Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
seines Selbst konnte die Aufmerksamkeit der Zeitwächter auf Munghar wecken, und wenn sie Alarm schlugen, drohte ein Scheitern des ganzen Projekts. Er wagte es nicht zu versuchen, die Ereignismuster in der Zukunft noch stärker zu beeinflussen. Aber Valdorian war noch weit von Kerberos entfernt, und selbst wenn er in der Lage gewesen wäre, sofort auf jenem Planeten aktiv zu werden: Bestimmte Geschehnisse zeichneten sich durch ein gewisses Trägheitsmoment aus und führten erst dann zu Resultaten, wenn sie genug Entwicklungsenergie gewonnen hatten. Auch unter den günstigsten Umständen dauerte es noch eine Weile, bis der Keim aufbrechen konnte, und wenn er dann sofort in die Vergangenheit sprang… In Agorax erzitterte etwas, als seine Gedanken ein Paradoxon berührten, über das er nicht zum ersten Mal nachdachte. Hatte der Keim nicht die Möglichkeit, an jede beliebige Stelle in der Zeit zu springen? Die Antwort lautete: Ja, vorausgesetzt natürlich, er stieß auf keine Hindernisse, etwa in Form von temporalen Schranken, die wie die Strudel von den Kantaki und Feyn stammten.
    Das bedeutete, dass der Keim auch jetzt erscheinen konnte, wenn das Projekt in der fernen Zukunft zu einem Erfolg führte. Er hätte bereits erscheinen können. Doch er war noch nicht gekommen, und manchmal fragte sich Agorax, ob daraus der Schluss gezogen werden musste, dass sein Projekt letztendlich mit einem Misserfolg endete. Alles in ihm wehrte sich dagegen, so etwas in Betracht zu ziehen.
    Aufbruch! Aufbruch!, riefen die Stimmen aus Äon, und Agorax drehte sich im Beobachtungstunnel, blickte zurück zur großen Wabenstadt im Zentrum des Null. Gergurrak weist uns den Weg!
    »Wenn die Zeitflotte jetzt aufbricht, sind wir alle verloren«, hauchte Agorax entsetzt.
    Über Äon blitzte etwas auf. Eine Spirale stieg empor, ein Transferer ganz besonderer Art – man hatte sie früher, während des Zeitkriegs, für kurze Flüge durch den zentralen Zeitstrom benutzt. Und jetzt hielt jemand damit auf den Schild zu.
    Agorax hörte eine geistige Stimme, die alle anderen im mentalen Äther übertönte. Ich werde euch zeigen, dass der Weg nicht sicher ist.
    Pergamon!
    Agorax erstarrte, als er begriff, was der Säkulare plante. Er wollte sich selbst opfern, um die Eternen zur Vernunft zu bringen und den fatalen Aufbruch der Zeitflotte zu verhindern.
    Der Suggestor beobachtete, wie der Transferer zu einer bestimmten Stelle des Schilds glitt, vermutlich zu dem Riss, den Gergurrak in seiner von Ehrgeiz und falschem Optimismus bestimmten Vermessenheit für »sicher« hielt. Pergamon passierte ihn tatsächlich und erreichte das Wabern jenseits des Schilds, und für einen Augenblick regte sich wider besseren Wissens Hoffnung in Agorax. Hatte er sich geirrt? War es Gergurrak gelungen, tatsächlich einen sicheren Weg zu entdecken?
    Er war noch immer mit den Beobachtungsgeräten eines Observanten verbunden, und bestimmt benutzten viele Eterne in Äon ebenfalls solche Geräte. Sie alle sahen, wie das Schreckliche geschah: Dem ersten temporalen Strudel wich der Transferer aus, aber dann führte ihn sein Kurs zu dicht an den nächsten heran.
    Destruktives Licht gleißte, zerstörte die Spirale des Transferers und löschte das Leben eines Unsterblichen aus.
    Der Schock bewirkte völlige Stille im Null. Nichts bewegte sich; nichts flüsterte und raunte mehr.
    Agorax richtete sich auf. »Habt ihr nun genug?«, rief er, und seine Stimme hallte weit durch die Stille. »Euer Wahn hat einen Säkularen in den Tod getrieben! Er hat sich geopfert, damit ihr euren Irrtum erkennt und am Leben bleibt!«
    Er wollte noch etwas hinzufügen, aber eine Veränderung hinderte ihn daran. Etwas in ihm… wuchs, und etwas anderes verschwand. Er blickte auf den Zirkelring, den Pergamon ihm geschenkt hatte, und mit plötzlicher Klarheit begriff er das ganze Ausmaß von Pergamons Plan. Sein Tod war erst der Anfang…
     

 
     
ZWEI
     
FRAGMENTE
     

14 Labyrinthe
     
Kerberos
16. April SN
15:07 Uhr
     
    Von der künstlichen Insel am westlichen Rand des Deltas aus flog der Levitatorwagen über die Stadt, in einem der oberen Verkehrskorridore. Das Licht der Sonne Hades glitzerte auf den braunen Fluten des breiten Acheron, und Hitze ließ die Luft über der Stadt flirren. Der Mann auf dem Passagiersitz blickte aus dem Fenster und nahm alle Eindrücke in sich auf.
    »Der Direktor lässt Ihnen ausrichten, dass er es bedauert, Sie nicht selbst abholen zu können«, sagte der Pilot, der die

Weitere Kostenlose Bücher