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In einer Familie

In einer Familie

Titel: In einer Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Mann
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Heinrich Mann
    In einer Familie
    Roman
    S. Fischer

    Heinrich Mann (um 1889)
    Heinrich-Mann-Archiv, Berlin
    Heinrich Mann
    In einer Familie
    Roman
    Mit einem Nachwort von
    Klaus Schröter
    S. Fischer
    Heinrich Mann
    Gesammelte Werke in Einzelbänden
    Herausgegeben von
    Peter-Paul Schneider
    2. Auflage Februar 2000
    © 2000 S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
    Alle Rechte liegen beim
    S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
    Gesamtherstellung: Clausen & Bosse, Leck
    Printed in Germany
    isbn 3-10-047818-5
    In einer Familie
    Paul Bourget gewidmet
    I
    Man hatte im »Seehof« den Kaffee genommen und
    wanderte nun langsam am Ufer auf und nieder, sich
    immer in der Nähe des Wirtshauses haltend, wo die
    Pferde bereits zur Rückfahrt nach Kreuth einge-
    spannt wurden. Al e drei hatten seit einigen Minuten
    die Unterhaltung ruhen lassen, welche nur dann
    zeitweilig belebt wurde, wenn der Major stehen
    blieb, um seinem Entzücken über die Schönheiten
    der Landschaft Worte zu verleihen. Der alte Herr
    zeigte gern den Kunstbeflissenen; indes war das
    Bild, auf welches er das junge Paar aufmerksam
    machte, seiner Begeisterung würdig.
    Die schon sehr schräg fallenden Sonnenstrahlen
    riefen auf dem fast bewegungslosen Achensee einen
    Schimmer hervor, der aus der Tiefe zu steigen
    schien, als machte eine Schicht Gold das Wasser bis
    zur Oberfläche erglänzen. Wie in ein Wunderland
    hinabgetauchte Riesen zeichneten sich in all dem
    Glanz die schwarzen Spiegelbilder der vielfach mit
    Nadelholz bestandenen Felsen ab. Diese lagen, die
    Sonne bereits im Rücken, mit Ausnahme ihrer rot-
    glänzenden Spitzen in völliger Dunkelheit.
    »Seht einmal, bitte«, sagte Herr v. Grubeck mit
    einer Handbewegung auf den See, »sehen Sie, Well-
    11
    kamp, können Sie sich etwas Vollendeteres vorstel-
    len als das dort, wie die kleinen hellen Streifen sich
    mit dem Schwarz verbinden? Die Brechung des
    Lichtes, die dadurch bewirkt wird, ist etwas ausneh-
    mend Feines.«
    »Sehr schön«, stimmte der junge Mann seinem
    künftigen Schwiegervater bei, und er setzte hinzu:
    »Der Achensee ist in seiner hellen, freundlichen
    Art, alle Eindrücke aufzunehmen und wiederzu-
    spiegeln, die ihm seine Umgebung bietet, so recht
    das Gegenteil von Gewässern, wie etwa der Feldsee
    eines ist. Ich war bei völlig wolkenlosem Himmel
    dort, und das ›Seebuk‹, von wo ich steil auf das Was-
    ser hinabsah, trug das allerschönste Grün. Aber der
    See antwortet auf nichts. Man hätte ihn trotz all des
    Blau und Grün, das auf ihn einleuchtete, etwa für
    Torfboden halten können, wenn es nicht geglänzt
    hätte wie straff gespannter schwarzer Atlas.«
    Wel kamp liebte es, bei al en Gelegenheiten irgend
    eine seiner zahlreichen Reiseerinnerungen zu Ver-
    gleichen herbeizuziehen.
    Überdies war jeder der beiden Herren, vielleicht
    halb unbewußt, darauf bedacht, den andern auf
    möglichst vorteilhafte Weise mit seiner Person be-
    kannt zu machen. Leute, die, ohne sich bisher we-
    sentlich näher gestanden zu haben, in enge Bezie-
    hungen zu einander zu treten bestimmt sind, pflegen
    dieses Bedürfnis zu haben.
    Nachdem diese Kreuther Bekanntschaft kaum
    12
    vier Wochen gepflegt worden, war es auf dem heuti-
    gen Ausfluge ganz plötzlich und allen drei Beteilig-
    ten unvermutet zur Verlobung gekommen. Der Ma-
    jor hatte die beiden jungen Leute nur für einen
    Augenblick allein gelassen, als sie auch bereits einig
    geworden waren.
    Anna hörte, während sie nun ihren Arm, ohne
    sich indes zu stützen, in dem seinen hielt, noch im-
    mer seine Stimme, welche seltsam weich geworden
    war, als er ihr die entscheidende Bitte vorgelegt
    hatte. Und auf der Fahrt, vor der Ankunft im »See-
    hof«, waren sie beide so ausgelassen fröhlich gewe-
    sen, noch ganz unbekümmert um das Folgende!
    Auf dem Gesichte des jungen Mädchens lag ein
    stilles, etwas träumerisches Glück, das zuweilen,
    vielleicht bei einem Gedanken an künftiges, zu hel-
    ler Freudigkeit aufleuchtete. Auch Wel kamps Miene
    zeigte einen zufriedenen, frohen Ausdruck; der je-
    denfalls unbeabsichtigte, etwas verdrossene, müde
    Zug, der Anna mitunter darin aufgefallen, war häu-
    fig von einem stillen Lächeln überdeckt. Den Major
    dagegen hatte das Ereignis in geradezu lustige Stim-
    mung versetzt. Er blinzelte aus den Ecken seiner
    schmalen, gekniffenen Augenspalten fortgesetzt die
    beiden Menschen an seiner Seite an, welche das
    Glück nunmehr gänzlich verstummen gemacht
    hatte.
    Vor Glück

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