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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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kannten.
    Danach trieben sich noch mehrere Vertreter dieser erlesenen Gattung in unserer Umgebung herum, aber nie wieder gab es ein solches allgemeines Stelldichein, wie es das hier gewesen war. Es hatte für uns jedoch die nachteilige Wirkung, daß es die Rehe und anderes Getier, dessen Gesellschaft für uns viel wünschenswerter war und das wir zu unserem Unterhalt brauchten, aus unserer Nachbarschaft verscheuchte. Unsere Neger zogen aber jeden Tag mit Bogen und Pfeilen hinaus auf die Jagd, wie sie es nannten, und brachten uns fast immer irgend etwas heim. Vor allem fanden wir in dieser Gegend, nachdem der Regen einige Zeit angedauert hatte, in reichlicher Menge Wildvögel, wie wir sie in England haben, nämlich Stockenten, Krickenten, Pfeifenten und so fort, sowie einige Gänse und ein paar Arten, die wir noch nie zuvor gesehen hatten, und wir erlegten oft welche. Wir fingen im Fluß noch große Mengen frischer Fische, so daß es uns nicht an Nahrung mangelte. Wenn uns etwas fehlte, dann war es Salz zu unserem frischen Fleisch, wir hatten aber nur noch ein bißchen übrig und gingen sparsam damit um. Was unsere Neger betraf, so mochten sie es nicht, und ihnen schmeckte auch kein Fleisch, das damit zubereitet war.
    Das Wetter begann jetzt heiterer zu werden, der Regen war gefallen, und die Überschwemmungen ließen nach; die Sonne hatte den Zenit überschritten und stand jetzt ein gutes Stück weiter südlich, und so bereiteten wir uns auf den Abmarsch vor.
    Am 12. Oktober oder ungefähr an diesem Tage begaben wir uns wieder auf den Weg, und da sich das Land ohne Schwierigkeiten durchqueren ließ und uns auc h mit Nahrungsmitteln versorgte, obwohl wir dort noch immer keine Einwohner antrafen, kamen wir rascher voran und legten zuweilen nach unserer Berechnung zwanzig bis fünfundzwanzig Meilen am Tag zurück; auf einem elftägigen Marsch machten wir auch nirgends länger halt, außer an einem Tag, den wir dazu nutzten, uns ein Floß zu bauen, mit dem wir über einen kleinen Fluß setzten, in dem das Wasser noch nicht wieder ganz gesunken war, nachdem ihn die Regenfälle hatten anschwellen lassen.
    Als wir diesen Fluß, der, nebenbei gesagt, gleichfalls nach Norden floß, überquert hatten, fanden wir eine hohe Bergkette auf unserem Weg. Nach rechts hin sahen wir freilich in weiter Ferne offenes Land, wir wollten aber unserem Kurs, der uns nach Westen führte, treu bleiben und waren deshalb nicht gewillt, einen großen Umweg zu machen, nur um ein paar Berge zu umgehen. So zogen wir also weiter, waren aber überrascht, als einer aus unserer Gesellschaft, der mit zwei Negern vorausgestiegen war, kurz bevor wir zum Gipfel gelangten, ausrief: „Das Meer! Das Meer!“ und zu tanzen und zu springen begann, um seiner Freude Ausdruck zu verleihen.
    Den Geschützmeister und mich wunderte das sehr, denn wir hatten erst an diesem Morgen berechnet, daß wir noch etwa tausend Meilen bis zum Meer vor uns hatten und nicht erwarten konnten, es zu erreichen, bevor uns eine weitere Regenperiode ereilte. So wurde der Geschützmeister wütend, als der Mann ausrief: „Das Meer“, und er erklärte ihn für verrückt.
    Wir waren aber beide aufs höchste überrascht, als wir zum Gipfel des Berges gelangten und, obwohl er sehr hoch war, doch weiter nichts als nur Wasser erblickten, vor uns sowie auch zur Rechten und zur Linken – ein weites Meer ohne andere Begrenzung als nur den Horizont.
    Wir stiegen in großer Verwirrung hinab und wußten nicht, wo wir uns befanden und was das sein mochte, denn auf allen unseren Karten sahen wir, daß das Meer noch weit fort lag.
    Erst in drei Meilen Entfernung von den Bergen gelangten wir an den Strand oder die Küste, und dort merkten wir zu unserer weiteren Überraschung, daß es Süßwasser und angenehm zu trinken war, so daß wir, kurz gesagt, nicht wußten, wohin wir uns wenden sollten. Das Meer, wofür wir es hielten, gebot unserer Weiterreise Einhalt (ich meine, der nach Westen), denn es lag genau auf unserem Weg. Die nächste Frage war, in welche Richtung wir unseren Marsch fortsetzen sollten, nach rechts oder nach links; sie wurde jedoch bald gelöst, denn da wir nicht wußten, wie weit sich das Wasser erstreckte, dachten wir, daß wir, wenn es wirklich das Meer war, von hier aus nach Norden ziehen müßten, und wenn wir uns daher jetzt nach Süden wandten, werde uns das schließlich von unserem Weg abkommen lassen. Nachdem wir einen guten Teil des Tages mit unserer Überraschung über die

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