Kalte Schulter, Heißes Herz
„Nehmen Sie Sahne?“
Flavia schüttelte den Kopf.
„Natürlich, bloß keine überflüssigen Kalorien“, murmelte Leon.
Daraufhin sah sie ihn direkt an – und bereute es sofort. Das war ein Fehler, ein Fehler, ein Fehler!
Lässig zurückgelehnt schwenkte er ein Cognacglas in der Hand und strahlte eine umwerfende Souveränität aus. Aber hinter seiner entspannten Fassade erahnte Flavia noch etwas anderes … ein fremdes, primitives Verhalten, vollkommen instinktgesteuert, das ihr gefährlich werden konnte. Sie sah es in seinen Augen, in dem ruhigen Blick unter gesenkten Lidern, der sie förmlich auszog und auffraß!
Ihr eigener Instinkt riet ihr, aufzuspringen und hinaus auf die Straße zu rennen, so schnell sie nur konnte. Aber das ging nicht. Sie schaffte es nicht, mit den gesellschaftlichen Konventionen zu brechen, um einer unangenehmen Situation zu entgehen. Feigheit gehörte eigentlich nicht zu ihren Schwächen.
Allerdings konnte sie für eine Weile im Waschraum verschwinden, ohne dass es als Unhöflichkeit gewertet werden würde. Ein guter Einfall! Sogar ideal, denn das gab Flavia auch die Möglichkeit, ihr Äußeres etwas zu richten.
Plötzlich fiel ihr auf, wie eindringlich Leon Maranz sie musterte. In seinen Augen konnte sie eindeutig sexuelles Verlangen lesen, und die Art, wie er leicht die Lider schloss, als sein Blick auf ihre Brüste fiel, traf sie wie ein Schlag.
Ruckartig sprang sie von ihrem Stuhl auf, jeder Muskel in ihrem Körper war zum Zerreißen gespannt.
Ich muss sofort weg hier! schoss es ihr durch den Kopf. „Entschuldigen Sie mich bitte!“
Ihre Stimme klang viel zu hoch und atemlos, und ihre Gedanken überschlugen sich: Das schaffe ich nicht! Es ist zu stark, zu verlockend und noch dazu absolut unmöglich! Ich kann nichts mit einem Mann anfangen, der in die Welt meines Vaters gehört . Schon gar nicht, solange ich die Verantwortung für Grandma trage, ermahnte sie sich. Es ist also ganz egal, was ich für ihn empfinde, es kann und darf zu nichts führen! Das Ganze muss aufhören – und zwar augenblicklich!
So einfach ließ Leon sich nicht abservieren. Elegant erhob er sich von seinem Platz und stand dicht vor ihr. Zu dicht. Flavia wich zurück und stieß gegen den leeren Stuhl neben sich.
„Wissen Sie …“, begann Leon in einem ruhigen Ton, der an Flavias Nerven zerrte. „Ich denke, ich werde Sie nicht entschuldigen, Miss Lassiter. Nicht zwei Abende hintereinander.“ Seine dunklen Augen glitzerten. „Dieses Mal werde ich die Initiative ergreifen“, versprach er und schloss seine kräftigen Finger um ihr Handgelenk. „Ich würde gern mit Ihnen tanzen.“ Energisch drückte er ihre Hand in seine Armbeuge und sah sie mit einem hinreißenden Lächeln auf den Lippen an. „Sie möchten doch jetzt keine Szene machen, Miss Lassiter?“ Er zuckte spöttisch mit einer Augenbraue.
Um ganz ehrlich zu sein, hatte Flavia tatsächlich für eine Sekunde darüber nachgedacht, es auf eine öffentliche Szene ankommen zu lassen. Sie wollte ihn von sich wegstoßen, ihr Kleid mit beiden Händen raffen und aus diesem Saal rennen, so schnell sie ihre Beine trugen.
Aber es standen entschieden zu viele Leute herum. Niemals könnte sie sich auf einer formellen Veranstaltung derart unmöglich aufführen. Schon jetzt waren zu viele Augenpaare auf sie gerichtet.
Leon machte sich über ihr Dilemma regelrecht lustig. Er konnte spüren, wie verkrampft sie war, und hatte keinen Zweifel daran, dass sie innerlich vor Wut kochte. Na, und? Er selbst hatte ebenfalls Grund, auf sie sauer zu sein. Seit zwei Stunden benahm sie sich, als würde er gar nicht existieren. Sie hatte ihn ignoriert, durch ihn hindurchgesehen und sich geweigert, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Nur eine Sache konnte sie nicht beeinflussen: ihre heftige körperliche Reaktion auf ihn. Und das verschaffte Leon Genugtuung.
Ihr gelang es nicht, sich zu verstellen. Er merkte, wie verwirrt und wie erregt Flavia war, und er musste sie praktisch gegen ihren Willen bis zur Tanzfläche ziehen. Immerhin hielt sie sich an die gesellschaftlichen Konventionen ihrer Kreise und vermied es tunlichst, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, indem sie sich offen zur Wehr setzte. Diese gute Erziehung würde er auf jeden Fall für sich ausnutzen!
„Sollen wir?“ Mit einem eleganten Schwung drehte er Flavia in seinen Armen und legte einen Arm um ihre Taille. Dann verschränkte er seine Finger mit ihren, und es gab nichts, was sie dagegen
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