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Kalte Schulter, Heißes Herz

Kalte Schulter, Heißes Herz

Titel: Kalte Schulter, Heißes Herz
Autoren: Julia James
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hätte tun können.
    Der Tanz entwickelte sich zu einer wahren Folter für Flavia. Körperlich nahm sie alle Reize viel stärker wahr als sonst – Leons Berührungen, seine Wärme, seinen maskulinen Duft, das Geräusch seines Atems, den leichten Bartschatten auf seinem kantigen Kinn, die geschmeidigen Bewegungen seiner Hüfte …
    Geschickt lenkte er ihre Schritte, drehte sie um die eigene Achse und schloss sie dann wieder in seine starken Arme. Trotzdem fühlte Flavia sich steif und hölzern und versuchte permanent, trotz der Enge ein bisschen auf Abstand zu gehen. Sie war seine Gefangene, wenigstens für dieses eine Lied, und jeder Befreiungsversuch war im Augenblick vergeblich.
    Wollte sie überhaupt fort von ihm? Redete sie sich das nicht bloß ein?
    Wie von allein wurde ihre Haltung weicher, geschmeidiger, und sie ließ die Musik auf sich wirken.
    Auch Leon spürte die Veränderung in Flavia. Er musste sogar etwas fester zupacken, um sie weiter zu stützen, so sehr entspannte sie sich. Leon spreizte die Finger auf ihrem Rücken, und sie konnte seine warmen Fingerspitzen durch die dünne Seide deutlich spüren.
    Genauso gut hätte sie nackt sein können! Flavias Mund war unerträglich trocken, und ihr fiel das Schlucken schwer. Da half es nicht, dass Leon sie mit einem wissenden Grinsen bedachte.
    Er merkte genau, was los war … was in ihr vorging. Mit aller Kraft zwang sie sich, wieder so weit wie möglich auf Distanz zu gehen, bis die letzten Klänge der Band verstummten und sie ihre Hand endlich aus seiner befreien konnte. Blitzschnell machte sie einen Schritt zurück, auch wenn das von Weitem betrachtet sicherlich nicht gerade höflich aussah.
    „Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden?“, bat sie mit fester Stimme und eilte davon, ehe er sie daran hindern konnte.
    Im Waschraum ließ sich Flavia auf eine mit Samt bezogene Bank fallen und betrachtete entsetzt ihr Spiegelbild. Der verwegene Schnitt ihres blauen Kleids machte die unauffällige Farbe wett, indem er tiefe Einblicke gewährte. Schlimmer noch fand sie aber die offenen Haare, die sie Anita zu verdanken hatte. Die wilde Mähne machte aus Flavia einen ganz anderen Menschen, jedenfalls empfand sie es selbst so. Statt in einem festen Zopf oder Knoten gebändigt zu sein, fielen die weichen Locken über die bloßen Schultern herab und rahmten ihr Gesicht ein. Und obwohl sie während des Essens so häufig wie möglich Gebrauch von ihrer Serviette gemacht hatte, waren ihre vollen Lippen immer noch auffällig rot und … einladend.
    Wie gebannt starrte Flavia ihr Gesicht an. Das hatte Leon Maranz in den vergangenen Stunden also gesehen? Dieses Bild hatte er nun von ihr?
    Das bin ich nicht! dachte sie bestürzt. Das hat nicht das Geringste mit mir oder meinem normalen Leben zu tun. Was passiert hier eigentlich um mich herum?
    Wo war die aufmerksame, überlegene Frau geblieben, die sich zwangsläufig auf Wunsch ihres Vaters in verhassten Kreisen bewegte, ohne diese jedoch an sich heranzulassen? An ihrer Stelle starrte ein fremdes Gesicht aus dem Spiegel zurück – eine andere Frau, seltsam und sinnlich und für Flavia gänzlich unbekannt.
    Sinnlichkeit. Das Wort ließ sie nicht mehr los. Es geisterte in ihrem Kopf umher und flüsterte ihr seine verheerende Wirkung zu …
    Aber auch wenn Leon Maranz ihre Sinnlichkeit weckte und Emotionen auslöste, die neu und aufregend für sie waren, Flavia durfte trotzdem nichts mit ihm anfangen! Er gehörte in eine Welt, die von Geld und Macht regiert wurde, und mit dieser Welt wollte sie nicht mehr zu tun haben als unbedingt nötig. Am wohlsten fühlte sie sich bei ihrer heiß geliebten Großmutter auf dem Land, und genau dorthin würde sie schon bald zurückkehren.
    Es war also allerhöchste Zeit, Leon Maranz eindeutige Signale zu vermitteln und nicht ständig in seiner Gegenwart schwach zu werden. Energisch strich sich Flavia die losen Strähnen aus dem Gesicht und fasste sie im Nacken zu einem Zopf zusammen, den sie eng um ihre Finger wickelte. Dann bediente sie sich aus dem Körbchen mit Haarspangen und Pflegeprodukten, die für die weiblichen Gäste ausgelegt worden waren, und steckte den Knoten fest.
    Nachdem sie ihren Mund so gut es ging von den grellen Lippenstiftresten befreit hatte, hob sie das Kinn und nahm sich vor, diesen anstrengenden Abend erfolgreich hinter sich zu bringen. Sie sah fast wieder normal aus, nur die geröteten Wangen leuchteten dunkler als sonst.
    Das hatte sie vermutlich ihrer
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