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Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)

Titel: Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mortimer M. Müller
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in eine vereiste, geisterhafte Steppe verwandelte. Direkt voraus das Gewitter.
    Eine nachtfarbene Wand, noch schwärzer als die Finsternis zu seinen Füßen, fortwährend erhellt von weißen und gelben Blitzen, die in einem wilden Tanz aus der Wolkenfront zuckten, in den Himmel fuhren oder in der Dunkelheit verschwanden. Der Gewittersturm näherte sich rasch, ballte sich zu einer Wand aus wirbelnden Fäusten zusammen. Sie stieß ein bedrohliches Grollen aus, tief und unheilverkündend, streckte ihm seine faserigen Wolkenfinger entgegen, fauchte ihm einen eisigen Windhauch übers Gesicht – und Andreas war erwacht, wie stets.
    Das war vor einer halben Stunde gewesen. Seitdem stand er auf dem Balkon und blickte über das nächtliche Innsbruck. Er konnte sich nicht erklären weshalb, aber er hatte ein sehr eigenartiges Gefühl, das an beklemmende Gewissheit grenzte, dass ein bedeutsames Ereignis bevorstand. Ein Ereignis, das sein Leben und das vieler anderer Menschen verändern würde.
    Ein Ziel in naher Ferne
, dachte er, selbst überrascht, welch Melancholie ihn ergriffen hatte.
Nur – was mag dieses Ziel bringen? Verlust oder Gewinn?
    Er schob den Gedanken beiseite.
Ich sollte noch eine Runde schlafen. So früh am Morgen wandert der Geist auf viel zu abschüssigen Pfaden
.

Schiregion Kitzbühel, Hahnenkammbahn, Talstation
Freitag, 5. Januar, 08:15 Uhr
    Benjamin gähnte ausgiebig; so ausgiebig, dass er um ein Haar eine verwirrte Stubenfliege verschluckt hätte, die seinen weit geöffneten Rachen wohl für einen sicheren Unterschlupf gegen die bevorstehende Rückkehr des Winters gehalten hatte.
    Der gestrige Abend war aufregend gewesen. Sie hatten das Fünferl zu siebt betreten: Sebastian, Natascha, Maria, zwei Männer, die zur Technikabteilung gehörten, eine Dame mit Kurzhaarschnitt vom Marketing und Benjamin selbst. Anfangs war der Tumult zu groß, die Lautstärke zu hoch gewesen, als dass er sich mit Natascha hätte unterhalten können. Aber nach dem einen oder anderen Cocktail war die Stimmung ruhiger geworden, wie auch die Musik von Pop und Dance zu Kuschelrock gewechselt hatte. Maria war mit einem ihrer Kollegen an einen separaten Tisch übersiedelt. Sebastian hatte mehr als eine Stunde mit seiner Schwester telefoniert und war anschließend nach draußen gegangen. Die Kurzhaarige vom Marketing hatte bald eingesehen, dass Benjamin nicht an ihr interessiert war, und sich des zweiten Technikers angenommen. Mit einem Mal waren sie sich allein gegenübergesessen, er und Natascha. Nach einigen Floskeln und halbherzigen Scherzen war ihr Gespräch tiefgründiger geworden. Zunächst hatten sie über ihre Arbeit gesprochen, dann über Politik, das Leben, über Schicksal und Zufälle, die Zeit und universelle Grundsätze des Universums – also tatsächlich über Gott und die Welt; und natürlich über menschliche Beziehungen. Es war faszinierend gewesen zu hören, dass sie sehr ähnliche Erfahrungen gemacht und Enttäuschungen erlebt hatten und trotz ihres Altersunterschiedes eine Menge Gemeinsamkeiten besaßen. Schlussendlich hatte es zwischen ihnen geknistert wie ein loderndes Kaminfeuer. Und doch war nichts geschehen. Nicht das Geringste. Nicht einmal ein Kuss. Sie hatten sich voneinander verabschiedet; unschlüssig, wie sie es anstellen sollten, und zuletzt nur eine ungeschickte Umarmung zusammengebracht. Ihr Duft war in seine Nase gestiegen, hatte ihn auf eine Weise und in einer solch unerwarteten Heftigkeit erregt, dass er hoffte, niemand würde die Ausbuchtung an seinen Jeans auffallen.
    Benjamin holte tief Luft und rieb sich die Augen. Womöglich hatte er sich den gestrigen Abend bloß eingebildet, was bei der Menge an Alkohol kein Wunder gewesen wäre. Er gähnte ein weiteres Mal und blickte auf seine Armbanduhr.
    Genug der Tagträumereien
, schalt er sich selbst.
Konzentrier dich auf deine Arbeit
.
    Benjamin straffte demonstrativ die Schultern und kontrollierte die Öffnungsautomatik der Kabinentüren. Heute und morgen Vormittag noch Dienst, der Sonntag war frei – und zwar nicht nur für ihn, sondern auch für Natascha. Benjamin nahm sich fest vor, diese Gelegenheit nicht ungenützt verstreichen zu lassen.
    Keine Chance dem inneren Schweinehund
, schwor er sich und ballte die Hand zur Faust.

Innsbruck, ZAMG, Wetterdienststelle
Freitag, 5. Januar, 09:00 Uhr
    „Also können wir die Warnung so belassen?“, fragte Andreas und nahm einen Schluck Kaffee.
    „Sieht ganz danach aus“, erwiderte Peter. „Die

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