Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
hatten es aus irgendeinem Grund auf Rupert abgesehen, und die Dominanten wollen mich. Und sie sind in der Lage, mich selbst hier im Zweiten Dominium zu lokalisieren, so schwer ihnen das auch fallen mag, wie du sagst.« Sie rieb sich erneut die Stirn, aber der dumpfe Schmerz ließ sich nicht vertreiben. Daraufhin versuchte sie, ihn zu ignorieren.
»Wir sprechen mit Davvon. Vielleicht weiß er eine Lösung. Ich habe ihm eine Nachricht geschickt. Er wird sie empfangen und lesen, sobald er eine Pause einlegt.«
Dominique schloss die Hände ums Geländer, erinnerte sich an den Dominanten, der sie fast in seine Phase gezogen hätte, und an den Traum.
»Ich habe von meiner Mutter Loana geträumt«, sagte sie und sah einem vorbeischwebenden Levitransporter nach. An den Fenstern sah sie die Gesichter von Menschen und anderen Geschöpfen. »Sie war alt, stand in den Flammen eines brennenden Hauses und bat mich, sie nicht im Stich zu lassen.«
»Und was hast du in dem Traum gemacht?«
»Zuerst bin ich weggelaufen, weil ich die Hitze und die Schmerzen nicht ertrug«, sagte Dominique langsam und lauschte dabei dem Klang der eigenen Stimme. »Dann wiederholte sich die Szene, und ich bin zu ihr geeilt, direkt hinein ins Feuer. Sie starb trotzdem.« Dominique zögerte kurz. »Sie wollte mir etwas Wichtiges sagen. Über meinen Vater Dominik und Heres. Wie konnte sie von Heres wissen?«
»Es war ein Traum«, sagte Tarweder sanft. »Du selbst hast das Bild deiner Mutter geschaffen. Du warst es, die aus ihr gesprochen hat.«
»Ich weiß nicht … Warum war sie alt? Sie meinte, sie hätte über achtzig Jahre auf ein Zeichen von mir gewartet. Warum sollte ich ihr solche Worte in den Mund legen? Ich habe auch dich gesehen, und du hast wieder gesagt: ›Du musst mir helfen.‹ Wobei soll ich dir helfen, Tarweder?«
Für ein oder zwei Sekunden gewann Dominique den Eindruck, dass sich Tarweders Gesicht ebenso schnell veränderte wie das des Produktiven Träumers Davvon. Die Falten schienen sich von allein zu bewegen, alle unabhängig voneinander, und für den Hauch eines Augenblicks glaubte sie, Verzweiflung zu erkennen. Dann verdrängte Verwirrung alles andere.
»Träume können sehr seltsam sein«, sagte der Weise. »Und nicht immer haben sie eine Botschaft.«
Tarweders Stimme hatte bei diesen Worten einen seltsamen Klang, und Dominique musterte ihn, suchte in seinem Gesicht nach Hinweisen.
Was auch immer Dominique vielleicht in den faltigen Zügen des alten Mannes oder in seinen graugrünen Augen erkannt hätte – es löste sich auf, bevor sie einen Blick darauf werfen konnte. Dominique sah wieder über die Terrassen von Urhanna, beobachtete den Verkehr und die vielen Passanten. Das Gefühl, einen kostbaren Moment nicht richtig genutzt zu haben, löste sich schnell auf, wie die Bilder eines Traums, die nach dem Erwachen immer mehr an Kontrast verloren.
Sie deutete zum Doppelgestirn. »Ich nehme an, die Zeit des Eises ist auch hier im Zweiten Dominium nicht fern. Aber die hiesigen Menschen scheinen sich nicht auf den Weg zu einem sicheren Refugium machen zu wollen.«
Wieder huschte etwas durch Tarweders Gesicht, ein Schatten von Erleichterung und gleichzeitig auch von Hoffnungslosigkeit. Kiwitt gurrte, kletterte aus dem Rucksack auf die Schulter des Alten.
»Hier sind es noch etwa drei Monate bis zur Zeit des Eises«, sagte Tarweder. Er trat neben Dominique ans Geländer. Ein Windstoß erfasste sein langes grauweißes Haar, und es bewegte sich fast so wie der silberne Schopf des Dominanten. »Die Nichtresidenten werden das Zweite Dominium bald verlassen, zumindest diejenigen, die sich nicht auf Dauer hier niederlassen wollen. Für die Residenten des Zweiten Dominiums stellt die Zeit des Eises keine so große Gefahr dar wie für die Bewohner der anderen Dominien, denn sie haben Technik und Energie, um sich zu schützen. Die toten Städte bleiben weitgehend sich selbst überlassen, aber Urhanna und die anderen Metropolen bekommen Wärmeschilde, die Kälte, Eis und Schnee von ihnen fernhalten. Gefährlich wird die Zeit des Eises hier nur für jene, die aus welchen Gründen auch immer gezwungen sind, den Schutz der Städte zu verlassen und zu reisen. Selbst für den Fall, dass die Wärmeschilde versagen, ist vorgesorgt. Unter Urhanna und den übrigen bewohnten Städten gibt es große Hibernationsräume, deren Technik zuverlässiger ist als die im Ersten und Dritten Dominium. Alle Schläfer überleben.«
»Warum machen sich Leute
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