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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Fäden ging ein Sog aus, wie von einem Magnetfeld, das Eisen anzog, und nach einigen seltsam langen Momenten begriff er: Er fühlte eine Art mentale Gravitation, erzeugt vom Selbst der Valdorian-Äquivalente in den zahllosen Realitäten der Gespinste. Vertraute Gedankenmuster, die sich gegenseitig anzogen …
    Ich brauche mehr Kraft für die Suche, sagte er.
    Was sind das für Gedanken?, fragte Olkin erneut, während ein Teil der Omnivor-Energie Valdorian entgegenfloss und dessen Vermutungen bestätigte: Hier draußen – wo auch immer hier draußen war – hatte Olkin nicht den gleichen dominierenden Einfluss auf ihn wie innerhalb des Omnivors.
    Als der servile Valdorian die Kraft empfing, die er für die Suche nach dem »Zentrum des Widerstands« verwenden sollte, hielt der freie Rest den richtigen Zeitpunkt für gekommen und zögerte nicht länger: Er nutzte diese Energie, um sein Selbst in eines der Gespinste zu schleudern, so weit wie möglich fort von der dunklen Präsenz des Omnivors. Etwas versuchte ihn zurückzuziehen, aber er hielt sich an dem ersten blau schimmernden Faden fest, den er finden konnte, suchte nach einer Öffnung, um hineinzukriechen …
     
     
Indigo
     
    Der Wechsel erfolgte abrupt, ohne eine Phase des Übergangs. Plötzlich befand er sich im Inneren des Fadens, im Weltraum zwischen Sternen, umgeben von Vakuum und Kälte. Valdorian riss die Augen auf, die zu gefrieren begannen, spürte, wie sich sein Körper aufblähte …
    Fort von hier!, dachte er, und die Raum-Zeit-Koordinaten seines Aufenthaltsortes änderten sich. Er stand auf dem eisverkrusteten Gipfel eines Berges, blickte auf eine namenlose Welt hinab, und wieder war es kalt, wenn auch nicht annähernd so kalt wie vorher.
    Falsch, falsch!
    Dutzende von Welten huschten an ihm vorbei, als ein unkontrollierter Transfer auf den anderen folgte. Valdorian befürchtete, im Inneren einer Sonne zu erscheinen und sofort zu verbrennen, oder am Grund eines Ozeans, dessen Wassermassen ihn innerhalb eines Sekundenbruchteils zerquetschten. Er versuchte, die Sprünge durch dieses Universum zu kontrollieren, und dabei spürte er wieder jene sonderbare geistige Anziehungskraft, die er im Gespinst gefühlt hatte und die von einem anderen Valdorian in dieser Realität ausging. Er konzentrierte sich auf sie, um sich von ihr den Weg weisen zu lassen …
    Die Omnivor-Energie, die ihn in den Faden getragen hatte, verflüchtigte sich bei einem letzten Transfer, der Valdorian in ein stilles, halbdunkles Zimmer brachte. Völlig nackt stand er vor einem Spiegel und sah sich im matten Schein einiger Orientierungslichter. Der Spiegel zeigte ihm keinen hundertsiebenundvierzig Jahre alten Greis, den nur noch wenige Sekunden vom Tod getrennt hatten, sondern einen um mindestens hundert Jahre jüngeren Valdorian, schlank, voller Kraft und Vitalität. In dem Gesicht dieses Mannes deutete nichts auf das Entsetzen hin, das ihn im Inneren des Omnivors begleitet hatte, und die Schatten dunkler Erinnerungen wichen von seinen Zügen, als er lächelte.
    »Ich bin frei«, hauchte er. Sein Blick huschte durch die dunklen Ecken des Zimmers, auf der Suche nach einem kleinen, buckligen Hominiden, dessen Stimme Macht über ihn hatte, aber nirgends glitzerten große grünbraune Augen.
    Erst dann stellte er fest, dass er das Zimmer kannte. Der Spiegel, die aus echtem Holz bestehende Vitrine an der einen Wand, daneben ein schlichter Schreibtisch mit einem kleinen Datenservo, mit den größeren Datenservi im Arbeitsbereich der Villa verbunden, das Fenster …
    Valdorian trat näher und sah hinaus in die Nacht. Die Lichter von Bellavista leuchteten unten am Fuß des Hügels, und jenseits davon erstreckte sich das Scharlachrote Meer. Tintiran, die Levitatorvilla am Hügelhang … Er wandte sich dem Datenservo zu, bemerkte das Glühen des Bereitschaftsindikators und sagte: »Aktivierung.«
    Über dem kleinen Gerät öffnete sich ein pseudoreales Informationsfenster. »Nennen Sie Ihren Berechtigungskode.«
    Valdorian holte tief Luft. Jetzt würde sich gleich herausstellen, wie sehr diese Welt jener in seiner Erinnerung ähnelte. Er nannte den Kode, mit dem er damals, in einem anderen Leben, seine Daten geschützt hatte.
    »Bereitschaft«, erklang unmittelbar darauf die artifizielle Stimme des Datenservos, der damit die Validität des Kodes bestätigte.
    Valdorian seufzte innerlich. »Nenn mir Zeit und Datum.«
    »Es ist zwei Uhr vierzehn, siebzehnter Oktober

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