Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
Aber es regnete noch immer, und der Wind ließ Tropfen an die Scheiben klatschen. Die Lichter der Stadt funkelten in der Dunkelheit, unbeeindruckt vom Wetter. Elisabeths Wohnung befand sich in einem großen, schmucklosen Block mit individuellen Segmenten. Der Blick aus dem fünfzehnten Stock ging auf der einen Seite übers Delta und auf der anderen über das ausgedehnte Bidonville. Eklund war nicht zum ersten Mal hier, aber er kam so selten her, dass er sich ein wenig fehl am Platz fühlte. Vielleicht war die Umgebung zu… persönlich.
    Elisabeth trat an seine Seite und blickte ebenfalls hinaus. Einige Sekunden lang schwieg die Ärztin, dann fragte sie: »Bist du ihm begegnet?«
    »Wem?«
    »Dem Ermittler.«
    Eklund richtete einen fragenden Blick auf Elisabeth.
    »Ein gewisser Lutor, Sonderbeauftragter des Globaldirektors Lukert Turannen«, sagte Elisabeth. »Er stellt Ermittlungen an. Er hat nach Raimon gefragt und dann die Nachricht von einem zweiten Mord in der Zitadelle erhalten. Der Hirte soll umgebracht worden sein. Stimmt das?«
    Eklund sah wieder nach draußen und nickte erneut.
    »Lutor wies darauf hin, dass man dich in der Nähe des Tatorts gesehen hat.«
    Elisabeth wartete. Als Eklunds Schweigen andauerte, fragte sie sanft. »Was geht hier vor?«
    »Das würde ich selbst gern wissen.« Bruder Eklund wandte sich vom Fenster ab und begann mit einer Wanderung durch das einfach eingerichtete Wohnzimmer – Elisabeth legte wie er keinen großen Wert auf materielle Dinge. Er versuchte, seine Gedanken zu sammeln, während er langsam einen Fuß vor den anderen setzte. »Mit dem Jungen stimmt etwas nicht«, sagte er schließlich. Elisabeth stand weiterhin am Fenster, hörte stumm und aufmerksam zu. »Er ist ein Selbstheiler, davon bin ich inzwischen überzeugt, aber es gibt auch etwas… Dunkles in ihm.«
    Er legte eine Pause ein und überlegte, suchte nach den richtigen Worten, während Elisabeth geduldig wartete. Eklund schilderte die seltsamen Veränderungen, die er in Raimons Gesicht beobachtet hatte, die Ausflüge ins Elysium, die zahllosen Identitäten, die im Selbst des Jungen schlummerten. »Vielleicht handelt es sich um einen Fall von multipler Persönlichkeit. Ich dachte… ich dachte, du könntest vielleicht helfen. Deshalb habe ich mit Raimon die Zitadelle verlassen. Du warst nicht im Hospital, und so…«
    Elisabeth stellte die zentrale Frage. »Glaubst du, dass Raimon Xalon und Conrad umgebracht hat?«
    »Nein«, sagte Eklund sofort, aber dann zögerte er, als Zweifel an seiner Gewissheit nagte, grässlicher, abscheulicher Zweifel. »Xalon war ein Neuer Mensch, geboren auf Durant, einem Planeten mit doppelter Normschwerkraft. Wie hätte Raimon einen so kräftigen Menschen umbringen sollen? Und der Hirte…« Eklund zuckte mit den Schultern.
    »Xalon scheint regelrecht explodiert zu sein.« Er beschrieb, wie er Conrad aufgefunden hatte. »Wie hätte Raimon so etwas anstellen sollen?«
    »Du hast gesagt, dass er verschwunden war, als Xalon starb.«
    »Ja.«
    »Hast du Raimon gefragt, wo er gewesen ist? Immerhin kann er jetzt sprechen und Auskunft geben.«
    »Ich habe ihn gefragt, ja. Aber er hat nur gesagt, dass es wehtut. Die vielen Stimmen in seinem Kopf… Sie bereiten ihm Schmerzen.«
    Elisabeth seufzte. »Was hältst du von einer Tasse Aromakaffee?«
    »Eine ganze Menge«, sagte Eklund dankbar. Er nahm Platz, während Elisabeth in der Küche die Syntho-Maschine programmierte. Kurze Zeit später kehrte sie mit einem kleinen Tablett zurück, auf dem zwei Tassen standen. Eine reichte sie Eklund.
    Er trank einen Schluck, lauschte kurz dem Pochen der Regentropfen und sagte dann: »Das ist noch nicht alles. Ich glaube, ich habe einen… heiligen Auftrag erhalten. Die Weltseele hat mich zu dem Jungen geführt, damit ich ihn beschütze.«
    Elisabeth sank in den Sessel auf der anderen Seite des Tisches und seufzte, tiefer als zuvor.
    »Ich weiß, wie du darüber denkst«, fügte Eklund schnell hinzu und sah in die dunkle, dampfende Flüssigkeit, die seine Tasse füllte. Dann hob er den Kopf und begegnete Elisabeths Blick. »Ich habe meine Steine genommen und sie im Schrein geworfen. Ihre Muster…«
    »Es sind nur bunte Steine, Eklund, weiter nichts«, sagte Elisabeth sanft.
    »Ich weiß. Ja, ich weiß. Aber wenn ich sie werfe und ihre Muster betrachte, höre ich manchmal die Stimme der Weltseele.«
    »Dein Glaube in allen Ehren…«
    »Ich muss den Jungen schützen«, sagte Eklund und nahm dabei eine

Weitere Kostenlose Bücher