Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund
wirkten eher ungeduldig.
Bettina entschied, dass es sinnlos war, zu protestieren. Dieses war nur ein weiterer Schritt in Richtung des endgültigen Zusammenbruchs ihres bisherigen Lebens. Kay war mal wieder nicht da, wenn es Ernst wurde. Aber auch die Kinder waren außer Haus. Dafür war Bettina zumindest flüchtig dankbar.
»Ich weiß nicht, was das soll«, sagte sie ruhiger, als sie sich fühlte, »aber tun Sie, was Sie für richtig halten.«
»Tut mir Leid, Frau Rohwer, aber Befehl ist Befehl«, antwortete der eine von ihnen, »wir haben Order, uns hier drinnen gründlich umzusehen. Wenn Sie solange irgendwo anders warten wollen ... Sie müssen ja nicht unbedingt daneben stehen.«
»Tun Sie, was Sie tun müssen, aber ich werde mein Haus nicht verlassen.«
»Wie Sie wünschen«, antwortete der Wortführer mitleidig und bedeutete den anderen beiden mit einer Kopfbewegung, einzutreten. Bettina sah, wie verschmutzte Stiefel und Schuhe in Sekunden ihre Arbeit der letzten halben Stunde zunichte machten. Während einer der Beamten versuchte, möglichst unauffällig in ihrer Nähe zu bleiben und sie nicht aus den Augen zu lassen, begannen die zwei anderen, systematisch das Obergeschoss des Hauses auseinander zu nehmen. Bettina hörte eilige Schritte auf den knarrenden alten Dielenböden, das Öffnen und Schließen von Schubladen und Schranktüren.
Bettina fragte sich, wonach sie überhaupt suchten. Ein Gewehr hinter dem Schlafzimmervorhang? Blutbespritzte Kleidungsstückeim Wäschesack? Oder war das Ganze nur ein Einschüchterungsversuch? Warum war Kay ausgerechnet an diesem Sonntag nach Kiel ins Büro gefahren? Tatsache war, dass sie hier alleine saß mit drei gleichgültigen Männern, die ihr Zuhause mit amtlicher Genehmigung auf den Kopf stellten.
Da Bettina schlecht nach oben gehen konnte, um sich umzuziehen, schloss sie sich im Gästeklo ein. Ihr Bewacher blickte ihr unsicher nach, fand es dann aber wohl geschmacklos, sie daran zu hindern, ihr eigenes Bad aufzusuchen. Bettina ging aufs Klo und wusch sich dann ihre Hände und das Gesicht mit so heißem Wasser, wie sie es gerade noch aushielt. Allmählich beruhigten sich ihre Nerven wieder. Was sollte ihr schon geschehen in einer Situation, wo es eh nicht mehr viel zu verlieren gab?
Bettina begutachtete im Spiegel ihr Gesicht und griff fast automatisch zur Cremetube, um sich etwas von der teuren Substanz unter die Augenpartie zu klopfen. Sinnlos, aber beruhigend.
Da klingelte es erneut an der Tür. Vielleicht Besuch, der mal kurz vorbeischaute und dem sie jetzt charmant erklären konnte, dass an diesem Sonntag gerade die Polizei ihr Haus durchsuchte. Sei es drum, es war sowieso schon alles egal.
31. KAPITEL
K ommissarin Korittki! Sind Sie gekommen, um auch noch in meiner Unterwäsche herumzuwühlen?«, fragte Bettina Rohwer, nachdem sie Pia Korittki die Tür geöffnet hatte. Ihr Tonfall war höhnisch, aber Pia sah, dass Frau Rohwer kurz davor war, die Nerven zu verlieren.
»Sind unsere Leute gerade hier? Ich dachte, die wären schonfertig. Ich möchte noch einmal mit Ihnen sprechen, darf ich hereinkommen?«
»Sie können meinetwegen gern hereinkommen, aber ich glaube, wir stören hier beide. Ich hole mir schnell eine Jacke, dann können wir draußen zusammen ein Stück gehen und dabei reden«, schlug Bettina Rohwer vor.
Pia stimmte zu. Während Bettina Rohwer kurz wieder im Haus verschwand, sah sie sich auf dem sauber geharkten Hofplatz um. Die Beamten, die den Durchsuchungsbefehl ausführten, hatten ihren Wagen unauffällig ein Stück abseits geparkt. Alles wirkte aufgeräumt und leer und im Carport stand nur ein kleiner Wagen. Der BMW von Kay Rohwer fehlte.
»Sie wissen, warum wir Ihr Haus durchsuchen?«, fragte Pia, nachdem sie ein Stück den Feldweg hinter dem Haus entlanggegangen waren.
»Weil wir unter Verdacht stehen, nehme ich an. Sie glauben doch, dass wir die Benneckes ermordet haben.«
»Wir haben inzwischen eine Zeugenaussage, die vor allem Ihren Mann belastet.«
Bettina kniff überrascht die Augen zusammen: »Kay hat nichts mit den Morden zu tun. Der Zeuge lügt. Mein Mann war den ganzen Abend bei mir.«
»Wie standen Sie zu Malte Bennecke?«
Pia beobachtete Bettinas Reaktion auf diese Frage genau. Sie suchte Schuldbewusstsein in Bettinas Blick, Abwehr, Angst. Was sie sah, war blankes Unverständnis.
»Wie sollte ich zu ihm stehen? Er hat mein Kind getötet. Ehrlich gesagt, verstehe ich Ihre Frage nicht.«
»Hatten Sie ein Verhältnis
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