Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)
unterwegs.
„Nein.“ Benjamin streckte sich und verschränkte die Hände im Nacken. Vor einer guten Stunde war Franz, der Betriebsleiter, bei ihm vorbeigekommen und hatte ihn um seine sicherheitstechnische Einschätzung des bevorstehenden Wetterumschwungs gebeten. Nach Durchsicht der aktuellen Wetterwarnung schlug Benjamin vor, den Liftbetrieb am Samstag gänzlich einzustellen, was allerdings auf wenig Begeisterung stieß. Kein Wunder, war das Wochenende nach Silvester doch meist eines mit der größten Auslastung. „Was steht denn drin?“
„Regulärer Betrieb bis zwölf Uhr. Eventuelle Änderungen morgen früh.“
„Na toll. War ja klar.“
„Nehme an, du hast Franz nicht dazu geraten?“
„Nein, natürlich nicht. Ich finde es leichtsinnig, aber leider steht auch der Aufsichtsrat hinter der Entscheidung.“
„Du weißt, dass du es hättest verhindern können.“
„Ja, natürlich. Aber mit einem Einspruch hätte ich viel riskiert. Vielleicht sogar meinen Job.“
„Das würdest du Franz zutrauen?“
„Wenn es um den Gewinn des Unternehmens geht? Auf jeden Fall.“
„Dann hoffen wir, die Meteorolügen behalten recht.“
„Oder unrecht, und der Sturm wird halb so wild.“
Natascha lachte leise. „Stimmt, sehr viel wahrscheinlicher. Bei den zahlreichen Fehlwarnungen in letzter Zeit würde sich fast eine kleine Wette lohnen.“
„Okay, ich sage, es wird harmloser als vorhergesagt.“
„Hey, das ist unfair! Aber von mir aus. Wenn du gewinnst, musst du mich zu einem Candle-Light-Dinner ausführen.“
Benjamin grinste. „Einverstanden. Und falls du gewinnst, verlange ich eine Ganzkörpermassage von dir.“
„Mit oder ohne Öl?“
„Mit – ich mag es schön glitschig.“
Sie lachten beide, heiter und ausgelassen, wie sorglos spielende Kinder.
Ach herrje
, dachte Benjamin.
Die erste Wette, bei der ich lieber verlieren würde
.
Kitzbühel, Sporthotel Schweizerhof
Freitag, 5. Januar, 16:45 Uhr
Endlich zurück!
Emma seufzte erleichtert, schälte sich aus ihrem Schianzug und warf sich aufs Bett. Im Grunde war der heutige Tag interessant und aufregend gewesen; außerdem sehr amüsant. Rüdiger hatte auf einer Berghütte die ganze Runde zum Lachen gebracht, als er Südtiroler Politiker parodierte. Aber es war auch anstrengend gewesen. Die langen Abfahrten, das Warten bei den Liften, das Schwitzen unter den viel zu warmen Kleidungsschichten – und natürlich ihr Knie. Sie war nicht sicher, ob sie einen weiteren Schitag durchstehen würde.
Die Tür des Zimmers öffnete sich. Emma wälzte sich auf den Rücken und erblickte Matteo, dessen roter Schioverall wie eine Reklametafel leuchtete. Für Ende fünfzig sah ihr Mann verdammt attraktiv aus, trotz – oder gerade wegen seiner Brille und dem modischen Kurzhaarschnitt. Leider wusste er das auch. Emma wollte gar nicht wissen, mit wie vielen Frauen er sie betrog.
„Ich glaube, ich werde morgen am Zimmer bleiben“, sagte sie.
„Warum?“
„Es soll schweren Sturm geben.“
„Ja, aber erst ab Mittag.“
„Egal. Ich möchte nicht in einer Gondel festsitzen, wenn draußen ein Orkan tobt.“
„Da mach dir mal keine Sorgen. Für Seilbahnen und Schilifte gibt es Sicherheitsvorschriften. Der Betrieb wird eingestellt, lange bevor der Sturm einsetzt.“
„Trotzdem. Es könnte sein, dass wir noch auf der Piste sind, wenn Wind und Schneefall über uns hereinbrechen. Du weißt, ich hasse Schi fahren bei schlechtem Wetter.“
„Sei nicht so ängstlich. Dann fahren wir eben langsamer.“
„Außerdem ist da noch mein Knie. Bei den letzten Abfahrten habe ich es wieder gespürt. War nicht sehr angenehm.“
„Der Orthopäde hat gemeint, du solltest Bewegung machen.“
„Ja, aber keinen Extremsport. Wandern, schwimmen und dergleichen.“
Matteo verdrehte die Augen. „Bei deinem Fahrstil ist Schi fahren eher mit Yoga zu vergleichen. Aber es ist deine Entscheidung. Kommst du morgen nun mit oder nicht?“
Emma zögerte. „Ich werde darüber schlafen“, erwiderte sie.
Bayern, Viechtach, Polizeiinspektion
Freitag, 5. Januar, 16:45 Uhr
„Hallo? Polizai? Hia spricht Josef Haunsnbaua. I sog Ihna, do liagt a bluat’ge Leich’ in da Hütt’n bam Wanbichl. A Weibsbüd, ma, wia grauslich, auf’gschnitt’n, wia voa an Metzga. Des gonza Bluad! Teifi, i hob sowos noch nia g’seng!“
„Könnten Sie das bitte wiederholen?“, fragte der Polizeibeamte und presste den Hörer fester an sein Ohr.
Nach fünf anstrengenden und von beiderseitigen
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