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Kaltherzig

Titel: Kaltherzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag Fred Kinzel
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dass er abgespannt aussah, als hätte er nicht gut geschlafen. Er verzog den Mund säuerlich. »Gibt es einen Grund dafür, dass du hier bist?«
    »Es ist ein freies Land«, sagte ich. »Mehr oder weniger.«
    »Ich will dich nicht hier haben.«
    »Es ist mein Opfer.«
    »Du bist nicht mehr bei der Polizei«, sagte er. »Das hast du ebenfalls hingeschmissen, schon vergessen?«
    Seine Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube.
Ich wich tatsächlich einen Schritt zurück vor dem verbalen Hieb und konnte nicht verhindern, dass ich nach Luft schnappte.
    »Du bist so ein Arschloch«, fauchte ich wütender zurück, als ich mir anmerken lassen wollte. Wütender, als ich sein wollte. »Warum sollte ich mit dir zusammen sein wollen? Das Erste, was du tust, wenn es nicht nach deinem Willen geht, ist, eine Schlammschlacht anzetteln. Du verstehst dich wirklich zu verkaufen, Landry. Kaum zu glauben, dass dir die Frauen nicht die Tür einrennen, du verdammter Wichser.«
    Meine Augen brannten, und ich zitterte vor Zorn. Ich drehte mich wieder zu der Leiche um und dachte, dass die Frau in dem schmutzigen Wasser zweifellos von einem Mann dorthin gebracht worden war, dem sie nicht hätte trauen sollen - als gäbe es andere.
    Der Arm schien mir zur Begrüßung zuzuwinken, und ich glaubte erst, ich würde halluzinieren. Dann winkte er noch einmal, sehr heftig diesmal, und ich wusste sofort, was los war. Ehe ich reagieren konnte, gab es ein fürchterliches Spritzen und Schlagen, und Wasser schwappte in einem Schwall bis zu mir herauf.
    »Großer Gott!«, rief Landry hinter mir.
    »Alligator!«, schrie einer der Deputys.
    Landry versetzte mir einen Schlag in den Rücken und stieß mich zur Seite. Während ich auf Hände und Knie stürzte, ertönte über mir ein Schuss wie ein Peitschenknall.
    Ich krabbelte vom Ufer fort und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, aber die abgenutzten Sohlen meiner Reitstiefel rutschten auf dem feuchten Gras unter mir weg.

    Landry leerte das Magazin seiner 9-mm-Glock in das aufgewühlte Wasser. Einer der Deputys rannte mit einer Schrotflinte am anderen Ufer entlang und schrie: »Ich hab ihn! Ich hab ihn!«
    Der Knall war ohrenbetäubend.
    »Mistvieh!«, rief Landry.
    Ich sah, wie der Übeltäter auf dem Rücken liegend an die Oberfläche trieb, ein blutiges, klaffendes Loch im hellgelben Bauch. Ein etwa einen Meter fünfzig langer Alligator, noch mit einem Stück von einem menschlichen Torso zwischen den Zähnen.
    »Verdammter Mist«, sagte Landry. »Da geht mein Fundort flöten.«
    Er fluchte, stampfte umher und hielt nach etwas Ausschau, das er treten oder schlagen konnte.
    Alligatoren sind dafür bekannt, dass sie sich mit ihrer Beute im Wasser herumwälzen, um das um sich schlagende Opfer orientierungslos zu machen und es zu ertränken, auch wenn die Echse bereits Gewebe und Knochen durchgebissen und Blutgefäße zerfetzt hat. Dieser hier hatte sein beabsichtigtes Mahl aus den Ästen gerissen, in denen sich die Frau verfangen hatte. Möglicherweise hatte der Alligator sie sogar selbst zuvor dort verstaut - ebenfalls eine übliche Praxis: Sie heben sich das Opfer für später auf, bis der Körper, unter einem Baumstumpf festgeklemmt, bereits zu zerfallen beginnt.
    Die Natur ist grausam. Fast so grausam wie die Menschen.
    Ich starrte in das trübe Wasser und wartete, dass der Rest der Leiche auftauchte. Als er es tat, wurde ich von Kopf bis Fuß taub.

    Ich formte die Worte O mein Gott mit den Lippen, aber ich glaube nicht, dass ich sie tatsächlich laut sagte. Mir war, als schwebte ich außerhalb meines Körpers. Ich sank wieder auf die Knie und schlug die Hände vor den Mund - um einen Laut zu ersticken, um zu verhindern, dass ich erbrach, ich weiß es nicht.
    Das blassblaue Gesicht, das mir entgegenstarrte, hätte eigentlich schön sein müssen - volle Lippen, hohe Wangenknochen. Durchscheinend blaue Augen von der Farbe eines sibirischen Winterhimmels hätten aus ihm blicken müssen, aber die kleinen Fische und anderen Geschöpfe, die im Kanal lebten, hatten begonnen, an ihnen zu nagen. Ein weiteres Werk von Mutter Natur: eine Totenmaske wie aus einem Horrorfilm.
    Im Laufe meiner Jahre als Streifenpolizistin und als Detective beim Drogendezernat hatte ich viele Leichen gesehen und auf ihre leblosen Gesichter geblickt. Ich hatte gelernt, sie mir nicht als Menschen zu denken. Das Wesen der Person war nicht mehr vorhanden. Was blieb, war das Beweisstück für ein Verbrechen. Etwas, das man

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