Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
Petronius, dessen Qualitäten eher in den Bereichen der Intrige und der subtilen Einflüsterung lagen und nicht so sehr in Gelehrsamkeit und geistiger Durchdringung. Sicher, er kannte die Schriften – aber eher, weil das eben von jemandem wie ihm erwartet wurde, und weniger, weil sein religiöser Eifer ihn zu intensivem Studium trieb. Sein Ehrgeiz war ein anderer gewesen, und so litt er jetzt unter dem Exil stärker als Ambrosius selbst.
Der ehemalige Bischof sah sich um, nickte den beiden Brüdern zu, die zufällig gerade in der Nähe damit beschäftigt waren, eine Hecke mit Beeren zu richten, aus denen sich ein wunderbarer Kompott würde kochen lassen. Sie erwiderten seinen stummen Gruß mit freundlicher Zurückhaltung.
Ambrosius konnte sich glücklich schätzen, noch alle seine Gliedmaßen zu besitzen. Der neue Kaiser war anders als die vorhergehende Brut, das musste man ihm lassen. Verblendet, ja, und nicht vom Feuer des rechten Glaubens erfüllt. Aber niemand, der besonders rachsüchtig erschien. Und er hatte kluge Berater. Selbst den Bischof von Rom soll er auf seine Seite gezogen haben.
Ambrosius fragte sich, wo und wann er fehlgegangen war. Dies war eine wichtige Frage. Lernte man nicht aus seinen Fehlern? Und selbst wenn dieses Lehrstück ihm praktisch nicht mehr viel nützen konnte, so war die Erkenntnis an sich doch bereits wertvoll. Nach reiflicher Überlegung kam er zu dem Schluss, dass er zwei Fehler begangen hatte. Zum einen hatte er Theodosius zu leicht in den Bannkreis der Zeitenwanderer abdriften lassen. Zum anderen hatte er zu voreilig das Ende des Maximus geplant.
Ambrosius schaute auf die kleine Schaufel in seinen dreckigen Händen und seufzte. Beide Fehler waren verzeihlich, beruhten sie doch auf menschlicher Fehlbarkeit, der Größe der Aufgabe, die ihn den Überblick hatte verlieren lassen. Voreilig war er gewesen, und in manchen Dingen zu optimistisch, was den Ausgang der Sache betraf. Der Herr stellte den Seinen immer große Steine in den Weg, egal wie sehr er den Weg auch für den richtigen hielt. Ambrosius hatte sich im Segen Gottes gesonnt und dabei vergessen, dass dieser Segen auch immer Prüfungen umfasste, an denen man scheitern konnte.
Er war bereit, diese Fehler zu akzeptieren.
Recht betrachtet, war für sein Scheitern noch ein dritter, ein fataler, ja unverzeihlicher Fehler verantwortlich.
Ambrosius presste die Lippen aufeinander und rammte die Schaufel in die Erde, als wolle er sie erstechen. Er atmete tief ein und aus, bemüht, die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu bekommen. Jawohl. Unverzeihlich. Sein Leben lang würde er bedauern, hier gefehlt zu haben. Und dieses Kloster war ein wunderbarer Ort, sich mit seinem Selbstvorwurf immer wieder intensiv auseinanderzusetzen. Vielleicht hatte der Kaiser das geahnt und ihn bewusst dieser Marter ausgesetzt.
Ambrosius hatte, davon war dieser überzeugt, nicht genug Fanatismus und Radikalität gezeigt. Tief in seinem Herzen wusste er, dass Gott noch mehr von ihm erwartet hatte. Er hätte noch mehr Arianer bestrafen sollen. Er hätte andere Häretiker ebenso intensiv verfolgen müssen, die Mithras-Anhänger, die Juden – besonders die Juden! – und die Anhänger des Jupiter und des Mars, die Freunde der ägyptischen Kulte und der orientalischen. Hier hatte er sich als zu zögerlich erwiesen. Und so, dessen war er sich sicher, hatte sich der Herr von ihm abgewandt und seinen Feinden den Sieg geschenkt.
Ambrosius hoffte, dass sich eines Tages jemand anders finden würde, der stärker im Glauben war und der Gnade wie Gabe hatte, das reinigende Schwert des wahren Glaubens mit größerer Inbrunst zu führen als der ehemalige Bischof von Mailand.
Dieser Hoffnung galten seine Gebete.
Nachwort
Ich möchte mich zum Abschluss des sechsten Kaiserkrieger-Bandes – und damit zum Ende dieses Zyklus – herzlich bedanken und ebenso herzlich entschuldigen.
Bedanken möchte ich mich bei all denen, die diese Romane in der Form, wie sie hier vorliegen, möglich gemacht haben. Neben meinem Verleger Guido Latz, der trotz permanenten Gequengels seines Autoren eine bemerkenswerte Ruhe bewahrt hat, sind dies Coverzeichner Timo Kümmel, der geniales Artwork vorgelegt hat, die Lektoren Thomas Michalski und André Piotrowski, die mich immer wieder auf den Pfad der Tugend zurückgeführt haben, und meine Betaleser Britta van den Boom und Oliver Naujoks, die das auch immer versuchten. Dirk Rensmann hat aus den Romanvorlagen
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