Kampf der Gefuehle
unterhielten, wer von den Sponsoren des Theaters bankrott gegangen oder Verluste beim Glücksspiel erlitten hatte und was für Widrigkeiten es bei geplanten Inszenierungen gab. Der Opernstar war witzig, schockierend und oft frivol, verzichtete jedoch auf jegliche abfällige oder gehässige Bemerkung. Ariadne mochte sie sofort.
»Sie müssen nächste Woche in meine Benefizvorstellung kommen, Ariadne. Maurelle hat eine Loge und kann Sie mitnehmen. Ja, Maurelle? Dann wäre das also abgemacht. Und Sie beide werden bitte zusehen, dass Sie so viele attraktive Männer wie möglich mitbringen. Ich liebe es, sie anzuschauen, wenn ich von verzweifelter Leidenschaft singe - man braucht Inspiration, wissen Sie. Einige Ihrer Fechtmeister wären mir sehr genehm, Maurelle, wobei es mir egal ist, ob sie verheiratet oder ledig sind, da ich sie ja nicht verführen, sondern sie nur anschauen will. Bei dem Engländer Blackford könnte ich mir allerdings vorstellen, eine Ausnahme zu machen.«
»Le diable!<<, schnarrte der Papagei vor sich hin. Gleichzeitig hob er den Fuß und kratzte sich heftig am Ohr, wie um besser hören zu können.
»Was für einen bezaubernden Begleiter Sie haben«, sagte Ariadne, die sich sicher war, dass die Bemerkung des Vogels rein zufällig erfolgt war, auch wenn es ihr äußerst passend schien, Blackford als Teufel zu bezeichnen. »Haben Sie ihn schon lange?«
»Oh, seit mindestens fünfzehn Jahren. Napoleon ist mir von einem Bewunderer in Havanna geschenkt worden. Unglücklicherweise war sein Vokabular schon durch und durch verdorben, als ich ihn bekam. Achten Sie einfach nicht auf ihn.« Der Papagei, der offenbar mitbekam, dass von ihm die Rede war, reckte den Hals, um die Feder am Hut seiner Herrin zu putzen. »Hör auf damit, du Schlingel, sonst kommst du wie ein Hühnchen in den Topf«, schalt sie ihn mit liebevoller Stimme. Um ihn abzulenken, gab sie ihm ein Stück Baiser, das er in die Kralle nahm, um es unverzüglich auf ihrer Schulter zu zerkrümeln.
Ariadne musterte den Schnabel des Vogels, der ihr äußerst hart und scharfkantig vorkam. »Verletzt er Sie nicht manchmal?«, fragte sie.
»Aber nein«, erwiderte die Diva mit tiefem Lachen. »Er hält mich für sein Inamorata oder auch für seine Mutter. Wofür genau, weiß ich nicht. Er ist äußerst verschmust, das können Sie mir glauben. Er beschmutzt mich nie — nicht dass Sie sich danach erkundigt hätten, aber viele wollen das wissen. Die meisten anderen Menschen betrachtet er als Beute und kneift sie mit dem Schnabel. Die große Ausnahme stellt Monsieur Blackford da, den er halbwegs akzeptiert, weil dieser ihm immer Pecannüsse mitbringt.«
»Der Engländer besucht Sie also?«
»In meiner Garderobe, ja. Er kommt immer, wenn ich hier bin, in eine meiner Vorstellungen, ganz egal, was gerade gegeben wird. Nicht dass er Tränen vergösse wie der schöne Rosiere, aber trotzdem überläuft mich stets ein Schauder, wenn ich ihn mit seiner so englischen Stimme Brava, Brava! rufen höre. Es ist wunderbar, so geschätzt zu werden, finden Sie nicht? Selbstverständlich lade ich ihn immer ein, hinter die Bühne zu kommen, und gelegentlich dinieren wir zusammen.«
»Selbstverständlich«, murmelte Maurelle.
»Missgönnen Sie mir das?«, erkundigte sich die Sängerin, indem sie verschmitzt eine ihrer Augenbrauen hochzog. »Wollen Sie ihn ganz für sich allen? Aber ma chere, er ist so faszinierend mit seinem scharfen Verstand, der Ausfälle macht, pariert und zum Gegenangriff übergeht, ganz wie er es mit seinem Degen tut. Wenn ich ihm zuhöre, steht mir immer der Mund weit offen. Und seine Beleidigungen sind so fein wie eine Schnittwunde, die erst lange, nachdem sie einem zugefügt worden ist, zu bluten beginnt. Manchmal kann er auch sehr spaßig sein, obwohl er innerlich von einem großen Schmerz gequält wird.«
Ariadne blickte mit unverhohlen skeptischem Gesichtsausdruck hoch. Zumindest befürchtete sie Letzteres. »Schmerz?«
»Er hat es nicht leicht gehabt, aber über wen von uns ließe sich das nicht sagen? In uns allen steckt ein weinendes Kind, dem wir Schokolade geben müssen, damit seine Tränen versiegen.« Sie hielt ihre Tasse hin, um sich nachschenken zu lassen. »Oder aber man muss der armen Kleinen etwas noch Köstlicheres geben, wenn sie heranwächst. Zum Beispiel Liebe«, fügte sie mit einem ironischen Ausdruck in den grünen Augen hinzu und zog gleichzeitig eine ihrer Schultern hoch.
»Oh, Liebe«, gab Maurelle höflich
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