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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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rechtfertigen. Und zwar in einer Weise, dass man darüber nicht mal diskutieren kann – denn Religion ist ja Glaubenssache. Also gibt es aus der Perspektive religiöser Radikaler nur die Gläubigen und die Ungläubigen.
    Der säkulare Staat zeichnet sich dadurch aus, dass Religion und Staat getrennt werden, dass also nicht eine bestimmte Religion regiert. Das Verhältnis von Staat und Kirche ist aber nicht leicht zu entwirren, denn die europäische Kultur basiert ja tatsächlich weitgehend auf christlichen Werten. Auch wenn die sich gar nicht so sehr von den Grundwerten der anderen Weltreligionen unterscheiden.
    Religion und Politik zu trennen, wurde erstmals nach der Französischen Revolution (1789–1799) beschlossen. Dabei ging es nicht darum, den Glauben zu verdammen – er sollte einfach nur Privatsache werden. Der Staat hatte sich in allen Bereichen allen seinen Bürgern gegenüber neutral zu verhalten. Das musste dann logischerweise auch für die Religion gelten. Keiner sollte gestört werden, weder bei der Ausübung seines Glaubens noch durch den Glauben eines anderen. Niemand sollte zwangsbekehrt werden. Diese Prinzipien erwuchsen auch aus der Erfahrung, dass über viele Jahrhunderte hinweg im Namen der Religion Kriege geführt wurden – der Dreißigjährige Krieg in Deutschland zum Beispiel, zwischen Katholiken und Protestanten, entvölkerte ganze Landstriche und kostete allein in Süddeutschland zwei Drittel der Bevölkerung das Leben.
    In Deutschland wurde die Trennung von Kirche und Staat 1919 vollzogen, allerdings nicht besonders strikt. In vielen Schulen und Gerichten hängen Kreuze, der Staat berechnet und kassiert die Kirchensteuer. Nicht-christliche Symbole (wie das islamische Kopftuch) werden im Staatsdienst hingegen ungern gesehen. Lange gab es nur christlichen Religionsunterricht, mittlerweile auch islamischen – und heftige Diskussionen, ob staatliche Schulen überhaupt in Glaubensfragen tätig sein sollten.

Lohnt es sich überhaupt, wählen zu gehen?
    Kommt es auf meine eine Stimme an? Und wen soll man wählen, wenn keine Partei genau das verspricht, was man selber will? Das sind vernünftige Fragen!
    Die Grundidee einer Demokratie ist, dass niemand die eigenen Interessen besser vertreten kann als man selbst. Demokratie bedeutet aber auch, dass man sich auch den Ansichten anderer Leute beugen muss. Es geht also darum, die eigenen Interessen mit denen anderer in ein Gleichgewicht zu bringen. Am Ende wird keiner alles durchsetzen können, was er gern hätte, aber jeder war an der Entscheidung beteiligt. Mahatma Gandhi, der legendäre Führer der indischen Freiheitsbewegung, hat dazu gesagt: »Unter Demokratie verstehe ich, dass sie dem Schwächsten die gleichen Rechte einräumt wie dem Stärksten.«
    Doch wenn zu wenige Leute wählen gehen, hat eine Regierung natürlich ein Problem. Warum sollten sich Menschen von ihr vertreten fühlen, die nicht wenigstens versucht haben, das Wahlergebnis zu beeinflussen? Wir Wähler vergeben diese Jobs, und wir bezahlen die Politiker mit unserem Steuergeld. Da sollten wir uns doch eigentlich auch anschauen, mit wem wir es zu tun haben. Viele Leute nehmen sich gerne viel Zeit, um die Gebrauchsanweisung für eine neue Spielkonsole sorgfältig zu studieren – einen Wahlzettel auszufüllen oder gar ein Wahlprogramm zu lesen, erscheint hingegen vielen als Zeitverschwendung. Tatsächlich ist die »Partei« der Nichtwähler inzwischen oft die größte Partei. Was vielen Nichtwählern jedoch nicht bewusst ist: Wenn man zu Hause bleibt, beeinflusst man trotzdem das Ergebnis. Wer sich zum Beispiel als »eher SPD « bezeichnet und zu Hause bleibt, sorgt damit möglicherweise dafür, dass die CDU gewinnt, was dann ja vermutlich noch weniger das Ergebnis ist, das dieser Nichtwähler eigentlich wollte. Denn die Wahlergebnisse fallen manchmal ganz anders aus als erwartet – und am Ende ist es vielleicht doch die eigene Stimme, die über Sieg oder Niederlage entscheidet. Unionskandidat Edmund Stoiber zum Beispiel war im September 2002 überzeugt, dass er Bundeskanzler geworden sei. Er kündigte gut gelaunt und unfreiwillig komisch an, er werde jetzt »ein Glas Champagner aufmachen«. Als er am nächsten Morgen aufwachte, kam allerdings echte Katerstimmung auf – denn er war gar nicht Bundes kanzler, sondern ganz knapp gescheitert. Ihm fehlten nur ein paar tausend Stimmen. Was wirklich wenig ist bei insgesamt 48 Millionen abgegebenen Stimmen. Auch die Wahl zum US

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