Kalte Schulter, Heißes Herz
in England geblieben. Schuld, Schuld, Schuld – an etwas anderes konnte ich gar nicht mehr denken!“ Sie schluchzte leise. „Am Tag ihrer Beerdigung konnte ich mich vor dir nicht verteidigen. Du hattest ja in allen Punkten recht. Ich wollte dir nur noch mit einer sehr persönlichen Geste zeigen, wie leid mir alles tut.“
Sie verstummte und sah ihn hilflos an.
„Schuld!“, stieß er rau hervor. „Du sprichst die ganze Zeit von Schuld. Deinem Vater scheint dieser Begriff überhaupt nicht geläufig zu sein. Mein Gott, ich wusste ja, dass dieser Kerl skrupellos ist. Aber seiner eigenen Tochter so etwas anzutun … Und mir dann auch noch solche Lügen aufzutischen!“
Flavia zuckte die Achseln. „So hat er es immer gemacht. Mich nach London geholt, um den liebenden Vater zu spielen. Er hatte mir Geld für eine dringende Hüftoperation von Grandma geliehen, das ich ihm auf diese Weise zurückzahlen musste. Wie ich das Theater gehasst habe, zu dem ich mich gezwungen sah!“
„Deshalb warst du also so abweisend zu mir? Weil dein Vater verlangt hat, mich zu umgarnen und zu verführen?“
„Ja.“
Eine einzige Silbe, mehr brachte sie nicht heraus. Es war alles gesagt. Fast alles.
„Und wäre dieser ganze Druck von deinem Vater und von deiner kranken Großmutter nicht gewesen, dann hättest du dich nicht auf eine Affäre mit mir eingelassen? Dann wäre ich dir völlig egal gewesen?“
„Ja.“
„Du lügst.“ Sein Ton war plötzlich ganz sanft. „Ich sage dir, was du getan hättest, wärst du in deinen Entscheidungen vollkommen frei gewesen, Flavia. Nämlich das hier …“
Entschlossen kam er auf sie zu und nahm ihr Gesicht in beide Hände. Sein Kuss war zart und liebevoll. Sofort öffnete sie ihren Mund und sank kraftlos gegen ihn. Wie hatte sie sich nach seiner Nähe gesehnt!
Leon hob den Kopf. „Das ist die Wahrheit, Flavia. Anfangs habe ich dich tatsächlich falsch eingeschätzt, aber die gemeinsame Zeit auf Santera hat meine Meinung geändert. Du warst kein oberflächliches Partygirl, sondern hast das einfache Leben auf der Insel aufrichtig genossen. Dort hast du endlich gefühlt, was ich fühle“, sagte er heiser und lächelte.
Voller Liebe. Ja, es war Liebe, das konnte sie in seinen Augen erkennen.
„Ich habe alles falsch gemacht“, flüsterte sie.
Leon schüttelte den Kopf. „Es lag an der unmöglichen und hoffnungslos verfahrenen Situation. Natürlich wünschte ich, du hättest mich früher eingeweiht.“
„Das habe ich mich nicht getraut. Wenn du aus Wut die Abmachung mit meinem Vater abgesagt hättest, wäre die Kreditsumme sofort fällig geworden, damit hat er mir ja gedroht. Außerdem wollte ich nicht, dass du mich für eine …“
„Du hast es für deine Großmutter getan“, unterbrach er sie ruhig. „Meinst du etwa, dafür hätte ich dich verurteilt?“
„Genau das habe ich befürchtet. Und ich wollte nicht gleich wieder zerstören, was gerade zwischen uns entstanden war, deshalb habe ich alles ausgeblendet, und …“
Mit einem weiteren Kuss brachte er sie zum Schweigen. „Von diesem Moment an möchte ich, dass du mir vertraust, Flavia. Ich kann so etwas nicht noch einmal durchmachen, hörst du? Seit ich dich kenne, bin ich dir verfallen! Ich habe dich von Anfang an begehrt, wollte dich unbedingt näher kennenlernen, und ich bin mit deiner Zurückweisung überhaupt nicht klargekommen. Nachdem dein Vater mir von Harford erzählt hatte, glaubte ich natürlich, mein erster Eindruck von dir wäre doch richtig gewesen. Aber jetzt … Mein Gott, Flavia! Die letzten Monate waren ein endloser Albtraum für mich!“
Seine Küsse wurden immer heißer, und er drückte Flavia so fest an sich, dass sie leise lachend protestierte.
„Endlich habe ich dich wieder! Und jetzt lasse ich dich nie, nie wieder los! Du packst sofort deine Sachen und sagst deiner Chefin, dass du gehst. Sie soll sich so viel Personal besorgen, wie sie als Ersatz für dich braucht, und die Rechnung an mein Büro schicken! Denn du kommst mit mir!“
Tränen der Freude und Erleichterung liefen ihr über das Gesicht. „Wohin?“
„Was glaubst du denn?“, fragte er mit zärtlichem Lächeln. „Ich bin kürzlich Besitzer eines ganz außergewöhnlich bezaubernden Landhauses geworden. Es ist ein Ort voller Liebe, wo einst ein sehr mutiges Mädchen wohnte. Sie tat die falschen Dinge aus den richtigen Gründen, und zur Belohnung lebt sie fortan glücklich bis ans Ende ihrer Tage!“ Ganz tief schaute Leon
Weitere Kostenlose Bücher