Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi
Sie sind die Journalistin, ich hab mit Dr. Droch über Sie geredet.«
Na wunderbar. Er erzählte mir nichts über ihre Gespräche, aber sie tratschten beim Mittagessen über mich.
»Ich kann nur hoffen, dass Sie das, was ich Ihnen jetzt erzähle, ernst nehmen. Es klingt zugegebenermaßen abenteuerlich. Deswegen habe ich mich auch noch nicht bei Ihnen gemeldet. Also: Heller ist wahrscheinlich von jemandem aus der oberbayrischen Fleischfirma namens rindvieh.com erschossen worden. Die Firma …«
»Rindvieh Tod komm? Sind Sie betrunken?«
»Internet. Rindvieh, Punkt, com. Die Firma hat Ultrakauf-Fleisch gegen aufgetautes Fleisch aus einem Interventionslager umgetauscht. Wir sind in der Nähe des Betriebes in Oberbayern.«
Das Gespräch dauerte geraume Zeit. Sie riet uns, heimzufahren und alles Weitere den Behörden zu überlassen.
Vesna nahm mir den Hörer aus der Hand: »Sie hören nach Weihnachtsfeiertagen auf, die machen alles dicht. Im neuen Jahr ist überall Großinventur, nicht nur im Supermarkt, sondern auch in Fleischlager der EU. Wenn nicht gleich was passiert, sind sie entkommen. Das wird eine dumme Geschichte im ›Magazin‹.«
Ich nahm Vesna den Hörer weg, keine gute Idee, der Kommissarin zu drohen. »Wer war das?«, fragte sie.
»Meine Putzfrau«, sagte ich wahrheitsgemäß.
Stille am anderen Ende der Leitung.
»Sie arbeitet momentan bei Ultrakauf, so sind wir hinter den Fleischbetrug gekommen. Was kann Ihnen passieren, wenn Sie sofort etwas unternehmen? Schlimmstenfalls haben wir Sie reingelegt. Aber warum sollten wir das tun?«
»Und wenn Sie sich täuschen? Das ist genauso schlimm. Ich kann keine grenzüberschreitende Polizeiaktion auslösen, nur weil Sie mir eine abenteuerliche Geschichte erzählen.«
»Reden Sie mit Droch«, bettelte ich, »er wird Ihnen bestätigen, dass ich nicht durchgeknallt bin.« Hoffentlich.
»Ich weiß nicht, warum ich das tue«, sagte die Kommissarin langsam. »Aber ich werde sehen, was sich machen lässt. Sie unternehmen inzwischen gar nichts. Ich rufe Sie zurück. Keine Ahnung, ob ich die Kollegen in Bayern überhaupt erreiche. Wie heißt der Ort?«
»Schönpolding. Rindvieh.com, an einer Seitenstraße drei Kilometer außerhalb des Ortes, Abzweigung am Ortsende. Oder, wenn man nicht gesehen werden will, über den Waldrücken hinter dem Gelände.«
»Das müssen meine Kollegen wissen. Ich melde mich.«
»Wann?«
»Am besten, Sie fahren heim.«
»Sie werden uns vor Ort brauchen können, wir wissen eine ganze Menge.«
»Also gut, bleiben Sie von mir aus dort. Aber keine Alleingänge, wenn ich bitten darf. Das ist jetzt eine Polizeiaktion. Ich rufe in der nächsten halben Stunde zurück.«
Der eine rindvieh.com-LKW fuhr ab, die drei Männer begannen, den nächsten zu beladen.
»Wie ist dir das mit der Inventur eingefallen?«, fragte ich Vesna.
»Weil es wahr ist. Wir haben im Ultrakauf Großinventur im Januar. Zum Glück bin ich nicht mehr da.«
Grete seufzte. »Ich schon.«
Es begann zu nieseln.
Endlich das Telefon. »Ich bringe Sie eigenhändig um, wenn nicht wenigstens ein Teil von dem stimmt, was Sie erzählt haben. Ich komme mit dem Hubschrauber, bilden Sie sich nichts ein, das ist ein Zufall, weil der sowieso nach Salzburg fliegen muss. Das nächste Einsatzkommando ist verständigt, es wird einen Durchsuchungsbefehl geben. Zum Glück gab es schon einmal Verdachtsmomente gegen den Besitzer der Firma, das hat es leichter gemacht. In zirka zwei Stunden sind wir da. Sie bleiben, wo Sie sind. Vorausgesetzt, Sie sind gut genug getarnt. Wenn nicht, suchen Sie sich ein sicheres Versteck.«
Langsam wurde ich wütend: »Wir haben ein geeignetes Versteck, wir waren es auch, die der Sache überhaupt auf die Spur gekommen sind, nur falls Sie das vergessen haben sollten.«
»Wenn Sie irgendwelche Veränderungen wahrnehmen, dann melden Sie sich sofort.«
Genau das, was ich schon immer hatte sein wollen: polizeiliche Hilfskraft.
»Und wehe, Sie sprengen die Aktion, indem Sie Interviews machen.«
Bevor ich noch etwas erwidern konnte, hatte Schneyder das Gespräch beendet. Wie sehr mir zur Schau getragene Autorität auf die Nerven ging.
Der Ärger legte sich, was folgte, war eine Mischung aus Anspannung und totaler Langeweile. Zwei Stunden Zeit. Wir hatten vor dem immer stärker werdenden Nieselregen, so gut es ging, unter den Bäumen Schutz gesucht.
»Man muss was tun«, sagte Vesna und scharrte im Laub.
Ich hatte meinen besseren Fotoapparat mitgenommen,
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