Kann ich gleich zurueckrufen
würde. Ich empfinde wenig Verbundenheit mit meinen fleckigen Armaturen oder meinem sandigen Parkettboden, auch wenn ich sehr gern in meiner Wohnung lebe. Ich meine auch nicht, dass ich es besser könnte, das Putzen – selbst wenn ich die kritischen Stellen besser kenne als eine, die nur einmal pro Woche für zwei Stunden da ist und nicht immer, so wie ich.
Mir ist die Verbundenheit mit meinem Kind wichtiger als die Verbundenheit mit meiner Wohnung. Ich hole meinen Kleinen erst am Nachmittag vom Kindergarten ab. Oft gehen wir dann zum Spielplatz, je nach Jahreszeit zum Schlittenhügel oder ins Schwimmbad. Jeden Montag gehe ich mit ihm zum Turnen. Wir machen Besuche oder setzen uns an den Fluss und werfen Steine ins Wasser. Gegen sieben gibt’s Abendessen, bei dem mein Mann leider nicht immer dabei ist. Danach spielen wir noch, schauen Bücher an oder hören Musik. Oder der Kleine geht in die Badewanne. Wenn er schläft, ist es meistens schon nach acht. Zu spät, um noch Böden zu wischen oder Fenster zu putzen. Und den Samstag zum Putztag zu machen, das widerstrebt mir auch. Ist das Wochenende doch sowieso schon so voll mit Verabredungen, Ausflügen oder Großeinkaufsplänen.
Es gibt also viele Gründe, die dafür sprechen, dass ich eine Putzfrau beschäftige. Und trotzdem habe ich ein schlechtes Gewissen. 1
Weil es mir wie ein Systemfehler vorkommt: Für all das, was ich aufgrund meiner Berufstätigkeit nicht mehr machen kann – mein Kind betreuen, das Bad putzen, Blusen bügeln, die Steuererklärung machen –, beschäftige ich jemanden. Und bezahle mit dem Geld, das ich mit meiner Berufstätigkeit verdiene. Nicht mein ganzes Gehalt investiere ich in Putzfrau und Kindergarten. Aber doch einen großen Teil davon.
Kurz vor sieben kommt mein Mann heim – er kommt immer kurz vor sieben, wenn es keinen Stau gibt. Seine Arbeitszeit endet um sechs, mit dem Auto braucht er etwa fünfundvierzig Minuten nach Hause.
»Papa! Ich bin im Bad«, ruft der Kleine, als er meinen Mann an der Tür hört, und ich freue mich auch. Mein Mann kommt zu uns ins Bad und geht dann in die Küche. Er wärmt die Suppe auf. Und fragt auch nach Würstchen. »Die Ente sagt, ich soll Suppe essen«, erklärt mein Sohn.
Ich hebe ihn aus der Badewanne und trockne ihn ab. Wir gehen in die Küche, wo mein Mann am Tisch sitzt und Zeitung liest. Zu dritt essen wir die Suppe, und statt Würstchen tunken wir geröstetes Brot ein. Unser Sohn legt als Erster den Löffel zur Seite und steht auf. Er schiebt ein Auto auf dem Küchenboden herum und gähnt.
»Hast du das gelesen?«, fragt mein Mann. »Die Frau, die ihren Arbeitgeber verklagt hat, weil er sie nicht befördert hat: Sie hat den Prozess gewonnen.« ** Er legt mir die Zeitung hin, nimmt unser Kind auf den Arm und geht mit ihm aus der Küche. Ich höre sie im Wohnzimmer, sie werfen sich einen Ball zu. Und lachen dabei laut. Ich sehe auf die Uhr, 19:20 Uhr. Ich nehme die Zeitung und beginne zu lesen.
Eine Juristin hat einen Prozess gegen einen großen Konzern gewonnen, der eine offene Stelle in der Personaldirektion nicht ausgeschrieben, sondern einfach mit einem Mann besetzt hat. Mithilfe einer statistischen Rechnung hat sie nachgewiesen, dass das kein Zufall war. Sie wurde als Abteilungsleiterin übergangen, obwohl sie die Qualifikationen einer Personaldirektorin vorweisen kann.
Eigentlich habe ich gerade Feierabend, wenigstens vom Büro. Aber jetzt denke ich zwangsläufig daran, dass auch ich in den letzten Jahren nicht befördert worden bin. Ich kann mir noch nicht mal vorstellen, dass es in den nächsten zehn Jahren geschieht. Weil ich schlecht verhandelt habe.
Kurz vor dem Ende meiner Elternzeit hatte ich einen Termin mit meinem Vorgesetzten vereinbart. Ich wollte alle Punkte, von der exakten Arbeitszeit über meine Gehaltsvorstellungen bis zu den zehn Krankheitstagen 2 , die mir zustehen, wenn mein Kind krank wird, durchgehen. Und natürlich wollte ich auch meine Perspektiven besprechen. Bevor ich Mutter geworden bin, habe ich die externen und internen Präsentationen unserer Abteilung eigenverantwortlich betreut. Ich habe ein kleines Budget für Grafik, Webdesign und Bildmaterial verwaltet und konnte aus einem Pool freier Mitarbeiter auswählen, wenn ich bei einzelnen Projekten Unterstützung benötigte. Eine Beförderung, mehr Verantwortung und eine Gehaltserhöhung hätten mir schon vor der Elternzeit zugestanden. Doch als ich dem Vorgesetzten von meiner Schwangerschaft erzählte,
Weitere Kostenlose Bücher