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Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Titel: Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Toporski
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ganz still im Zimmer, auch wir Kinder sind ganz leise und schauen gebannt zu, wie er Walters Köpfchen mit dem Taufwasser benetzt und ihm dann das Kreuzeszeichen auf die Stirn malt. Als Walter gegen das Wasser protestiert und laut quäkt, muss ich lachen, aber bloß ganz in mich hinein, damit es keiner hört. Nur Huppe hat was gemerkt und guckt hinter vorgehaltener Hand glucksend herüber.
    Nach dem Essen verziehen wir Kinder uns nach oben. Ich will meine Ruhe und bleibe nicht im Kinderzimmer, sondern will draußen auf dem Treppenabsatz spielen. Aber Huppe hat die gleiche Idee und so stehen wir auf einmal beide dort. Ich finde das blöd und will ihn gerade anfahren, als er nach unten zeigt und scharf zu mir herüberzischelt:
    »Sei doch mal ruhig!«
    Augenblicklich bin ich still. Und höre gerade noch:
    »… seid hier wirklich nicht mehr sicher.«
    Großvater war es, der das gesagt hat.
    Unten ist es ganz still. Bis Mama dann sagt:
    »Aber wir können doch nicht einfach alles im Stich lassen – Hof, Vieh, die ganze Ernte! Außerdem: Wie stellt ihr euch das vor? Niemand darf hier weg, niemand bekommt eine Reisegenehmigung. Der Ortsgruppenleiter hat das gerade wieder lauthals verkündet!«
    »Aber irgendetwas muss geschehen«, sagt nun auch unser Vater.
    Jemand schlägt vor: »Wenn nicht alle hier wegkönnen, dann wenigstens die Kleinen.«
    Ich kriege nicht raus, wer das gesagt hat, aber von unten hört man Gemurmel, das nach Zustimmung klingt.
    Dann wieder Papa, er scheint sich an Lisa zu wenden:
    »Und wenn Sie die drei Jüngsten unter Ihre Fittiche nehmen und mit ihnen nach Stuttgart fahren?«
    In Stuttgart wohnen Verwandte von uns. Und eine meiner Patentanten.
    Aber Mama protestiert gleich: »Ich kann doch die Kleinen nicht fortgeben!«
    »Und was ist, wenn ihr plötzlich von hier aufbrechen müsst?« Papas Stimme klingt jetzt ganz anders, als wir sie sonst kennen, ziemlich aufgeregt. »Du allein mit sechs Kindern?«, fährt er fort. »Mit zum Teil noch ganz unselbstständigen Kindern? Die dich brauchen, die von dir abhängig sind, die dich unablässig binden und dich um die Handlungsfreiheit bringen, die du gerade dann so dringend brauchen wirst! – Und dass das keine Kutschfahrt ins Grüne wird, das weißt du selber!«
    Huppe und ich sind ganz starr. Noch nie haben wir so über den Krieg reden hören. Krieg, das war immer ganz woanders, etwas, das uns nie betreffen konnte. Und auf einmal ist er ganz nahe und steht fast greifbar im Raum.
    Mama ist still. Ich würde gern sehen, wie sie aussieht und was sie macht, aber von hier oben geht das nicht. Ich glaube, sie schweigt, weil sie nachdenken muss.
    »Und Sie, Lisa, müssen sowieso hier weg!«, hören wir Papa sagen. »Das können wir gar nicht verantworten, dass Sie hier bleiben.«
    »Ich würde die Kleinen schon mitnehmen«, erwidert sie.
    Mama seufzt, dass wir es bis oben hören, aber schließlich stimmt sie doch zu.
    »Nach Weihnachten!«
    Später, als wir in den Betten liegen, tuschele ich zu Huppe rüber: »Schläfst du?«
    »Nein.«
    »Meinst du, sie schicken die Kleinen wirklich mit Lisa weg?«
    »Bestimmt!«
    »Aber wir bleiben bei Mama?«
    »Ja.«
    »Gott sei Dank!«
    Nach einer Weile muss ich Huppe noch etwas fragen: »Ob die Russen wirklich kommen?«
    »Glaub ich nicht!«
    »Warum nicht?«
    »Unsere Soldaten sind besser als die.«
    Ich atme auf. Über Soldaten weiß Huppe Bescheid.
     
    Gerade habe ich das Türchen am Adventskalender aufgemacht, eine Eisenbahn war drin: eigentlich mehr was für Huppe. Nur noch zwei Türchen sind zu, alle anderen sind schon auf. Und weil der Adventskalender am Fenster hängt, bin ich es, die die Entdeckung macht. So schnell ich kann, stürze ich die Treppe hinunter.
    »Papa!«
    Noch in der Birkenallee kann ich ihn abfangen und falle ihm um den Hals. Bevor die anderen kommen!
    »Lass mich am Leben, Lena!«
    Eine Ewigkeit scheint mir vergangen, seit ich ihn bei der Taufe das letzte Mal gesehen, mit ihm gesprochen, ihn gedrückt habe. Erst als Huppe mich wegdrängelt, höre ich auf. Und die Kleinen hängen an seinen Beinen, dass er gar nicht richtig laufen kann.
    »Lasst ihn doch wenigstens mal ins Haus gehen!«, sage ich. Aber das hätte ich mir sparen können!
    Erst als Mama kommt, lassen sie los.
    »Wie du uns fehlst!«, sagt sie.
     
    Heute, am Weihnachtsmorgen, ist Papa mit Huppe zu der kleinen Schonung jenseits der Birkenallee gegangen, um einen Tannenbaum auszusuchen. Mich hat er auch gefragt, aber ich wollte

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