Kaiserkrieger: Der Aufbruch
gewöhnen.
»Ja, das auch. Aber das hängt mit der Art des Brauens zusammen und kann letztlich mit lokalen Mitteln erreicht werden. Die Rohstoffe stehen zur Verfügung .«
»Getrunken wird immer«, bestätigte Dahms. »Also, was kochen die beiden jetzt wieder aus ?«
»Kochen trifft es in der Tat recht gut«, erläuterte Rheinberg. »Was vielen von uns am meisten fehlt – außer dem Bier –, ist ein anderes Getränk, nämlich …«
»Kaffee !« , kam es wie aus der Pistole geschossen. Dahms’ Augen leuchteten auf. »Mein Gott, es ist Wochen her und jeden Morgen trinke ich irgendwelche römischen Tees, und jeden Morgen sehne ich mich nach einem kräftigen, schwarzen Kaffee !«
»Sie sind nicht der Einzige. Und es hätte auch ökonomischen Sinn, die Kaffeebohne früher einzuführen als in unserer eigenen Geschichte: Genauso, wie die Römer offenbar begeistert den Branntwein annehmen, dürfte der Kaffee ein Verkaufsschlager werden. Wir brauchen unsere eigene wirtschaftliche Basis, wenn wir nicht allzu sehr vom römischen Ränkespiel bei Hofe abhängig sein wollen. Köhler und Behrens gehören da ebenso zu den Spezialisten wie Sie mit Ihren technischen Neuerungen .«
»Für Kaffee würde ich bedenkenlos alles hinwerfen«, schwärmte Dahms.
»So weit kommt es nicht. Köhler hat vorgeschlagen, dass wir die Jungfernfahrt der Valentinian nicht nur zur Demonstration unserer neuen Technik nutzen, sondern gleich mit einer kleinen Expedition verbinden. Es soll nach Ägypten gehen, nach Alexandria. Dort will Köhler nicht nur die Idee einer zweiten Werft prüfen – für Flussdampfer den Nil entlang, was weitere ökonomische Vorteile für das Reich bedeutet –, sondern selbst nach Südosten vorstoßen. Er will mit Behrens nach Aksum reisen .«
»Aksum?«
»In unserer Zeit das Kaiserreich Äthiopien.«
Verstehen zeichnete sich auf Dahms Gesicht ab. »Ich habe mal Bilder unserer dortigen Botschaft gesehen. Ein großartiger Bau.«
»Der Kaiser hat immer großen Wert darauf gelegt, beim Kaiser von Äthiopien Präsenz zu zeigen«, bestätigte Rheinberg. »Was aber viel wichtiger ist: Das äthiopische Hochland ist der Ort, an dem wir die wilde Kaffeebohne zu finden hoffen. Wenn wir die Aksumiten dazu überreden können, sie zu ernten, anzupflanzen, zu züchten und den Ertrag an uns zu verkaufen, haben die etwas davon und wir auch. Sie brauchen nur die Idee .«
Dahms war restlos begeistert, das war ihm überdeutlich anzusehen. Er wirkte geradezu träumerisch, als er sich ausmalte, wieder richtigen Kaffee genießen zu können.
»Sie sehen also, Herr Marineoberingenieur, wir kümmern uns um die Rohstoffe !« , schloss Rheinberg grinsend.
Dahms nickte eifrig. »Die Valentinian wird bereit sein, Herr Kapitän. Verdammt, ich werde selbst sofort wieder zur Werft eilen und Hand anlegen! Kaffee! Wir werden das Römische Reich mehr segnen, als diese Leute jetzt auch nur ahnen können! Richtiger Kaffee!«
Rheinberg schüttelte lachend den Kopf.
Doch er kam nicht umhin, dem Mann recht zu geben. Er war die Kräutertees mittlerweile auch leid, ebenso wie den ewigen Wein. Ein richtiges Frühstück gab es nur mit Kaffee und er würde Köhler und Behrens mit Freude auf diese Reise schicken.
Sein Gesicht verdunkelte sich, als er daran dachte, dass sein eigener Weg ihn bald wieder zum Hofe des Kaisers führen würde.
Seufzend leerte er das Weinglas in seiner Hand und winkte einem der Sklaven, die mit gefüllten Krügen bereitstanden.
Köhler und Behrens waren wirklich zu beneiden.
Kapitel 2
Volkert war heiser vom Schreien. Er hustete, fühlte den bleiernen Druck der Kälte auf seinen Lungen und hoffte, dass er sich keine Entzündung geholt hatte. In einen dicken Mantel eingepackt stapfte er durch den knietiefen Schnee und versuchte, das Letzte aus seiner Stimme herauszuholen. Die Männer, die man ihm unterstellt hatte, taten ihr Möglichstes und gruben eine breite Schneise in die Schneemassen, direkt vom Kastell bis zum nahen Fluss. Noch war das Gewässer eisfrei und die Legio II Italica erwartete Verstärkungen. Wenn es die Flussschiffe bis hierher schaffen sollten, musste der Zugang zum Kastell frei sein und es war die Aufgabe von Dekurio Thomas Volkert – oder Thomasius, wie er von allen genannt wurde –, mit seinen Männern genau dafür zu sorgen. Mit großen Schaufeln und viel Muskelkraft hatten sie vom Haupttor des Kastells bereits gut einhundert Meter freigeschaufelt, zehn Meter breit. Das war für einen Vormittag
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