Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
als Hilfsantrieb – auf dem Mittelmeer erkennbar hoch sein würde.
Alles würde viel schneller, problemloser und angenehmer verlaufen, wenn da nicht die lästige Kleinigkeit des Bürgerkriegs wäre, eine Kleinigkeit, die diese tiefen Falten in das Gesicht des Kaisers gegraben hatte.
Rheinberg selbst schaute nicht mehr allzu oft in den Spiegel. Ihm reichten die kritisch-prüfenden Blicke Aurelias und die kurzen Momente, in denen sie sehr sorgenvoll dreinblickte, immer dann, wenn sie sich unbeobachtet glaubte.
Rheinberg unterdrückte ein Seufzen. Er wusste jetzt, was es bedeutete, wenn jemand früh alterte.
»Ich gehe davon aus, dass Sie das Kommando der Truppen übernehmen, sobald wir in Afrika sind«, erklärte Theodosius. Rheinberg runzelte die Stirn. Natürlich war dies eine Erwartung, die berechtigt war – er trug den Titel des Heermeisters und es war seine Aufgabe, die Truppen zu führen. Aber er wusste genauso gut, dass seine Erfahrungen zu Land sehr begrenzt waren. Auch bei der entscheidenden Schlacht gegen Maximus hatte er sich stark auf den Rat erfahrener Generäle verlassen müssen. Und sie hätten gewonnen, wenn Gratian nicht ermordet worden wäre.
Theodosius wusste das. Er musste es wissen.
Der Kaiser hatte die zweifelnden Gedankengänge seines Heermeisters offenbar in Rheinbergs Gesicht wiedergefunden. Er gestattete sich ein dünnes Lächeln.
»Wir dürfen keine Fehler mehr begehen, Heermeister«, erklärte der Spanier. »Sie haben bereits einen Kaiser verloren und mit ihm eine Schlacht. Der Nimbus ist angekratzt, der Ruf infrage gestellt. Ihr Scheitern im Osten – nicht Ihre Schuld, aber dennoch! – hat auch nicht geholfen.«
Theodosius machte eine Pause und schaute auf das Wasser. Die Sonne tanzte in den Wellen. Es war viel zu idyllisch für ein solch ernstes Thema.
»Es gibt viele – und durchweg wohlmeinende – Stimmen, die mir raten, einen anderen Heermeister zu ernennen. Jemanden, der weiß, wie man eine römische Legion führt. Die Stimmen sind lauter geworden, jetzt, da alle wissen, dass Ihre eigenen Soldaten ihre Wunderwaffen nur noch sehr sparsam einsetzen können. Niemand bezweifelt den Nutzen der Saarbrücken . Niemand möchte die Uhr zurückdrehen und die vielen Neuerungen ablegen, die Sie gebracht haben. Tatsächlich schlägt man vor, Sie zum obersten Flottenadmiral zu machen und Ihnen den Bereich zuzuordnen, in dem Sie sich am besten auskennen und die größten Machtmittel haben. Völlig unlogisch ist das nicht, oder?«
Rheinberg spürte ein Kratzen im Hals und räusperte sich. Natürlich war das nicht unlogisch. Es würde ihm eine große Bürde von der Schulter nehmen. Warum empfand er aber jetzt diesen Schmerz angesichts der Diskussion?
»Es ist letztlich Eure Entscheidung, Theodosius«, erwiderte er ruhig. »Ich werde mich nicht an dieses Amt klammern.«
Der Spanier nickte, als hätte er diese Antwort erwartet.
»Ich werde es aber nicht tun. Ich werde Sie nicht ersetzen«, erklärte er schließlich. »Und mal ganz ehrlich: Das liegt nicht daran, dass ich keinen Besseren wüsste, der die Truppen führen könnte. Ich habe gute Generäle. Männer, die auch auf Ihren Rat hören würden, die aber wissen, wie man einen Krieg an Land führt. Doch es gibt einen sehr wichtigen Grund dafür, dass ich Sie im Amt belassen werde.«
»Welchen?«, fragte Rheinberg, weil er wusste, dass dies von ihm erwartet wurde.
Theodosius hielt ihm ein Pergament hin, das er unter seinem wallenden Umhang hervorgeholt hatte. Es war eine kleine Schriftrolle, typisch für die niedergelegten Meldungen, die den Imperator per Boten jeden Tag erreichten von Untergebenen, Spionen oder Freunden.
Rheinberg hob beide Hände. »Ich glaube Euch, wenn Ihr es mir einfach erzählt!«
Theodosius lächelte wissend. Unterhalten konnte sich Rheinberg schon sehr ordentlich auf Latein wie auch Griechisch, aber das Lesen fiel ihm ungleich schwerer. Doch verschwand das Lächeln schnell wieder aus seinem Gesicht. Rheinberg fühlte sofort eine düstere Vorahnung in sich aufsteigen. Ohne Zweifel eine schlechte Nachricht.
»Eine Meldung aus Ravenna«, sagte Theodosius gemessen.
»Eine neue Entwicklung bei Maximus?«
»O ja. Es gibt einen neuen Heermeister.« Der Kaiser sah Rheinberg an. War das Mitleid in seinen Augen?
»Wen?«
»Freiherr von Klasewitz.«
Theodosius senkte das Pergament, sagte nichts weiter, schaute seinen Heermeister nur forschend an.
Rheinberg bemühte sich, nicht allzu sehr zu starren, aber es
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