Kampf für Freiheit
überlegte, desto klarer wurde ihm, dass sie ein ziemlich gegensätzliches Paar waren. Er verspürte ein Jucken auf dem Rücken, auf dem linken Schulterblatt, und fasste nach hinten, um sich zu kratzen. Seine Fingerspitzen wanderten über die seltsam geformte Narbe, die dort war, seit er sich erinnern konnte. Er grub leicht die Fingernägel hinein und kratzte, bis das Jucken verschwunden war.
Er wälzte sich auf den Rücken und starrte durch die Dunkelheit zu den Deckenbalken hinauf. Von nun an würde er jede freie Stunde damit verbringen, Zerberus abzurichten, beschloss er. Wenn diese Männer zurückkamen, dann war es nach allem, was seine Mutter gesagt hatte, keineswegs gewiss, dass sein Vater sie noch einmal besiegen würde. Er würde ihm zur Seite stehen müssen. Er war nun groß genug, um mit einem Beil oder einem der leichten Jagdspeere seines Vaters umzugehen. Und Zerberus würde bei ihm sein. Marcus lächelte ein wenig bei dem Gedanken und fühlte sich sicherer, wenn er daran dachte, dass Zerberus sie alle beschützen würde. Dann fiel er in einen unruhigen Schlaf, in dem ihn verschwommene Bilder von dunklen Gestalten verfolgten, die sich im Schutz der Nacht zum Bauernhof hinaufschlichen.
Am nächsten Morgen war es heiß. Der Himmel war so dunstig, dass die Berge, die gegenüber von Lefkada auf der anderen Seite der schmalen Meerenge auf dem Festland lagen, völlig unsichtbar waren. Es war windstill, und abgesehen vom rhythmischen Zirpen der Zikaden war alles ruhig. Hunderte von Krähen flogen in großen Schwärmen von einem Hain zum nächsten, wie große, wirbelnde schwarze Tücher.
»Es wird Regen geben«, meinte Aristides und blinzelte in den Himmel. »Ich kann es spüren.«
Marcus nickte. Er hatte Aristides geholfen, zehn der jüngeren Ziegen auszusuchen, die auf dem Markt in Nydri verkauft werden sollten. Das war nicht leicht gewesen, denn die Tiere waren aus irgendeinem Grund ungebärdig gewesen, und die beiden hatten sich sehr vorsichtig bewegen müssen, um die Zicklein nicht zu erschrecken.
Doch wenn man ihnen einmal die Seilschlinge um den Hals gelegt hatte, konnte man sie ziemlich mühelos zu den anderen führen, die in einem Pferch ein wenig abseits des Bauernhofes warteten.
Gerade eben hatten sie die letzte Ziege eingefangen und ruhten sich nun im Schatten eines Olivenhains aus.
»Zerberus braucht jetzt bald einen Spaziergang«, fuhr Aristides fort. »Er war schon den ganzen Morgen in der Scheune eingesperrt.«
Marcus nickte. Er hatte dafür gesorgt, dass der Hund nicht im Weg war, während sie die Ziegen zusammentrieben. »Das mache ich gleich.«
Er schaute den Hang hinunter. Etwa eine Meile entfernt lagen die zusammengedrängten roten Dächer und weißen Mauern von Nydri am Meer. Das Wasser glänzte heute metallisch blau und hatte hellere und dunklere Flecken, dort, wo eine leichte Brise die Oberfläche kräuselte. Marcus wischte sich eine Schweißperle von der Stirn.
»Hier ist es wunderschön, nicht?«
Aristides schaute ihn überrascht an. »Oh, ja, ich denke schon.«
»Manchmal meine ich, dass ich immer hier leben möchte. Auf dem Bauernhof, mit meiner Familie. Und dazu gehörst auch du, Aristides.«
Der alte Mann lächelte. »Das ist nett, dass du das sagst. Aber in ein paar Jahren bist du ein junger Mann und wirst ganz wild darauf sein, von zu Hause fortzugehen und dir die Welt anzuschauen. Hast du dir überlegt, was du einmal machen möchtest?«
Marcus nickte wieder. »Ich würde gern Tiere abrichten, so wie du.«
Aristides lachte leise. »Ich bin nur ein Sklave, Marcus. Mein Leben lang war ich das Eigentum anderer Männer und hatte niemals die Gelegenheit, das zu tun, was ich wollte, oder dahin zu gehen, wohin ich wollte. Sie konnten mich behandeln, wie es ihnen gefiel. Nicht alle Herren sind so freundlich und gerecht wie dein Vater. Glaube mir. Sklave willst du bestimmt nicht werden.«
»Wahrscheinlich nicht.« Marcus starrte noch eine Weile auf das Meer hinaus. »Vater möchte, dass ich Soldat werde. Er meinte, er hätte noch Einfluss bei General Pompeius und könnte es schaffen, dass ich in eine Legion aufgenommen werde. Wenn ich ein guter Soldat werde und meinen Mut beweise, dann könnte ich Zenturio werden wie er.«
»Ich verstehe.« Aristides nickte. »Und möchtest du das?«
»Ich glaube schon. Er hat mir viele Geschichten über seine Jahre in der Legion erzählt. Ich wäre stolz, wenn ich so sein könnte wie er. Und er wäre stolz auf mich.«
»Ja, das kann ich
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