Kabine 14: Ein Kitzbühel-Thriller (German Edition)
und was für eine wunderbare Frau.
„Ich auch, mein Schatz. Ich vermisse sie auch.“
Krankenhaus Kufstein, Unfallchirurgie
Sonntag, 7. Januar, 17:00 Uhr
„Das ist ja schrecklich“, murmelte Natascha, als Benjamin mit seinem Bericht geendet hatte. „Ein gesuchter Mörder in der Seilbahn … entsetzlich.“
„Ja“, bestätigte Benjamin. „Aber es hätte viel schlimmer kommen können. Stell dir vor, der Mann wäre unerkannt entkommen. Laut Polizei gehen mehr als ein Dutzend Morde auf sein Konto.“
Natascha schüttelte wieder und wieder den Kopf. „Unfassbar. Und das in Kitzbühel.“
Benjamin ließ sich neben Natascha am Bett nieder. Er warf einen flüchtigen Blick zur Tür. Als er weder einen Arzt noch Pflegepersonal entdeckte, schlüpfte er kurzerhand aus seinen Schuhen und legte sich neben Natascha. Sie kommentierte sein Verhalten mit einem verschmitzten Lächeln.
„Was hast du vor, mein Prinz? Willst du mich aus meinem hundertjährigen Schlaf küssen? Da kommst du etwas zu spät.“
„Ähm.“ Benjamin war für einen Moment sprachlos. Dann aber bahnte sich eine lang verdrängte Empfindung den Weg in sein Herz, fegte durch seine Adern und entfachte eine nie gekannte Leidenschaft.
Benjamin beugte sich über Natascha und küsste sie. Ihre Lippen fühlten sich unglaublich gut an, warm, weich und lebendig. Und sie schmeckte genau so, wie er es sich vorgestellt hatte. Süß und fruchtig. Verführerisch.
Natascha erwiderte seinen Akt der Zärtlichkeit mit der gleichen bedingungslosen Hingabe, dem gleichen überschäumenden Verlangen. Für einen Moment gab es nur noch sie beide. Keine Umgebung, keine irdische Existenz. Sie schwebten durch ein Meer vollendeter Glückseligkeit, einen Ozean der wahr gewordenen Träume und Hoffnungen. Es war der Himmel auf Erden.
Der Augenblick dehnte sich in die Ewigkeit.
Jetzt oder nie!
„Willst du mich heiraten?“
Benjamins Stimme war rau und brüchig, als käme er aus einer tiefen, von Kohlenstaub erfüllten Mine. Er blickte in Nataschas unendlich faszinierende, blaugrün leuchtende Augen und dachte, dass er alles dafür geben würde, damit sie ein Leben an seiner Seite wählte.
Nataschas Lippen waren rot und feucht von ihrem intensiven Kuss. Gedankenverloren fuhr sie mit der Zunge über ihre Unterlippe, senkte die Lider. Als sich ihre Augen erneut öffneten, las Benjamin ihre Antwort darin.
„Ja“, flüsterte Natascha, und das erste Mal seit Jahren war sie sich in ihrer Entscheidung absolut sicher. „Ich will.“
München, Untergiesing-Harlaching
Montag, 8. Januar, 10:00 Uhr
„Welcome back“, sagte Raphael und stieß die Tür ihrer Wohnung auf. Ehe Sonja protestieren konnte, hob er sie auf den Arm, trug sie zum Bett und legte sie behutsam auf die Kissen.
„Du solltest die Tür schließen, bevor wie weitermachen“, flüsterte sie.
„Ach wo“, entgegnete er. „Unsere Nachbarn sind im Urlaub. Wer soll uns stören?“
Sie gab ihm einen spielerischen Klaps auf die Brust. „Stören vielleicht nicht, aber hören!“
Raphael grinste. „Wer wird denn so kleinlich sein?“
„Komm schon“, erwiderte sie mit einem Lächeln. „Dafür stehe ich dir nachher für alle Schandtaten zur Verfügung.“
„Oho!“, rief Raphael, sprang aus dem Bett und schloss die Eingangstür.
Als er ins Schlafzimmer zurückkehrte, warf ihm Sonja einen nachdenklichen Blick zu. „Weißt du, was ich mich frage?“, sagte sie.
„Nein, was denn?“
„Ob wir die anderen Passagiere zu unserer Hochzeit einladen sollen.“
Raphael überlegte. „Ja, das finde ich eine gute Idee. Wir haben dieses Abenteuer schließlich gemeinsam überstanden. Und besonders Emma ist mir ans Herz gewachsen.“
„Du Schürzenjäger, du!“, lachte Sonja und warf einen Polster nach ihm.
Kanada, Québec, Percé
Montag, 8. Januar, 07:30 Uhr Lokalzeit
Henry Duvall starrte auf das Meer hinaus. Vom Wind verwehte Schneeflocken tanzten um sein zerfurchtes Gesicht, wirbelten um seinen Körper, als wären sie übermütige Seegeister. Der erste Schimmer des anbrechenden Morgens warf einen kühlen Schatten auf Henrys gebeugte Gestalt. Seine langen dunklen Haare flatterten im Wind.
Es war noch nicht vorbei.
Henry spürte es in seinen Knochen, seinen Fingern und Zehen. Außerdem versprach es das Meer. Der Sankt-Lorenz-Golf zeigte eine neue Facette seiner unendlichen Vielfalt. Ein Mosaik aus blass- und dunkelblauen, aus schmutzig gelben und leicht grünlich schimmernden Kreisen. Dazu ein tiefes Raunen,
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