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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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mittlerweile nicht mindestens genauso kostbar war wie der Kaffee an Bord des Schiffes. Er kam immer mehr zu der Überzeugung, dass Tabak wohl unbekannt war. Pfeifchen hatte er unter den Legionären genug gesehen und auch so manchen Mann getroffen, dessen Handwerkskunst im Schnitzen solcher Geräte im Kastell bekannt war und der für wenige Münzen Pfeifen herstellte und verkaufte. Volkert war versucht gewesen, eine in Auftrag zu geben, hatte sich aber dann noch beherrscht, als er festgestellt hatte, was die Legionäre rauchten: Es waren vor allem Kräuter wie Lattich oder Majoran, einige der Männer priesen sogar getrockneten Ochsendung als besonders köstlich an. Dabei pafften sie die Pfeife nicht, wie Volkert es gewohnt war, sondern inhalierten den Rauch tief in die Lungen, meist begleitet durch einen Schluck Wein. Volkert hatte beschlossen, dies nicht ausprobieren zu wollen, und daher vorgetäuscht, am Rauchen kein Interesse zu haben, was allgemein akzeptiert worden war. Wenn stimmte, was der junge Mann vermutete, und der einzige Tabak sich zurzeit im noch unbekannten Amerika finden ließ, dann war es wohl an der Zeit, diesem Laster Adieu zu sagen. Im Zweifel konnte er sich immer noch mit dem faden Wein betrinken, der den Legionären kredenzt wurde.
    Herrliche Aussichten. Volkert schlug die Arme um seinen Oberkörper und krächzte seinen Männern Ermunterungen zu. Es war noch nicht Zeit für die Cena, das römische Mittagessen, bei dem im Winter gewärmter und gewürzter Wein gereicht wurde, um die kalten Knochen wieder in Gang zu bringen. Als Dekurio war er in der Hierarchie der Truppe noch nicht weit genug aufgestiegen, um sich selbst zu bedienen, während seine Männer schufteten, also bemühte sich der ehemalige Fähnrich um warme Gedanken und blieb, wo er war.
    Wenn es dazu diente, ihn in den Augen von Zenturio Levantus besser aussehen zu lassen, dann war es die Sache vielleicht sogar wert. Er konnte jedes bisschen Wohlwollen gebrauchen, dessen er habhaft wurde.
    Durch das offene Kastelltor spazierte Septimus Secundus. Er war Dekurio wie Volkert und hatte es sich, motiviert mehr durch Korpsgeist denn echte Sympathie, zur Aufgabe gemacht, den Neuankömmling in seine Pflichten einzuführen, damit der Tesserarius – oder Spieß – nicht allzu viel Grund zur Klage hatte, von Levantus einmal ganz abgesehen. Secundus war Berufssoldat mit Leib und Seele, aber zu wenig ambitioniert, um jemals über seinen derzeitigen Dienstgrad hinauswachsen zu können. Er diente seit zehn Jahren in den Legionen, vier davon in der Legio II Noricum, und egal, was man sich über ihn sagen mochte: Er kannte sich aus.
    Und er war ein Quell von Neuigkeiten, denn sein Bruder gehörte zu den Schreibern des Kommandanten. Wenn jemand wissen wollte, was die Gerüchteküche sagte, wandte er sich an Secundus, und nach einem Krug Wein war dieser im Regelfalle auch bereit, die Welt an seiner Weisheit teilhaben zu lassen. Kameraden, die die gleiche Last trugen wie er – nach unten mit unwilligen und unfähigen Legionären gestraft zu sein und deren Versagen nach oben hin rechtfertigen zu müssen –, erzählte er alles sofort und ohne die Notwendigkeit der Bestechung durch Alkoholika. Volkert wunderte sich, dass Secundus so lässig durch den Schnee spazierte, eng in seinen Mantel eingewickelt, mit einer wärmenden Lederkappe anstatt des Metallhelms auf dem Kopf. Doch dann merkte auch er, dass Levantus offenbar etwas anderes zu tun gefunden hatte, als ihn zu überwachen. Das Zeitgefühl des Secundus war unübertroffen und sprach Bände über seine Fähigkeiten im Umgang mit Vorgesetzten. Volkert konnte noch viel von ihm lernen.
    Secundus gesellte sich zu seinem Kameraden, schaute sich um, als wolle er Volkert etwas verkaufen, was niemand sehen durfte, dann schlug er seinen Mantel mit verschwörerischer Geste auf und holte einen fest verschlossenen, kleinen Krug mit enger Öffnung hervor, den er Volkert reichte. Mit gierigen Händen griff der Deutsche zu. Der Krug war warm, fast heiß, und als er den kleinen Korken löste, stieg sofort der angenehme Duft heißen, gewürzten Weins in seine Nase, der ihn an den weihnachtlichen Glühwein in seiner unerreichbaren Heimat erinnerte. Um sich sofort von der aufsteigenden Melancholie abzulenken, führte Volkert die Öffnung zum Mund und nahm einen tiefen Schluck. Die angenehme Wirkung der warmen Flüssigkeit und des darin enthaltenen Alkohols wurde sofort spürbar. Einen prüfenden Blick auf die Wälle des

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