Kampf der Gefuehle
die seinen Wünschen oder Launen gesetzt sind, erkennt er einfach nicht an. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass er sich wegen einer Frau, der er gleichgültig ist, zum Narren macht. Dafür ist er viel zu stolz.«
»Oder zu arrogant? «
»Oh, ich gebe zu, dass er ebenso von sich eingenommen ist wie die anderen Fechtmeister in der Stadt, obwohl er sich nur von sehr wenigen Dingen persönlich berühren lässt.«
Ariadne sah sie unverwandt an. »Du scheinst ihn ja gut zu kennen.«
»Er geht in meinem Haus ein und aus, zusammen mit den anderen Fechtmeistern und ihren Frauen, die ich schon so oft erwähnt habe — Nicholas Pasquale und seine Juliette, Caid O'Neill und seine Frau Lisette, der Conde de Lerida und seine Condessa Celina. Ach ja, und dann ist da noch der Amerikaner Kerr Wallace, den Monsieur Blackford mir vorgestellt hat. Die beiden sind oft zusammen, da keiner von ihnen außer den Räumlichkeiten über ihren Fechtstudios einen Haushalt hat.« Maurelle zog eine ihrer gut gepolsterten Schultern hoch. »Trotzdem würde ich mir nicht anmaßen zu sagen, dass ich ihn kenne, da er sehr zurückhaltend ist.«
»Weil er es so will, nehme ich an.«
In das Gesicht ihrer Freundin trat ein nachdenklicher Ausdruck. Nachdem sie ihre Tasse hingestellt hatte, wandte sie sich wieder Ariadne zu. »Was diesen Unterricht betrifft, gibt es etwas, das ich unbedingt wissen muss. Hast du wirklich gesagt, dass du beabsichtigst, deine auf diese Weise erworbenen Fertigkeiten dazu zu benutzen, Rache zu üben? Wenn ich geahnt hätte, dass du einen solchen Plan hast, hätte ich dir Monsieur Blackford nie vorgestellt. Bitte sag, dass er das, was du ihm mitgeteilt hast, falsch verstanden hat.«
Es ging Ariadne gegen den Strich zu lügen. Gleichwohl war es unmöglich, Maurelle ins Vertrauen zu ziehen. Sie würde sofort begreifen, aut wen Ariadne es abgesehen hatte, und würde mit Sicherheit alles daransetzen, um sie von ihrem Plan abzubringen. Ariadne versuchte, verblüfft dreinzublicken. »Das muss er ja wohl, nicht wahr? «
Maurelle sah sie eindringlich an, kam jedoch nicht mehr dazu, weitere Fragen zu stellen, weil in der Galerie jenseits der Salontür Schritte und Stimmen laut wurden. Kurz darauf führte Solon eine Dame ins Zimmer.
»Madame Savoie«, verkündete er.
Die Besucherin war eine monumentale Erscheinung, ein Eindruck, der durch ihren weiten, über den Teppich schleifenden lavendelfarbenen Samtumhang noch gesteigert wurde. Ihr Kopf wurde von einem riesigen Hut aus purpurrotem Filz gekrönt, dessen Krempe vorn hochgeschlagen war und auf dem eine lavendelfarbene Feder wippte, während ihr Haar so aufgetürmt war, dass es wie ein Helm aus poliertem Kupfer wirkte. Auf ihrer Schulter krallte sich ein grün-gelber Papagei fest, der durchdringende Pfiffe ausstieß. Nachdem sie ihr Ubergewand in Solons wartende Arme geworfen hatte, trat ein lavendelfarbenes Samtkleid mit spitzenbesetztem Mieder zutage, das ihr prächtiger Busen fast zu sprengen drohte. Um den Hals trug sie eine Kette aus Amethysten und Diamanten, die, obwohl sie so groß waren, dass sie eigentlich nur Strass sein konnten, erstaunlich echt aussahen. Ihre Nase war äußerst gebieterisch, die Form ihres Kinns und ihrer Wangenknochen hatte etwas Majestätisches, und ihre Stimme besaß ein derartiges Volumen, dass sie die Porzellangegenstände auf dem Kaminsims zum Klirren brachte und von der hohen Decke des Salons widerhallte.
»Schokolade, chere Maurelle, um Gottes willen«, bat sie. »Sobald ich Schokolade rieche, muss ich unverzüglich welche haben. Meine Zimmerwirtin ist zwar eine treffliche Frau, aber bei ihr gibt es nur Kaffee, so dass ich mich förmlich nach diesem süßen Lebenselixier, diesem göttlichen Nektar verzehre — oh, geben Sie mir bitte Schokolade!«
»Sofort.« Maurelle erhob sich, umarmte die Besucherin und goss ihr anschließend eine Tasse Schokolade ein. »Ariadne, gestatte mir, dir eine Diva von außerordentlichem Talent vorzustellen, die als Sängerin am Theatre d'Orleans auftreten wird. Zoe, das ist eine weitere von meinen guten Freundinnen, Ariadne Faucher. Setzt euch beide hin, trinkt eure Schokolade und lasst uns miteinander plaudern.«
Maurelle nahm neben Ariadne auf dem Sofa Platz, um Madame Savoie den Sessel zu überlassen, in dem sie bisher gesessen hatte. Madame Zoe fiel unverzüglich über die Baisers her, während sie und Maurelle die neuesten Skandale und Querelen im Theater durchhechelten und sich darüber
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