Kalt
tun, weil wir versuchen werden, insgeheim und mit möglichst großer Diskretion vorzugehen. Ach ja, das bringt mich auf das Thema Tarnung und Verkleidung. «
» Tarnung und Verkleidung? «, wiederholte Jilly fragend.
» Glücklicherweise weiß niemand außer uns, dass ich mit demselben Problem gestraft bin wie ihr «, sagte Parish. » So lange ich tun kann, was getan werden muss, und an euren Bravourstücken teilnehmen kann, ohne meine Identität zu enthüllen, kann ich die Schnittstelle zwischen unserer kleinen Gruppe und der Welt bilden. Ihr drei aber – eure Gesichter sind weithin bekannt, und auch wenn wir noch so zurückhal tend vorgehen, werdet ihr mit der Zeit immer bekannter werden. Deshalb werdet ihr … «
» … Meister der Tarnung werden müssen! «, vollendete Dylan begeistert.
Auch das, dachte Jilly, war so, wie es sein sollte.
» Letzten Endes «, sagte Parish, » wird es uns bei all unseren Rettungsaktionen und anderen guten Taten gar nicht auffallen, dass wir keine albernen Superheldennamen, keine monströsen Fahrzeuge voll absurder Spielereien und keine Nylonkostüme haben und dass wir auch auf einen richtigen Erzbösewicht verzichten müssen. «
» Eis «, warf Shepherd ein.
Sogleich trat Ling zum Tisch, doch mit einigen Worten auf Chinesisch erklärte Parish ihm, dass kein Eis gewünscht wurde. » Shepherd hat Recht «, sagte er dann. » Eine Weile hatten wir tatsächlich einen Erzbösewicht, aber der ist jetzt nur noch ein Eisblock. «
» Eis. «
Später, bei Zitronenkuchen und wunderbarem Kaffee, sagte Jilly: » Aber wenn wir uns keinen Namen geben, werden die Medien es tun, und das wird bestimmt irgendwas richtig Dämliches sein. «
» Das stimmt «, sagte Dylan, » die Leute da haben keine Phantasie, und dann müssen wir mit etwas leben, was wir absolut grässlich finden. Wieso verwenden wir nicht einen kollektiven Namen, etwas, was sich auf uns als Gruppe bezieht? «
» Genau «, stimmte Jilly zu, » und lasst uns so clever und geheimnisvoll sein wie Horace Bloogernud damals. Verwenden wir Mondlicht in unserem Namen! «
» Die Mondlicht-Bande «, schlug Dylan vor. » So was mögen die Boulevardblätter doch, oder? «
» Das mit der Bande gefällt mir nicht «, sagte Parish. » Das hat zu viele negative Assoziationen. «
» Mondlicht, Mondlicht … «, brütete Jilly vor sich hin.
Obwohl noch die Hälfte seines Kuchenstücks auf dem Teller lag, legte Shepherd seine Gabel weg. Den Blick auf die wartende Köstlichkeit gerichtet, begann er: » Gruppe, Riege, Kader, Ring, Gesellschaft … «
» Da geht es wieder los «, sagte Dylan.
» … Gilde, Innung, Zunft, Bund, Bündnis, Team, Verein, Verband, Club … «
» Der Mondlicht-Club. « Jilly ließ die Worte auf der Zunge wirken. » Der Mondlicht-Club. Gar nicht so schlecht. «
» … Clique, Gemeinschaft,Truppe, Aufgebot, Familie … «
» Ich nehme an, das wird eine Weile dauern «, sagte Parish und gab Ling ein Zeichen, dass es an der Zeit war, drei der vier Kuchenteller abzudecken und noch eine Flasche Wein zu entkorken.
» … Reisegefährten, Verbündete, Kameraden … «
Während sie mit einem Ohr der Wortkaskade des guten Shepherd lauschte, wagte Jilly es, über ihre Zukunft nachzudenken, über Bestimmung und freien Willen, über Mythologie und Wahrheit, über Abhängigkeit und Verantwortlichkeit, über die Gewissheit des Todes und das dringende Bedürfnis, ein sinnvolles Leben zu führen, über Liebe und Pflicht und über die Hoffnung.
Der Himmel ist endlos, und die Sterne sind in weiter Ferne. Der Mond ist näher als der Mars, aber dennoch sehr weit weg. Auf dem schimmernden Schwarz des Sees tanzt das silberne Licht der gewaltigen Himmelslaterne. Sanft schaukelt das Boot in den Wellen. Der Mondlicht-Club – falls er diesen Namen behalten sollte – hält seine erste Versammlung ab, mit ernsthaften Absichten, Lachen und Kuchen und mit der Hoffnung seiner Mitglieder, lange erforschen zu können, wie die Welt sich dreht, auf ewig rundherum.
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E N D E
epub-Version erstellt an Neujahr 2013 von einem Schalke-Fan. Glück auf!
Grüße an SPIEGELBEST und die Hörspiel-Scene.
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