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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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tauschten einen Blick. Der Diener wollte seinem Herrn zu Hilfe eilen, aber Matthew winkte ab, beendete die Arbeit mit den Waffen und ging, um sein Pferd zu holen. Das Pferd war ein heller Fuchs; die leuchtende Farbe seines Fells ähnelte der von Sir Matthews Haar. Über hundert Pfund sei es wert, tuschelten die Leute, und wie sein Reiter war es ein Wesen, von dessen Schönheit man den Blick nicht abwenden konnte.
    Es trug einen seltsamen Namen, den Magdalene tagelang hatte üben müssen: Althaimenes. »Es ist verrückt, einem Pferd einen so langen Namen zu geben!«, war es ihr entfahren. Statt ihr böse zu sein, hatte Sir Matthew gelacht, was er kaum je tat, und behauptet, sein Pferd sei auch verrückt und dafür liebe er es. Magdalene wäre auch jetzt gern mit ihm gegangen, aber sie wusste: Wenn ihm überhaupt jemand helfen konnte, dann war es das Pferd. Von keinem Menschen sagte Sir Matthew je, dass er ihn liebte.
    In allen Teilen des Landes, die Magdalene auf der Reise gesehen hatte, wüteten Mangel und Hunger, aber auf der Insel herrschte Fülle. Das Korn stand hoch, die Kronen der Bäume hingen schwer von Früchten, und das Gasthaus, in dem sie logierten, war eines Ritters würdig. Der Spießbraten, den der Wirt anbot, duftete hinaus in den Spätsommerabend. Er wurde mit gebackenen Äpfeln und Zwetschgen serviert, und wie so oft kippte Hugh sich dazu krugweise starkes Ale in den Schlund.
    Magdalene stand der Sinn nicht nach Essen, denn ihre Gedanken kreisten um Sir Matthew. Als der Diener mit schwerem Kopf in Schlaf fiel, streifte sie die Männerkleider ab und zog sich ihr Kleid mit den Ziermünzen an, von dem Sir Matthew nicht wusste, dass sie es aufbewahrte. Mit dem gestutzten Haar ließ sich nicht viel anfangen, aber sie striegelte es mit dem Hornkamm, bis es unter ihren Fingern knisterte. Dann verbarg sie sich unter ihrer Decke und wartete auf ihren Herrn.
    So lautlos wie er ins Zimmer kam, so lärmend schleuderte er Helm und Kettenhemd fort. Statt sich erschöpft aufs Bett zu werfen, setzte er sich auf den Rand und starrte in die Finsternis.
    Magdalene steckte die Kerze an und legte ihm zart die Hand auf den Mund. »Erschreckt nicht, Mylord.« In den Jahren, in denen sie vom Verkauf ihrer Liebe gelebt hatte, hatte sie gelernt, so mit Männern umzugehen. Herr Matthew hatte ihr verboten, sich wie eine Hure zu betragen, doch das zählte jetzt nicht. Sie wollte ihn trösten, und sie kannte keinen besseren Weg.
    Sie kämmte sein Haar mit den Fingern aus, bis es im zuckenden Licht der Flamme wieder schimmerte. Sie liebte die Farbe, das zugleich ins Rötliche und ins Goldene spielende Braun. Angesichts des hellen Haars verblüffte die Schwärze seiner Augen. Magdalene wollte sie unentwegt ansehen und lernte doch nie, sie zu lesen und Sir Matthews Geheimnis zu ergründen. Magdalene wusste nur eines: dass sie ihn lieben würde, ganz gleich, was er vor ihr und vor aller Welt verbarg.
    Ihre Hand fuhr seinen Hals hinunter und strich ihm den verschwitzten Hemdstoff von der Schulter.
    »Lass das bleiben, Mag«, sagte er, doch seine Stimme war voll müder Nachsicht.
    Magdalene gehorchte ihm nicht. Seine Schulter und der halbe Rücken waren von den Narben eines Schwertkämpfers gezeichnet. Magdalene liebkoste jede einzelne, dann küsste sie sein Handgelenk, das immer wund war, weil er es sich gnadenlos mit den Fingernägeln zerkratzte. Warum er das tat, wusste Magdalene nicht, aber es zerriss ihr das Herz.
    Er fing ihre Hand und hielt sie fest. Im rußigen Schein des Talglichtes sah er sie an. »Schluss jetzt. Wie oft habe ich dir gesagt, ich habe dich nicht mitgenommen, damit du mir allerorts verfügbar bist?«
    »Warum habt Ihr mich dann mitgenommen?«
    Matt lachte er auf. »Weil du mir keine Wahl gelassen hast. Wenn wir zurück nach Yorkshire kommen, bringe ich dich auf meines Vaters Burg. Gewiss findet sich dort eine Stellung als Magd.«
    Magdalene wurde elend bei dem Gedanken. Sie wollte auf keine Burg gebracht werden. »Werdet dann auch Ihr bei Eurem Vater leben?«, fragte sie mit wenig Hoffnung.
    »Ich? Gott bewahre. Zum sesshaften Leben tauge ich nicht.«
    »Dann nehmt mich mit«, flehte sie ihn an.
    Wieder lachte er. »Was soll ich mit dir denn anfangen?«
    »Was immer Ihr wollt.«
    »Du kannst nicht eben viel. Was du kochst, ist ungenießbar, und was du flickst, platzt am nächsten Tag wieder auf.«
    »Ich kann Euch die Welt vergessen machen.« Sie befreite ihre Hand und begann wieder, ihn zu streicheln, löste

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