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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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(regimen) und heißt so viel wie Lenkung . Im Prinzip ist Regime also nur ein anderer Begriff für Regierung. Er wird heutzutage aber wertend verwendet, nämlich abwertend. Man spricht von einem Regime statt von einer Regierung, um deutlich zu machen, dass diese Regierung ihre Macht missbraucht, dem Volk Freiheitsrechte entzieht und nicht demokratisch kontrolliert wird. Etwa wenn eine Regierung durch einen Putsch an die Macht gekommen ist. Und auch bei klassischen Diktaturen, wie zum Beispiel in Nordkorea, ist in unseren Nachrichtensendungen häufig von einem Regime die Rede.
    Wie viel Freiheit darf’s denn sein?
    Bei allen Regierungsformen stoßen immer wieder zwei Kriterien aufeinander – die Freiheit des Einzelnen und das Wohl der Gemeinschaft. Toll wäre natürlich, wenn jeder Einzelne will, was auch für die anderen gut ist. Aber oft ist die beste Lösung für einen persönlich eben nicht die beste für alle. Mittlerweile hat sich der Standard etabliert, dass man eine Art Kosten-Nutzen-Rechnung aufmacht: Ist der Nachteil oder die Einschränkung für jemanden gering im Verhältnis zum Nutzen für alle – oder ist der Nutzen für die Allgemeinheit gering und die Einschränkung für den Einzelnen sehr hoch oder zu grundsätzlich? Das muss gegeneinander abgewogen werden, und zwar oft zunächst abstrakt und prinzipiell (zum Beispiel als Gesetz), dann aber auch im konkreten Einzelfall (notfalls vor Gericht; so werden manchmal Gesetze zu Fall gebracht).
    Aufgrund dieser ewigen Klemme erscheint der Liberalismus so verlockend. Ich darf tun, was ich will, und alle anderen dürfen das auch – jeder kümmert sich um seinen eigenen Kram, solange man sich nicht gegenseitig stört. Das simple principle , das einfache Prinzip , das der Brite John Stuart Mill (1806–1873), wichtigster liberaler Vordenker im 19. Jahrhundert, beschrieben hat, besagt: »Meine Freiheit endet dort, wo deine Freiheit anfängt.« Was im Einzelfall aber oft ganz schön schwer zu entscheiden ist. Dieses Prinzip grenzt auf jeden Fall die Rechte des Staates ein. Der darf nur dann in die Freiheit des Einzelnen eingreifen, wenn derjenige mit seinen Verhaltensweisen andere ernstlich schädigt. Vereinfacht gesagt: Wenn jemand sich betrinken will – bitte schön, seine Sache. Wenn er dann betrunken Auto fährt, darf der Staat eingreifen, um andere zu schützen. Man kann aber auch der (nicht-liberalen) Ansicht sein, dass überhaupt keiner Alkohol trinken sollte, weil das ungesund und selbstzerstörerisch ist. So kommt es zum Beispiel zu den Nichtrauchergesetzen – während der Staat sich zugleich über die Tabaksteuer freut. Rauchen grundsätzlich zu verbieten (wie harte Drogen, etwa Heroin), wäre aus aktueller Sicht ein zu großer Eingriff in die Freiheit des Individuums. Die Menschen aber überall rauchen zu lassen, im Flugzeug oder im Büro, schadet den anderen. Zugleich hat der Staat hier so eine Art Lehreraufgabe wahrgenommen: Wir erlauben dir zwar, zu rauchen, aber wir ermutigen dich nicht dazu, sondern machen es eher schwer, weil es dir auch als Einzelnem schadet. Ob der Staat als Kümmerer und Erzieher zu weit geht, wenn er sogar dem rauchenden Wirt in der Eckkneipe verbietet, ein Raucherlokal zu führen, darüber lässt sich trefflich streiten. Wie »paternalistisch« der Staat auftritt, ist eben auch Ansichtssache und muss immer wieder neu verhandelt werden.
    So viel zur Politik. Und was ist ein Politikum? Die Begriffe werden häufig gleichgesetzt, so wie viele Leute meinen, Technik und Technologie seien dasselbe. Dabei ist Technik eben Technik, und Technologie ist die Wissenschaft von der Technik. Und ein Politikum ist keine Politik, sondern meist das Gegenteil: Es ist ein Ereignis oder Thema, das meist plötzlich im Zentrum einer politischen Debatte steht. Zum Beispiel macht ein Politiker eine unbedachte, überspitzte Äußerung, die vielen Leuten aufstößt – und schon ist ein Politikum daraus geworden.
    Und wie halten wir es mit der Religion?
    Die christliche Kirche hat Ungläubige, vermeintliche Abweichler und Kritiker ans Kreuz genagelt, blutige Kreuzzüge geführt und angebliche Hexen verbrannt. Im Namen Allahs werden Terroranschläge begangen, Schwestern ermordet, Menschen gesteinigt. Scientology tarnt sich zum Verkauf ebenso teurer wie fragwürdiger Gehirnwäschekurse als »Kirche«.
    Religion kann also durchaus eine gefährliche Sache sein, wenn die Menschen sie benutzen, um damit andere zu unterdrücken und ihre Taten zu

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