Kann es wirklich Liebe sein
hole sie. Ihr werdet schon sehen.“
Die Mädchen hinter ihr schnappten erschrocken nach Luft und sogar Hiram wirkte ein bisschen unsicher, was Merediths Entschluss nur weiter festigte. Sie marschierte auf die Bäume zu, wandte sich noch ein letztes Mal zu den staunenden Ellisjungs um und flitzte dann in die Richtung, in der ihre Brotdose verschwunden war. Ihre Schuhe knirschten auf getrockneten Piniennadeln und Ästen, während sie rannte, ihr Atem klang laut in ihren Ohren, als sie die kleine Anhöhe hinauflief.
Oben angekommen, blieb sie japsend stehen und hielt sich die Seite, um sich dann nach ihrer Brotdose umzuschauen. Zu ihrer Linken glänzte etwas im Sonnenschein. Meredith lächelte und beeilte sich wieder. Das ist doch gar nicht so schlimm.
Ihre Finger schlossen sich um den Griff der zerbeulten Box, doch als sie sich umwandte, um zurückzugehen, versperrte ihr der Hügel die Sicht auf die Straße. Plötzlich fühlte sie sich einsam, während die Geräusche des Waldes um sie herum erklangen. Sie biss sich auf die Unterlippe. Rechts von ihr knackte ein Ast. Links raschelte es. Dann hörte sie in der Ferne plötzlich Hundegebell.
Die Archerhunde!
Meredith floh und kraxelte hektisch den Hügel hinauf. Doch der sandige Boden gab nach. Ihre Füße verloren den Halt. Sie versuchte, sich mit den Händen festzuklammern. Keine Chance.
Wieder erklang ein Bellen. Diesmal näher.
Meredith wandte sich von dem Hügel ab und rannte nur noch vor dem Gebell davon. Schließlich erreichte sie eine Stelle, die nicht mehr so steil war und von der aus sie die Pinien sehen konnte, die nahe bei der Straße standen. Schnell flitzte sie durch die Bäume hindurch in Richtung der rettenden Grenze.
Als sie aufblickte, um zu sehen, wie nahe sie schon an der Straße war, trat ihr rechter Fuß plötzlich auf etwas Metallisches. Ein lautes Klacken erklang, stählerne Zähne schnappten nach ihrem Bein und schlossen sich um ihren Unterschenkel.
* * *
„Gutes Mädchen, meine Sadie.“ Travis Archer beugte seinen drahtigen jugendlichen Körper hinab und streichelte den fast ausgewachsenen Hund. „Vielleicht erziehen wir dich doch noch zu einem Jagdhund.“
Sie bellte immer noch zu viel, wenn sie aufgeregt war, und verscheuchte damit das Wild, doch immerhin konnte sie schon erfolgreich anzeigen, wenn sie ein Tier gewittert hatte, und darauf war Travis stolz.
„Lass es uns noch einmal versuchen, Mädchen. Vielleicht finden wir doch noch eine hübsche Beute. Jim hat keine Lust mehr, immer nur Eichhörnchen –“
Ein schrecklicher Schrei unterbrach Travis und sorgte dafür, dass sich die Haare an seinen Armen aufstellten. Seit seine Mutter bei der Geburt seines Bruders Neill gestorben war, hatte er nicht mehr so einen gequälten Laut gehört.
Sadie bellte und schnellte wie eine Kugel davon. Travis rief ihr nach, doch die Hündin ignorierte seinen Befehl und schoss in Richtung Westen – auf die Straße zu. Mit geschultertem Gewehr rannte er hinter ihr her. Wenn eine neuerliche Bedrohung auf seinem Land angekommen wäre, würde er alles dafür tun, seine Brüder zu beschützen.
Das Bellen verschärfte sich und es klang, als wäre Sadie stehen geblieben. Travis verlangsamte seine Schritte und legte das Gewehr an. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich ein rücksichtsloser Kerl sein Land unter den Nagel reißen wollte, weil er dachte, dass vier Jungen keine ernst zu nehmenden Gegner wären. Er war noch nicht erwachsen, aber er war Manns genug, das zu verteidigen, was ihm gehörte. Niemand würde ihn und seine Brüder von hier vertreiben. Niemand.
Travis schlängelte sich durch die Bäume und sah Sadies schwarzes Fell. Er kannte den Ort. Hier hatte er, neben einigen anderen Stellen, Kojotenfallen aufgebaut. Er hatte sogar Warnschilder aufgestellt, aber es gab immer Idioten, die sich über alle möglichen Dinge hinwegsetzen mussten. Travis stählte sich gegen eventuell aufkeimendes Mitleid und legte den Finger auf den Abzug, während er den letzten Baum zwischen sich und seinem Ziel umrundete.
„Die Hände dorthin, wo ich sie sehen kann, Mister, oder ich verpasse Ihnen eine …“ Die Drohung erstarb auf seinen Lippen.
Ein Mädchen?
Entsetzen durchflutete ihn und er lockerte den Griff um die Waffe. Der Lauf tippte auf den Boden.
„B-bitte nicht schießen. B-b-bitte.“ Das Mädchen richtete ihre wasserblauen Augen auf ihn. „Ich w-wollte nichts B-B-Böses.“ Ihr tränenverschmiertes Gesicht ließ Schuldgefühle in ihm
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