine weitere Vertreibung nötig macht, eine neue Umsiedlung. Serge schiebt den halb leeren Teller von sich, verlässt den Speisesaal, passiert an Deck einige Wurfringspieler, verharrt einen Moment und starrt auf die gemusterten Markierungen und die aufragende Wurfstange. Dann spürt er, wie das Fieber zurückkehrt, und macht sich auf den Weg in seine Kabine.
    Schwitzend liegt er in der Koje. Sein Schweiß vermengt sich mit den Teerresten auf der Haut und färbt sich schwarz. Zumindest stellt er es sich so vor: durchaus möglich, dass
der Schweiß gleich schwarz aus ihm herausquillt. Mela chole : Über den rumpelnden Motoren und dem schrilleren Gerassel seiner Kabine hört er Dr. Filips dünne, elektrische Stimme von schwarzem Fleisch reden. Er hört vielerlei, den Singsang der Schulkinder in Versoie, die ihre Artikulationsübungen herunterrattern, Marschtritte auf Landstraßen, das Surren und Klicken eines Filmprojektors oder eines motorbetriebenen Vorhangs. Diese Laute scheinen vom Grunde des Meeres aufzuwallen – eines Meeres, das er für schwarz, ölig und

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