Kapitän Singleton
die wir bisher angetro ffen hatten.
Schließlich erkundigten wir uns nach unserem Weg, indem wir nach Westen deuteten. Sie machten uns mühelos verständlich, daß wir dorthin nicht gehen konnten, und zeigten uns, daß wir uns nach Nordwesten wenden sollten. Wir hatten bald verstanden, daß uns wieder ein See den Weg versperrte, was sich auch als wahr erwies, denn nach zwei weiteren Tagen sahen wir ihn deutlich vor uns, und er lag, bis wir die Äquinoktiallinie überschritten hatten, immer zu unserer Linken, wenn auch in großer Entfernung.
Während wir so nach Norden zogen, war unser Geschützme ister sehr um unsere Marschrichtung besorgt; er versicherte uns und machte es mir an Hand der Karten, die er mich lesen gelehrt hatte, bewußt, daß sich das Land, sobald wir ungefähr sechs Grad nördlicher Breite erreichten, nach Westen hin so weit hinzog, daß wir erst nach einem Marsch von über tausendfünfhundert Meilen – noch weiter westlich, als das Land lag, in das wir gelangen wollten – ans Meer kämen. Ich fragte ihn, ob wir nicht auf irgendwelche schiffbaren Flüsse stoßen würden, die in den westlichen Ozean mündeten und uns vielleicht stromabwärts tragen könnten; dann kämen wir recht gut voran, auch wenn der Weg tausendfünfhundert Meilen oder sogar doppelt so lang wäre, vorausgesetzt, daß wir uns mit Nahrung versorgen könnten.
Hier zeigte er mir die Karten von neuem, und auf ihnen war kein längerer Fluß verzeichnet, der uns vielleicht auf angene hme Weise bis auf zwei- oder dreihundert Meilen Entfernung vom Ozean gebracht hätte, außer dem Rio Grande, wie man ihn nennt, der mindestens siebenhundert Meilen weiter nördlich von uns floß und von dem der Geschützmeister nicht wußte, durch was für eine Gegend er uns tragen mochte, denn er sagte, seiner Meinung nach sei die Hitze nördlich des Äquators sogar auf dem gleichen Breitengrad noch heftiger und das Land öder, unfruchtbarer und barbarischer als im Süden, und wenn wir zu den Negern gelangten, die im nördlichen Teil Afrikas am Meer wohnten, besonders zu denen, die Europäer kennengelernt und mit ihnen Handel getrieben hatten, wie mit Holländern, Engländern, Portugiesen, Spaniern und so fort, dann waren die meisten Einheimischen von diesen früher oder später so schlecht behandelt worden, daß sie uns ganz gewiß alles nur mögliche Schlimme antäten, nur um sich zu rächen.
Nach diesen Überlegungen riet er uns, sobald wir den See hinter uns gelassen hätten, nach Westsüdwest weiterzuziehen, das heißt leicht nach Süden abweichend, dann würden wir schließlich an den großen Fluß Kongo gelangen, nach dem die Küste genannt wird, ein wenig nördlich von Angola, wohin wir uns zuerst hatten wenden wollen.
Ich fragte ihn, ob er jemals an der kongolesischen Küste gewesen sei. Er sagte, jawohl, er sei dort gewesen, aber niemals an Land gegangen. Dann fragte ich ihn, wie wir von da die Küste erreichen könnten, wohin die europäischen Schiffe kämen, da sich das Land ja tausendfünfhundert Meilen weit nach Westen hinziehe und wir die ganze Küste entlangwandern müßten, bevor wir an die westlichste Spitze gelangten.
Er erklärte mir, es stehe zehn zu eins, daß wir von irgendwe lchen europäischen Schiffen hören würden, die uns aufnehmen könnten, denn sie liefen häufig die Küsten von Kongo und Angola an, um mit den Negern Handel zu treiben, und wenn nicht, dann könnten wir doch, falls wir Proviant fänden, unseren Weg ebensogut entlang der Küste wie entlang dem Ufer des Flusses wählen, bis wir die Goldküste erreichten, die, wie er sagte, nicht weiter als vier- oder fünfhundert Meilen nördlich von Kongo lag, dazu kämen noch etwa dreihundert Meilen, wo die Küste einen Bogen nach Westen machte, denn sie lag auf dem sechsten oder siebenten Breitengrad; dort hätten die Engländer, die Holländer oder die Franzosen Niederlassungen oder Faktoreien – vielleicht sogar alle drei.
Ich gestehe, daß ich, während er seine Gründe erklärte, eher Lust hatte, nach Norden zu ziehen und uns auf dem Rio Grande einzuschiffen, oder, wie ihn die Händler nennen, den Negro oder Niger, denn ich wußte, daß uns das zum Kap Verde hinüberbrächte, wo wir ganz gewiß Hilfe fänden, während wir an der Küste, wohin wir uns jetzt wandten, noch sehr weit entweder zur See oder über Land reisen mußten und keine Gewißheit hatten, daß wir uns Lebensmittel beschaffen konnten, außer durch Gewalt. Vorläufig hielt ich jedoch den Mund,
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