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Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Kaltes Fleisch. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Anders als im Zentrallager der Kauf-AG fuhren hier keine LKWs ein oder aus. Die graue, mit gewelltem Metall verkleidete Halle lag wie verlassen da. Davor war ein Parkplatz, auf dem nur ein alter Golf stand, rundherum winterbraune Wiesen und eine Straße, die fünfzig Meter weiter an einer kleineren Halle und einigen Nebengebäuden vorbeiführte, dann eine Kurve hinauf zum bewaldeten Hügel zog und dort bei einem Haus zu enden schien.
    Wir waren fast bis zur großen Halle gefahren, als uns klar wurde, dass alles Fremde hier sofort erkannt wurde, hatten rasch umgedreht und uns dem Gelände dann von der Rückseite über einige bewaldete Hügel genähert. Mein Fiat stand am Rand eines Waldweges. Wir waren einige Meter durch Wald und Gebüsch geschlichen, bis wir eine gute Position gefunden hatten, von der man auf den Betrieb hinuntersehen konnte, ohne gleich entdeckt zu werden. Vor der kleineren Halle standen zwei rindvieh.com-LKWs, wir konnten drei Männer sehen, die Kartons von einem Gabelstapler in den LKW-Raum verluden.
    »Das Interventionslager hat nur einen Wächter, haben die Männer im Wirtshaus gesagt«, flüsterte Vesna.
    »Der sieht uns«, erwiderte ich ebenfalls leise, »es ist nichts los im Lager, alles fällt auf.«
    »Irgendwann sie müssen Fleisch holen«, flüsterte Vesna, »wenn es stimmt, was wir denken.«
    »Vielleicht in der Nacht«, sagte ich und räusperte mich. Kein Grund zu flüstern. Der Ort Schönpolding war drei Kilometer entfernt, von der Tiefgefrierhalle trennten uns hundert Meter abschüssige Wiese. Und hier an den Waldrand kam im Winter mit Sicherheit niemand.
    »In der Nacht? Da merken es sogar die Männer aus dem Wirtshaus«, meinte Vesna.
    Grete schwieg wie meistens.
    Lächerlich. Da standen drei Frauen und bildeten sich ein, Betrüger, Mörder, eine Bande ausheben zu können. Die eine war Mitte dreißig, schmächtig, schüchtern, gelbhaarig und Kassiererin, die zweite Anfang vierzig, klein, muskulös, mutig bis abenteuerlustig und Putzfrau, die dritte knapp vor ihrem vierzigsten Geburtstag, Lifestyle-Journalistin, etwas übergewichtig, mit langen, dunklen Haaren, einem Hang zum guten, gemütlichen Leben.
    »Gehen wir«, sagte ich.
    Niemand bewegte sich. Gespannt starrten wir weiter auf das Gelände von rindvieh.com.
    »Ich glaube nicht, dass sie sich auf Urlaub hat schicken lassen. Sie macht so etwas nicht. Sie haben sie ermordet und ins Tiefkühllager gebracht. Deshalb hat sie niemand gefunden«, sagte Grete dann laut und bestimmt.
    Ich wollte schon widersprechen, als ich sah, wie Grete eine Träne über die Wange lief. »Sie war so mutig. Immer hat sie sich für andere eingesetzt.«
    »Wer weiß?«, sagte ich. »Vielleicht ist sie doch irgendwo in der Karibik. Wir werden sie besuchen.«
    Grete schüttelte energisch den Kopf.
    Wir hatten wenig Zeit. Was, wenn der LKW-Fahrer mit den Leuten der Fleischfirma geredet hatte? Was, wenn sich herumsprach, dass wir uns im Wirtshaus »Zum braunen Bären« sehr ausführlich über rindvieh.com und seinen Besitzer Waldemar Zartl erkundigt hatten? Was, wenn Karin noch lebte, eingesperrt in ein verlassenes Haus, seit Wochen gefangen in einem Schuppen, entführt an einen abgelegenen Platz? Solche Plätze schien es in Schönpolding und Umgebung mehr als genug zu geben.
    »Zeit für die Kriminalpolizei«, sagte ich mit rauer Stimme. »Ende mit dem Räuber-und-Gendarm-Spiel. Wir müssen es riskieren. Wir erzählen, dass das Interventionslager fast leer ist und dass es gut sein könnte, dass die rote Karin …«
    Vesna unterbrach mich: »Dann müssen wir die ganze Geschichte erzählen. Bis wir fertig sind, dauert das Tage. Bis sie entscheiden, eine Haussuchung zu machen, auch. Und dann ist das bayrische Polizei.«
    Sackgasse. Wir waren weit gekommen, jetzt saßen wir fest. Ich hatte die Telefonnummern der jungen Kommissarin. Sie war ehrgeizig. Ich diskutierte nicht mehr, sondern fingerte nach meinem Telefonbuch und dem Mobiltelefon.
    »Was ist?«, fragte Vesna.
    »Ich rufe die Kommissarin Schneyder an.«
    »Die?«
    Ich wartete. In ihrem Büro hob niemand ab. Es war der 22. Dezember, heute stieg bei uns in der Redaktion die traditionelle Weihnachtsfeier. Vielleicht war das bei der Polizei nicht viel anders. Aber schon am Vormittag? Bevor ich noch in die Zentrale zurückgeschaltet werden konnte, gab ich auf und versuchte ihre Mobiltelefonnummer. Zweimal, dreimal läutete es.
    »Schneyder?«
    »Mira Valensky, ich hoffe, Sie können sich noch …«
    »Klar,

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