Kammerflimmern
nickte und ging los.
Zehn Minuten später war klar, dass die Feuerwehr sich nicht die Mühe würde machen müssen, nach dem fehlenden Hausbewohner zu suchen. Dessen Leichnam war schon auf dem Weg in die Rechtsmedizin, und er war nicht im Haus verkohlt, wie der Feuerwehrmann angenommen hatte, sondern im Reinhardswald schockgefrostet worden. Weiterhin wussten die beiden Kommissare nun, dass Goldberg als Justiziar bei der IHK Kassel gearbeitet, ein zurückgezogenes Leben als Single geführt und keiner der Nachbarn jemals mehr als drei Worte am Stück mit ihm gewechselt hatte. Und dass ihm vermutlich ein großer Mercedes gehörte, der aber nicht in der Garage stand, denn die war leer.
»Na, Männer, so früh schon auf den Beinen?«
Die beiden Kommissare drehten sich erschrocken um und starrten in das Gesicht von Heini Kostkamp, der sie zufrieden angrinste.
»Eins zu eins«, krächzte Hain und dachte dabei an die Szene zwei Stunden zuvor, als der Mann von der Spurensicherung der Erschreckte gewesen war.
»Was macht ihr beiden denn hier? Ich dachte, ihr liegt längst wieder im Bett und schaukelt euch irgendwelche Weichteile?«
Lenz zeigte auf das brennende Haus.
»Da hat unser Freund aus dem Wald gewohnt.«
»Der von vorhin?«
»Der von vorhin.«
»Ist nicht wahr. Zuerst hängt er tot im Wald und dann brennt seine Bude ab. Ein Zufall zu viel würde ich sagen?«
»Sehe ich genauso. Und die Beweise wirst du mir liefern.«
Auf dem Weg zu Hains Wagen sah Lenz noch einmal zurück auf das brennende Haus.
»Jetzt lassen wir mal die Spurensicherung ihren Job machen und sehen, was dabei rauskommt. Aber falls jemand das Haus angesteckt hat, dann hat er auch was mit unserem Toten im Reinhardswald zu tun.«
»Stimmt«, erwiderte Hain.
»Und was machen wir in der Zwischenzeit?«
»Ausschlafen, Thilo. Einfach ausschlafen. Im Moment können wir sowieso nichts anderes tun und müssen auf die Ergebnisse der diversen Untersuchungen warten. Morgen früh suchen wir die Hinterbliebenen von Goldberg und überbringen ihnen die Nachricht von seinem Tod.«
4
Drei Stunden später, um Viertel nach neun, stapfte Lenz die letzten Meter durch den Schnee auf das Polizeipräsidium zu. Er grüßte die Wachhabenden, hielt seine Marke an den Öffnungsautomaten und machte sich auf den Weg zu seinem Freund und Kollegen Uwe Wagner, dem Pressesprecher des Polizeipräsidiums Nordhessen. Kurz danach saß er ihm mit einer Tasse Kaffee in der Hand gegenüber und erzählte von den merkwürdigen Vorgängen der vergangenen Nacht und des Morgens.
»Jetzt will ich gleich mal mit der Spurensicherung telefonieren, ob die was für mich haben«, beendete er seine Ausführungen.
Wagner kratzte sich hörbar am Kinn. Offenbar hatte ihm morgens die Zeit zum Rasieren gefehlt.
»Wahrscheinlich sagt jeder, dass so was komisch ist, aber vielleicht ist es ja wirklich nur ein Zufall.«
»Schwer vorzustellen, aber möglich. Hast du Kontakte zur IHK?«
»Klar, ich sitze bei denen im Ausbildungsausschuss, das weißt du doch.«
»Woher sollte ich das wissen?«
»Weil ich dir schon oft genug davon erzählt hab. Wozu brauchst du denn meine Kontakte?«
»Dieser Goldberg hat bei der IHK als Justiziar gearbeitet. Ich nehme nicht an, dass du mit ihm bekannt warst. Vielleicht hast du einen Tipp, an wen ich mich wenden kann.«
»Wow«, presste Wagner hervor. »So ein Justiziar ist in der Hierarchie der IHK schon ziemlich weit oben angesiedelt. Ich kenne ihn zwar nicht, doch das soll nichts heißen, weil ich mich um den Posten dort nicht gerissen habe. Leider hat es unser gemeinsamer Dienstherr so entschieden, und dem kann auch ich mich nicht entziehen.«
Es klopfte an der Tür, und Thilo Hain betrat mit einem Bündel Papieren in der Hand den Raum. »Das war klar, dass ich dich hier finden würde«, sagte er zu Lenz und begrüßte dann Wagner. »Ausgeschlafen?«, fragte er seinen Chef.
»So leidlich, ja.«
Er deutete auf die Blätter in Hains Hand.
»Was hast du da?«
»Wichtige Erkenntnisse im Fall Goldberg«, antwortete der junge Oberkommissar geheimnisvoll.
»Ich konnte nämlich nicht mehr einschlafen, deshalb bin ich schon seit halb acht hier am Machen.«
Er reichte Lenz den Stapel, zog ihn aber in dem Moment wieder zurück, als dieser danach greifen wollte.
»Ich kann keine Lesebrille in deiner Nähe erkennen, deshalb lässt du mich besser einen Vortrag halten.«
Der Hauptkommissar sah Wagner an und grinste.
»Schmeiß ihn raus.«
»Das
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