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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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-Präsidenten 2004 war extrem knapp. Letztlich gaben ein paar Kartoffelbauern in Ohio den Ausschlag. Man kann also vorher nie wissen, ob die eigene Stimme nicht doch die entscheidende ist; auch deshalb lohnt es sich, wählen zu gehen.
    Hinzu kommt: Meist sind es die »ganz normalen Menschen«, die nicht wählen gehen; Leute mit extremen Ansichten, die extreme Parteien wählen, üben ihr Wahlrecht dagegen mit mehr Begeisterung aus. Das heißt, wer zur großen Mitte der Bevölkerung eines Landes gehört, stärkt durch die Nicht-Wahl statistisch die kleineren Rand- oder Splitterparteien. Wählen gehen ist insofern ein Recht, das zu nutzen sich lohnt, um sicherzugehen, dass man es nicht eines Tages verliert, weil Extremisten ans Ruder gekommen sind.
    Immer wieder diskutiert wird auch, wer wählen darf (aktives Wahlrecht), und wer sich wählen lassen darf (passives Wahlrecht).
    Wenn kluge, gutherzige Menschen Entscheidungen treffen, ist das natürlich viel besser, als wenn bösartige, dumme Menschen das tun. Eben deshalb kam Platon auf die Idee, dass es gut wäre, wenn nur die Klügsten wählen und nur die Aller klügsten gewählt werden dürfen.
    Aber: Diejenigen, die nicht so klug sind, haben ja auch Rechte, und die würden dann vielleicht nicht berücksichtigt. Deshalb müssen eben alle wählen dürfen, und alle müssen sich wählen lassen dürfen. Früher hat man gedacht, wer reich und/oder adlig ist, ist auch klug; deshalb zählten die Stimmen von Reichen und Adligen mehr. Aber ist man wirklich klug, nur weil man viel Geld hat? Nein. Außerdem war man ja auch lange Zeit der Meinung, Frauen sollten lieber nicht wählen, selbst dann nicht, wenn sie reich und adlig sind. Offenbar können sich die Kriterien, wen man für klug genug hält und wen nicht, im Laufe der Zeit gründlich ändern …
    Und warum dürfen Kinder nicht wählen? Eine gewisse Klugheitsgrenze gibt’s halt doch. Denn entweder könnten alle wählen (dann hat auch ein gestern geborener Säugling eine Stimme), oder man zieht irgendwo eine Altersgrenze. Man kann darüber diskutieren, ob junge Menschen mit 14, 16, 18 oder 21 wählen sollen – doch dass nicht jedes Kindergartenkind persönlich irgendwo ein krakeliges Kreuzchen machen darf, ist leicht nachzuvollziehen. Aber könnten die Eltern nicht für die Kinder wählen? Theoretisch schon – aber wie soll man wissen, ob sie die Stimme im Interesse des Kindes abgeben und nicht im eigenen? Man kann das bei geheimen Wahlen nicht kontrollieren. Und ein Stellvertreter-Wahlrecht wäre so, als würde das Wahlrecht für Frauen darin bestehen, dass ihre Männer eine Stimme mehr abgeben dürfen. Darum hat man entschieden, dass Eltern nicht für ihre Kinder mitwählen sollen.
    Wer sich politisch zu Wort melden will, kann das trotzdem lange vor der Volljährigkeit: Die meisten Jugendorganisationen großer Parteien nehmen Mitglieder ab vierzehn auf – vorher, hat die Erfahrung gezeigt, ist das Interesse sowieso gering.
    Wozu brauchen wir Parteien?
    Über den Parteienstaat ist schon oft geklagt worden, der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker warf den politischen Parteien sogar vor, sie seien »machtversessen und machtvergessen«. Weil sie sich wie Kraken im Staat ausbreiten und nicht die Lösung von Problemen, sondern ihren eigenen Machterhalt und Machtzuwachs als wichtigste Aufgabe ansehen. Tatsächlich lässt sich am Gebaren der Parteien, an der Art, wie sie Personal auswählen, taktieren und schachern, scharfe Kritik üben. Ärgerlich ist vor allem, wenn bei Sachfragen politische Positionen offensichtlich nur deshalb eingenommen werden, um den politischen Gegner auszubremsen, obwohl die angebotene Lösung eigentlich vernünftig und gut fürs Land wäre. Oder wenn jemand ein Amt bekleidet, weil er in der richtigen Partei ist, und nicht, weil er oder sie die beste Qualifikation für den Job hat. Selbst Schuldirektoren-Posten werden hierzulande oft nach Parteibuch vergeben. Diese Maßlosigkeit, mit der die Parteien in die Verwaltung hineinregieren, sorgt zunehmend für Verdruss. Dass beispielsweise im öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ZDF ein Chefredakteur verhindert wurde, den der Sender selbst als Chef behalten wollte, CDU und CSU aber nicht mehr, hat für große Empörung gesorgt.
    Nur – was wäre die Republik ohne Parteien? Sie bieten in der Demokratie erhebliche Vorteile, ohne sie geht es im Grunde gar nicht.
    Zunächst mal müssen wir dank der Parteien nicht jeden Politiker persönlich

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