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Kabale und Liebe

Kabale und Liebe

Titel: Kabale und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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mir geht, und kommen an den bewußten Ort"—Haben Sie "bewußten?"
    Luise. Ich habe Alles!
    Wurm. "An den bewußten Ort zu Ihrer zärtlichen…. Luise"
    Luise. Nun fehlt die Adresse noch.
    Wurm. "An Herrn Hofmarschall von Kalb."
    Luise. Ewige Vorsicht! Ein Name, so fremd meinen Ohren, als meinem Herzen diese schändlichen Zeilen. (Sie steht auf und betrachtet eine große Pause lang mit starrem Blick das Geschriebene, endlich reicht sie es dem Secretär mit erschöpfter, hinsterbender Stimme.) Nehmen Sie, mein Herr. Es ist mein ehrlicher Name—es ist Ferdinand—es ist die ganze Wonne meines Lebens, was ich jetzt in Ihre Hände gebe—Ich bin eine Bettlerin.
    Wurm. O nein doch! Verzagen Sie nicht, liebe Mademoiselle. Ich habe herzliches Mitleid mit Ihnen. Vielleicht—wer weiß?—Ich könnte mich noch wohl über gewisse Dinge hinwegsetzen—Wahrlich! Bei Gott! Ich habe Mitleid mit Ihnen.
    Luise (blickt ihn starr und durchdringend an). Reden Sie nicht aus, mein Herr. Sie sind auf dem Wege, sich etwas Entsetzliches zu wünschen.
    Wurm (im Begriff, ihre Hand zu küssen). Gesetzt, es wäre diese niedliche Hand—Wie so, liebe Jungfer?
    Luise (groß und schrecklich). Weil ich dich in der Brautnacht erdrosselte und mich dann mit Wollust aufs Rad flechten ließe. (Sie will gehen, kommt aber schnell zurück.) Sind wir jetzt fertig, mein Herr? Darf die Taube nun fliegen?
    Wurm. Nur noch die Kleinigkeit, Jungfer. Die müssen mit mir und das Sacrament darauf nehmen, diesen Brief für einen freiwilligen zu erkennen.
    Luise. Gott! Gott! und du selbst mußt das Siegel geben, die Werke der Hölle zu verwahren? (Wurm zieht sie fort.)
    Vierter Akt.
    Erste Scene.
    Saal beim Präsidenten.
    Ferdinand von Walter, einen offenen Brief in der Hand, kommt stürmisch durch eine Thüre, durch eine andere ein Kammerdiener.
    Ferdinand. War kein Marschall da?
    Kammerdiener. Herr Major, der Herr Präsident fragt nach Ihnen.
    Ferdinand. Alle Donner! Ich frag', war kein Marschall da?
    Kammerdiener. Der gnädige Herr sitzt oben am Pharotisch.
    Ferdinand. Der gnädige Herr soll im Namen der ganzen Hölle daher kommen. (Kammerdiener geht.)
    Zweite Scene.
    Ferdinand allein, den Brief durchfliegend, bald erstarrend, bald wüthend herumstürzend.
    Es ist nicht möglich! nicht möglich! Diese himmlische Hülle versteckt kein so teuflisches Herz—Und doch! doch! Wenn alle Engel herunter stiegen, für ihre Unschuld bürgten—wenn Himmel und Erde, wenn Schöpfung und Schöpfer zusammenträten, für ihre Unschuld bürgten—es ist ihre Hand—Ein unerhörter, ungeheurer Betrug, wie die Menschheit noch keinen erlebte!—Das also war's, warum man sich so beharrlich der Flucht widersetzt!—Darum—o Gott! jetzt erwach' ich, jetzt enthüllt sich mir Alles!—Darum gab man seinen Anspruch auf meine Liebe mit so viel Heldenmuth auf, und bald, bald hätte selbst mich die himmlische Schminke betrogen!
    (Er stürzt rascher durchs Zimmer, dann steht er wieder nachdenkend still.)
    Mich so ganz zu ergründen!—Jedes kühne Gefühl, jede leise schüchterne Bebung zu erwiedern, jede feurige Wallung—An der feinsten Unbeschreiblichkeit eines schwebenden Lauts meine Seele zu fassen—Mich zu berechnen in einer Thräne—Auf jeden gähen Gipfel der Leidenschaft mich zu begleiten, mir zu begegnen vor jedem schwindelnden Absturz—Gott! Gott! und alles Das nichts als Grimasse?—Grimasse? O, wenn die Lüge eine so haltbare Farbe hat, wie ging es zu, daß sich kein Teufel noch in das Himmelreich hineinlog?
    Da ich ihr die Gefahr unsrer Liebe entdeckte, mit welch überzeugender
Täuschung erblaßte die Falsche da! Mit welch siegender Würde schlug
sie den frechen Hohn meines Vaters zu Boden, und in eben dem
Augenblick fühlte das Weib sich doch schuldig!—Was? hielt sie nicht
selbst die Feuerprobe der Wahrheit aus—die Heuchlerin sinkt in
Ohnmacht. Welche Sprache wirst du jetzt führen, Empfindung? Auch
Koketten sinken in Ohnmacht. Womit wirst du dich rechtfertigen,
Unschuld?—Auch Metzen sinken in Ohnmacht.
    Sie weiß, was sie aus mir gemacht hat. Sie hat meine ganze Seele gesehen. Mein Herz trat beim Erröthen des ersten Kusses sichtbar in meine Augen—und sie empfand nichts? empfand vielleicht nur den Triumph ihrer Kunst?—Da mein glücklicher Wahnsinn den ganzen Himmel in ihr zu umspannen wähnte, meine wildesten Wünsche schwiegen—vor meinem Gemüth stand kein Gedanke, als die Ewigkeit und das Mädchen—Gott! da empfand sie nichts? fühlte nichts, als ihren

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