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Kanak Sprak: 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft

Kanak Sprak: 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft

Titel: Kanak Sprak: 24 Mißtöne vom Rande der Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Feridun Zaimoglu
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lernst, wie sich’n oller jäger das gelände zu eignem gebiet macht, wie er das opfer leise und geschickt umkreist, und denn nur auf den abzug drückt, wenn du also die jäger- und mördertarife im kopp hast, hast du ne maximale überlebenschance. Die schwachen erwischen ne lebenslange pechsträhne oder gehen in rente, die starken zocken orntlich was ab und führen ’n prächtiges leben. Man muß eiserne regeln befolgen, die halbe härte bringts nicht. Kleine trophäen läßt man links liegen, überläßt sie den luschen, geht weiter auf das fette wild zu, und hält sich an den menschenverstand, der dir schon die richtigen instinkte eingibt. Gott der erhabene läßt die ollen gaben wie wachteln rumschwirren, aber das gefieder schwirrt dir nicht freiwillig ins offene maul, nee, bruder, da mußt du schon packen und schnappen, und nicht zur ruhe kommen, bis der letzte bissen vertilgt ist. Ich leb in der stadt und hab ne menge gedanken da im obergeschoß, ich hab soviel niedertracht mitangesehen und danebengestanden, so väter, die ihr eigen fleisch und blut auf’n strich schicken, oder brüder, die dir für’n bißchen vorteil in den rücken fallen, lauter solche sachen eben, wo ich lieber hätte mich in irgendnen loch verdrücken wollen, doch ich mußt es zulassen, weil ich nicht in der position war, dazwischenzutreten und der sünde eins reinwürgen. Ich habe gesehen, daß, solange du schwach und armselig und ohne macht lebst, dir jeder, der mal vorbeischaut, in den mageren arsch treten kann, oder dir am laufenden band das herz bricht, und du stehst da wie ne gottverdammte pappfigur, oder ne billige bunkernutte, der die seele rausgevögelt wird. Du denkst, es kann nicht schlimmer kommen, aber es kommt schlimmer und immer schlimmer, und am ende gibst du dir selbst die kante, erlöst dich mit ner letzten mickrigen tat, mit der du allen imponieren willst, und von wegen, daß sie dich in guter erinnerung haben. Aber tatsächlich ist es denn so, als würde ’n lauer luftzug durch ne baumkrone streichen, und wenn’s hoch kommt, rüttelt es heftiger an nem ast, der schon mal die olle bindung zum stamm aufgibt und im kurzen freien fall runterkachelt. Für’s bessere später oder für den sicheren morgen rauft sich schon manch einer zusammen, in dessen kopf der pralle plan tickt und tickt und tickt, aber aus’m elend schält sich schwaches fleisch selten aus, und wenn, wie gesagt, für den hechtsprung des lemmings von der felskante ins weite, arschkalte meer, wo mit schlimmem ächz du wasser schluckst, bis die vollen lungen platzen. Ich frag mich, wie nur könnt ich erlösung finden und wie gottgefüllte nische beziehen, ich frag mich, wie könnt ich mich retten vor dem angriff des widersachers, der dich heimsucht in der nacht und an den scheiben kratzt, ich frag mich, wie kann ich mich hochhangeln an nen ort, wo’s nicht so messerscharf zugeht, ich frag mich, wo ist die milde hand, die sich in meine hand vergräbt, ich frag mich, wo ist die frau, mit der gut kirschen essen ist, an deren weiche haut sich schmiegen läßt, ich frag mich, wann ich das olle zähnefletschen endlich lassen kann, weil ich doch nicht aus’m tierreich bin, und meine ruhe haben will im menschenreich. Und, bruder, ich glaube, wer antwort weiß auf all die fragen, der ist wahrlich ein gottverdammter weiser.

Erbarmen is’s wahre Vitamin
Fikret, 25, arbeitslos
    So’n heikler unterschied muß echt schon aufs biegen und brechen ins verständnis rasten, und’s verstehn gibt’s nicht, wo du man am fenster stehst und anner gardine rüttelst, und du siehst denn mensch und allerlei geschöpfarten ihren tagtäglichen weg zeichnen, und du ziehst dich zurück, weil du dich so nem pfiffigen ekel ergeben, und groß gefallen gefunden hast, inner privatbarackigen bleibe theorie zu machen mit’m oberewigen schwanz dran. Was anderes als du kann ja man nicht praktisch vorgehn, und für dich ’n erlebnis zaubern und dir zuwerfen, als wär’s ’n zauberball, nee, bruder, dem fakt seine natur is, daß er stramm beschaffen is, und niemandem zu gefallen wird er ’n weichbild abgeben, oder aus’m vorsatz, daß da einer mit ner niedrigen schwelle doch um ne milde annäherung bettelt, von seiner natur was hinausschmeißen, wie plunder aus’m haus rausfliegt. Wenn

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