Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
Saucenfleck auf der edlen Tunika. Es war später Abend. Im Arbeitszimmer flackerte ein angenehmes Kaminfeuer. Obgleich beide Männer müde waren, dachten sie nicht an Nachtruhe. Ein langer Tag voller Besprechungen hatte damit geendet, dass Rheinberg endlich seinen Rücktritt als Heermeister erklärt hatte. Volkert war anzusehen gewesen, dass er diese Entscheidung mit einem lachenden und einem weinenden Auge akzeptierte. Weinend, weil er das Gefühl hatte, einen verlässlichen Ratgeber und Helfer zu verlieren, was natürlich so nicht stimmte. Rheinberg übernahm die zivile und militärische Administration des deutschen Dorfes, würde die neu gegründete Universität unter seine Fittiche nehmen und zusammen mit Neumann, Dahms und den anderen den Transfer der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Zukunft in die neue Gegenwart organisieren helfen. Er hatte dabei sicher alle Hände voll zu tun.
Das lachende Auge kam daher, dass es sich als zunehmend untragbar erwiesen hatte, dass die beiden höchsten Ämter des Staates durch Zeitenwanderer besetzt wurden. Rheinberg musste gehen, um eine ordentliche Balance herzustellen. Diese Balance war umso wichtiger, als die Auseinandersetzung zwischen dem Kaisertum und den Trinitariern noch keinesfalls ausgestanden war. Ambrosius war mit einer offiziellen Untersuchung über seine Rolle beim Attentat auf Maximus in die Defensive gedrängt worden und hielt sich derzeit bedeckt. Aber das würde nicht auf ewig so sein. Dass Volkert als eine seiner ersten Amtshandlungen das Toleranzedikt bestätigt und bekräftigt hatte, das doch erst kurz vorher durch Maximus außer Kraft gesetzt worden war, hatte die Atmosphäre sicher auch belastet. Immerhin, der Bischof von Rom zeigte sich pragmatisch genug, nicht offen gegen den neuen Kaiser zu opponieren. Das verschaffte Volkert eine Atempause, in der er all die anderen Baustellen bearbeiten konnte, die sich ihm auftaten. Eine endlos erscheinende Liste.
»Renna hat sich natürlich bereit erklärt«, murmelte Rheinberg und blickte in seinen Kelch. Er wollte wohl noch etwas Wein trinken, doch wusste er genau, dass Aurelia es nicht schätzte, wenn er angetrunken nach Hause kam. Das hatte wenig mit der allgemeinen Reizbarkeit einer Schwangeren zu tun, sondern mehr mit gewissen Prinzipien, nach denen seine Frau ihn zu erziehen trachtete. Da die Zurechtweisungen immer wieder durch liebevolle Hingabe und kluge Unterstützung aufgelockert wurden, hatte Rheinberg sich diesem Regime mit einer gewissen Gelassenheit unterworfen. Hier war er in gewisser Hinsicht Leidensgenosse des jungen Kaisers, dessen nunmehr ganz offizielle Ehefrau ebenfalls alles tat, um einen prägenden Einfluss auf ihren Mann auszuüben – und die den Titel »Kaiserin« offensichtlich nicht nur als reine Ehrenbezeichnung akzeptieren wollte.
»Renna wird ein guter Heermeister sein«, erklärte Volkert. »Er hat die Erfahrung und ist uns gewogen. Er ist angesehen in Flotte und Heer gleichermaßen. Ich bin zuversichtlich, dass wir diese Herausforderung meistern werden.«
»Es gibt ja noch andere Herausforderungen«, meinte Rheinberg und ein ironisches Lächeln begann, seine Lippen zu umspielen. »Was ist eigentlich aus dem Exmann von Julia geworden? Wie war sein Name noch …«
»Martinus Caius. Als er hörte, dass ich Kaiser werde und Julia meine Frau, hat er sich in dem tiefsten Loch versteckt, das er finden konnte.« Der amüsierte Ton der Aussage verbarg Volkerts wahre Gefühle nur schwach. Der Grimm, der dahinter hörbar wurde, war ernster Natur. Es war schließlich Caius, der beinahe seine Tochter auf dem Gewissen gehabt hätte. Doch mit Volkert war ein anderer Schlag von Mann auf den Thron Roms gehoben worden. Keiner, der sich durch blinde Rachsucht auszeichnete.
»Ich habe ihn hart bestraft«, ergänzte Volkert.
»Wie?«
»Er wurde zum Beamten der Verwaltung ernannt, in einem verlassenen asiatischen Flecken. Dort ist nicht nur nichts los, er muss auch hart arbeiten. Ich habe ihm einen sehr pflichtbewussten und pedantischen Vorgesetzten verpasst. Aus Caius wird nun ein treuer und fleißiger Diener des Reiches oder er wird möglichst bald den Freitod suchen. Aber ich dachte mir, etwas ehrliche und disziplinierte Arbeit wäre die größte Strafe, die diesem Mann widerfahren kann. Sogar seine Familie war der Ansicht, dass meine Entscheidung recht weise war, und hat nicht protestiert.«
Rheinberg lächelte und neigte den Kopf, um dem Imperator Respekt für seine Weisheit zu
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