Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
Vom Netzwerk:
Sache verbracht und beraten hatten, was zu tun sei, begaben wir uns nach Norden.
    Wir zogen volle dreiundzwanzig Tage an den Ufern dieses Meeres entlang, bevor wir zu einem Schluß kamen, was es war. Am Ende dieser Zeit rief eines Morgens einer unserer Seeleute: „Land!“, und es war auch kein falscher Alarm, denn wir sahen in großer Entfernung im Westen jenseits des Wassers deutlich einige Berggipfel; aber obwohl es uns davon überzeugte, daß dies nicht der Ozean war, sondern vielmehr ein Binnenmeer oder ein See, erblickten wir nach Norden hin doch kein Land, das heißt kein Ende des Gewässers, und waren gezwungen, noch weitere acht Tage und fast hundert Meilen weit zu marschieren, bevor wir sein Ende erreichten und dann feststellten, daß dieses Meer oder dieser See in einen sehr großen Fluß mündete, der nach Norden oder Nord zu Ost floß, ebenso wie der andere Fluß, den ich bereits erwähnte.
    Mein Freund, der Geschützmeister, prüfte die Sachlage und sagte, er glaube, er habe sich zuvor geirrt und dies hier sei der Nil, blieb aber bei unserer vorigen Meinung, daß wir nicht daran denken sollten, auf diesem Weg nach Ägypten zu reisen; darum beschlossen wir, den Fluß zu überqueren, was jedoch nicht so leicht war wie zuvor, denn er war sehr reißend und sein Bett sehr breit.
    Es kostete uns daher eine Woche, die wir mit der Bescha ffung des Materials verbrachten, um uns und das Vieh über den Fluß zu befördern, denn obgleich es hier eine große Anzahl von Bäumen gab, war doch keiner groß genug gewachsen, daß er zum Bau eines Kanus ausgereicht hätte.
    Während unseres Marschs am Ufer entlang ermüdeten wir sehr und bewältigten daher nur eine geringere Anzahl von Meilen als zuvor, denn es gab eine große Menge von kleinen Flüssen, die auf der Ostseite von den Bergen strömten, sich in diesen Golf ergossen und alle Hochwasser führten, da der Regen erst seit kurzem vorüber war.
    Während der letzten drei Tage unserer Reise trafen wir auf einige Einwohner, stellten aber fest, daß sie auf den niedrigen Hügeln wohnten und nicht am Fluß ufer. Wir hatten auf diesem Marsch auch einige Nahrungssorgen, da wir vier oder fünf Tage lang nichts erlegt und nur ein paar Fische im See gefangen hatten, und auch die nicht in so reichlicher Menge wie zuvor.
    Zu unserer Entschädigung aber störten uns an dem gesamten Seeufer keinerlei wilde Tiere; die einzige Unannehmlichkeit dieser Art war, daß wir auf dem feuchten Boden in der Nähe des Sees eine giftige, mißgestalte Schlange antrafen, die uns mehrmals verfolgte, als wolle sie uns angreifen, und wenn wir nach ihr schlugen oder etwas nach ihr warfen, dann richtete sie sich auf und zischte so laut, daß es von weitem zu hören war. Sie hatte ein abschreckend häßliches, deformiertes Aussehen und eine ebensolche Stimme, und unsere Männer ließen sich nicht davon abbringen, daß es der Teufel sei, nur wußten wir nicht, was der Satan dort zu tun hatte, wo es doch keine Menschen gab.
    Bemerkenswert war, daß wir jetzt tausend Meilen weit gereist waren, ohne im Herzen des ganzen Kontinents Afrika irgend jemand anzutreffen, und gewiß hatte noch nie ein Mensch den Fuß dorthin gesetzt, seit die Söhne Noahs sich über die ganze Erdoberfläche ausgebreitet hatten. Auch hier unternahm unser Geschützmeister eine Standortbestimmung mit seinem Meßstab, um festzustellen, auf welchem Breitengrad wir uns befanden, und er ermittelte, daß wir uns, nachdem wir ungefähr dreiunddreißig Tage lang nordwärts gewandert waren, bei sechs Grad zweiundzwanzig Minuten südlicher Breite aufhielten.
    Nachdem wir unter großen Schwierigkeiten über den Fluß gelangt waren, kamen wir in ein merkwürdiges, wildes Land, das uns ein wenig zu ängstigen begann, denn obgleich es keine Wüste mit glühendheißem Sand war, wie wir sie zuvor durchquert hatten, war es doch bergig, kahl und voller entset zlich wilder Tiere – mehr als irgendein anderes Gebiet, durch das wir gekommen waren. Auf dem Boden wuchs eine Art derbes Gras, hier und da standen ein paar Bäume oder eher Büsche. Menschen vermochten wir jedoch nicht zu entdecken, und wir begannen uns wegen unserer Nahrung große Sorgen zu machen, denn wir hatten schon lange kein Reh erlegt, sondern
– immer in der Nähe des Ufers – hauptsächlich von Fisch und Geflügel gelebt, die uns jetzt beide zu verlassen schienen. Unsere Bestürzung war um so größer, als wir uns hier keinen Vorrat anlegen konnten, wie wir es zuvor getan

Weitere Kostenlose Bücher