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Kain

Kain

Titel: Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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diese Nacht soll unfruchtbar sein und ohne jeden Freudenschrei, die Sterne deiner Dämmerung sollen sich verfinstern, vergeblich soll sie auf das Licht warten und nicht erleben, dass sich die Lider der Morgenröte öffnen, weil sie mir nicht die Tür des Leibes meiner Mutter verschlossen und nicht verhindert hat, dass ich solches Unglück erlebe, und in dieser Weise beklagte Hiob sein Schicksal, Seite um Seite Verwünschungen und Beschwerden, während ihm drei Freunde, Eliphas von Theman, Bildad von Suah und Zophar von Naema, Vorträge hielten über Ergebung im Allgemeinen und die Pflicht eines jeden Gläubigen, gesenkten Hauptes jeglichen Willen des Herrn zu respektieren. Kain hatte eine Arbeit gefunden, nichts Besonderes, die Esel eines Kleinbauern versorgen, ihm und dessen Familie musste er nun zum tausendsten Mal berichten, wie sich der Überfall der aus Saba und der Raub der Eselinnen abgespielt hatte. Er vermutete, dass die Engel noch in der Nähe waren und Informationen über Hiobs Unglück sammelten, um dem inzwischen sicherlich ungeduldig gewordenen Herrn Nachricht zu bringen, doch anders als erwartet erschienen sie ihm, um ihm zu gratulieren, dass er der Grausamkeit der Nomaden aus Saba entronnen war, Ein Wunder, sagten sie. Kain bedankte sich, wie es seine Pflicht war, doch konnte er darüber nicht seinen ständig wachsenden Groll gegen Gott vergessen, Ich nehme an, der Herr wird sich freuen, sagte er zu den Engeln, er hat die Wette mit Satan gewonnen, Hiob hat ihm nicht abgeschworen, obwohl er all das erleidet, Wir alle wussten, dass er es nicht tun würde, Auch der Herr, nehme ich an, Der Herr zuallererst, Was bedeutet, dass er die Wette einging, weil er wusste, dass er gewinnen würde, Sozusagen, ja, Also ist alles wie gehabt, in diesem Augenblick weiß der Herr nicht mehr über Hiob, als er schon vorher wusste, So ist es, Wenn es so ist, dann erklärt mir bitte, warum Hiob leprös ist, sein Körper von eitrigen Schwären bedeckt, warum er ruiniert ist und seine Kinder tot, Der Herr wird einen Weg finden, ihn zu entschädigen, Wird er die zehn toten Kinder wieder zum Leben erwecken, die Mauern wiederaufrichten, die Tiere, die nicht getötet wurden, zurückkommen lassen, fragte Kain, Das wissen wir nicht, Und was wird der Herr mit Satan machen, der die Vollmacht, die ihm erteilt wurde, offensichtlich so übel missbraucht hat, Vermutlich nichts, Wieso nichts, fragte Kain entrüstet, selbst wenn Sklaven für die Statistik nicht zählen, gibt es immer noch eine Menge Menschen, die ums Leben gekommen sind, und dann höre ich von euch, dass der Herr wahrscheinlich nichts tun wird, Im Himmel war es schon immer so, daran sind nicht wir schuld, Doch, wenn an einer Versammlung der himmlischen Wesen der Satan teilnimmt, ist das für einen einfachen Sterblichen nicht zu verstehen. Damit endete das Gespräch, die Engel brachen auf, und Kain sagte sich, dass er einen würdigeren Weg für sein Leben finden musste, Ich will nicht für alle Zeit hierbleiben und Esel hüten, dachte er. Die Absicht war bedenkens- und lobenswert, doch andere Möglichkeiten nicht vorhanden, es sei denn, er ginge zurück ins Land Nod und nähme seinen Platz im Palast und in Liliths Bett wieder ein. Er würde dick werden, würde ihr noch zwei oder drei Kinder machen, oder, so schoss es ihm durch den Kopf, er könnte sich auf den Weg begeben und nachsehen, wie es seinen Eltern ging, ob sie noch am Leben waren und bei Gesundheit. Er wollte sich verkleiden, damit sie ihn nicht erkannten, diese Freude würde ihm niemand nehmen können, Welche Freude, fragte er sich, für Kain wird es niemals eine Freude geben, Kain ist der, der seinen Bruder getötet hat, Kain ist der, der geboren wurde, das Unsägliche zu sehen, Kain ist der, der Gott hasst.
    Doch fehlte ihm ein Esel, der ihn dorthin tragen konnte. Im ersten Moment überlegte er noch, auf einen Esel zu verzichten und zu Fuß zu gehen, aber wenn der Wechsel von einer Gegenwart in die andere auf sich warten ließ, würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als aufs Geratewohl durch die Wüste zu laufen, sich des Nachts von den Sternen leiten zu lassen und bei Tag darauf zu hoffen, dass sie wieder erschienen. Zudem hätte er dann niemanden, mit dem er sich unterhalten konnte. Anders, als man allgemein glaubt, sind Esel sehr gesprächsfreudig, man braucht sich nur anzusehen, auf wie viele unterschiedliche Arten sie schreien, schnauben und mit den Ohren wackeln, doch nicht alle Menschen, die auf Eseln

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