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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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hoch. Es war wie in einem seltsamen Traum, man rannte, rannte und wusste nicht, warum. Wir liefen auf das Interventionslager zu, über den Parkplatz, die Straße zum Betriebsgebäude hinunter. Niemand bemerkte uns, alle waren längst im Gebäude verschwunden. Das Tor stand offen, wir gingen langsam und so lautlos wie möglich hinein.
    Das Innere der Halle glich mit seinen langen Edelstahlbänken einer kleineren Ausgabe der Zerlegeeinheit im Zentrallager der Kauf-AG. Aber hier stand alles still, niemand war zu sehen, bloß auf einer der Edelstahlbänke lag eine Reihe von Fleischstücken, sorgsam nebeneinander gereiht. Vielleicht Fleisch, das hier aufgetaut wurde, ging es mir durch den Kopf. Große Stapel Fleischkartons mit der Aufschrift »rindvieh.com«. Gerade noch sichtbar für uns, am anderen Ende der Halle, baumelten zwei halbe Rinder. Nicht eben viel für ein Geschäft wie das hier. Wir hörten aufgeregte Stimmen aus dem Büroraum, der etwas erhöht hinter einem Verschlag aus Holz und Glas lag. Wir schlichen näher heran. Ich versuchte, ruhig zu atmen. Meine Lungen brannten. Ich zog den Fotoapparat heraus, fotografierte die Halle, schoss ein paar Aufnahmen von den Köpfen, die hinter der Glaswand zu sehen waren.
    Eine autoritäre Männerstimme sagte: »Wenn Sie sich widersetzen, müssen wir Sie festnehmen.«
    »Ich werde mit dem Landrat reden, das wird Sie Ihren Job kosten. Das ist Hausfriedensbruch!«, schrie jemand mit sich überschlagender Stimme zurück. Waldemar Zartl.
    »Wir haben einen Durchsuchungsbefehl für das gesamte Betriebsgelände.«
    Dann ein Tumult, wir sahen einen kleinen, rundlichen Mann zur Türe stürzen, er wurde von anderen Männern zurückgehalten.
    »Was haben wir denn da?«, fragte offenbar der Chef der Truppe und wedelte mit einem Papier, das er vom Schreibtisch genommen hatte. »Ein Ticket nach Argentinien.«
    »Man wird wohl auf Urlaub fahren dürfen.«
    »Ein einfaches Ticket.«
    »Ich mache eine Rundfahrt. Ich protestiere …«
    Zwei Männer und eine Frau kamen durch die Halle gelaufen.
    »Es gibt eine unterirdische Verbindung zum Lager, kommt. Die Ausländer haben sich dort verschanzt«, rief einer von ihnen in Richtung Büro.
    »Ich protestiere!«, schrie Zartl noch einmal.
    Die drei hatten uns entdeckt.
    »Rühren Sie sich nicht vom Fleck!«, schrie der eine.
    Ich hob unwillkürlich die Hände. »Wir gehören nicht zum Betrieb, wir haben Kommissarin Schneyder verständigt.«
    »Das sind also die Weiber, von denen die Wienerin geredet hat«, sagte der eine Beamte abschätzig zu seinen Kollegen. »Wir haben jetzt keine Zeit für Sie, das ist eine Amtshandlung, verlassen Sie umgehend das Gebäude, vielen Dank auch, auf Wiedersehen.«
    Was glaubte er, dass wir widerspruchslos verschwinden würden? Sollte ich mich als Journalistin zu erkennen geben? Taktisch unklug im Moment. Wir mussten mit hinein ins Interventionslager. Zwei Männer kamen aus dem Büro und führten den noch immer lautstark protestierenden Zartl in Handschellen ab. Er war klein, hatte auf der Stirn schon kaum mehr Haare und glich einem rundlichen, rosigen Ferkel. Der sollte den Auftrag gegeben haben, Heller zu erschießen?
    Jetzt kamen auch Kommissarin Schneyder und der Chef der bayrischen Truppe mit raschen Schritten aus dem Büroverschlag.
    »Die Bücher sehen wir uns später an«, sagte er zu ihr.
    »Wo ist der Gang zum Lager?«, rief er mit lauter Stimme seinen Kollegen zu. Sie deuteten auf das gegenüberliegende Ende der Halle, dorthin, wo die halben Tiere baumelten.
    »Sind welche von uns drinnen?«
    »Ja, drei Mann. Die Verstärkung ist schon da. Alles in Ordnung. Niemand scheint sich zu wehren. Da dürften wir ein ganzes Rudel Illegale erwischt haben.«
    Deswegen hatte ich die Polizei eigentlich nicht verständigt.
    Wir hetzten hinter den anderen her.
    »Stehen bleiben!«, befahl einer der Beamten.
    »Ich denke nicht daran«, fauchte ich.
    Die Kommissarin kam auf mich zu und legte mir für einen Moment ihre Hand auf den Arm. Sie wirkte in Jeans und Parka jünger denn je. Ihr Gesicht war angespannt. »Jetzt werden wir gleich sehen, ob Sie Recht gehabt haben«, sagte sie.
    »Wir wollen es selbst sehen.«
    »Tut mir Leid, unmöglich. Außerdem habe hier nicht ich das Kommando.«
    »Wenn wir trotzdem mitkommen?«
    »Die stoppen Sie, sorry. Warten Sie am Parkplatz, ich erzähle Ihnen dann, ob ich mich nach einer anderen Arbeit umsehen muss.«
    Zwei Bullen mit sturen Gesichtern hatten sichtlich ihre Freude daran,

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