Kapitän Singleton
die Nacht unser Zeltlager auf, ohne daran zu zweifeln, daß unsere Höflichkeit gegenüber den Frauen eine gute Wirkung hätte, wenn ihre Ehemänner heimkehrten.
Dementsprechend kamen am nächsten Morgen die Frauen mit elf Männern, fünf kleinen Jungen und zwei schon recht großen Mädchen zu unserem Lager. Bevor sie ganz bei uns angelangt waren, stießen die Frauen laute Rufe und einen merkwürdigen Schrei aus, um uns herauszulocken. Wir kamen auch, und zwei Frauen zeigten unsere Geschenke, deuteten auf die Gesellschaft hinter ihnen und machten Zeichen, die, wie wir leicht zu begreifen vermochten, Freundschaft bedeuteten. Danach traten die Männer mit Bogen und Pfeilen näher, legten sie auf die Erde nieder, kratzten Sand zusammen, warfen ihn über ihren Kopf und drehten sich dreimal um sich selbst, wobei sie die erhobenen Hände auf den Kopf legten. Dies war anscheinend ein feierlicher Schwur der Freundschaft. Daraufhin winkten wir ihnen mit den Händen, näher zu kommen. Zuerst schickten sie uns die Knaben und Mädchen, damit sie uns weitere Kuchen und einiges grünes Gemüse zu essen brachten, die wir annahmen; nun hoben wir die Jungen auf und küßten sie sowie auch die kleinen Mädchen. Darauf kamen die Männer nahe zu uns heran, setzten sich auf den Erdboden und machten uns Zeichen, wir sollten uns zu ihnen setzen, was wir auch taten. Sie sprachen viel miteinander, aber wir vermochten sie nicht zu verstehen und uns ihnen auch nicht verständlich zu machen, viel weniger noch, ihnen zu erklären, wohin wir gingen und was wir wollten, außer daß wir ihnen ohne Schwierigkeiten unseren Bedarf an Lebensmitteln zu verstehen gaben. Darauf blickte sich einer der Männer zu einer Anhöhe um, die etwa eine halbe Meile weit entfernt lag, fuhr auf, als sei er erschrocken, rannte zu der Stelle, wo sie ihre Bogen und Pfeile niedergelegt hatten, nahm einen Bogen und zwei Pfeile auf und lief wie ein Rennpferd zu der Anhöhe. Dort angeko mmen, schoß er seine beiden Pfeile ab und kehrte mit der gleichen Geschwindigkeit zu uns zurück. Als wir sahen, daß er mit dem Bogen, aber ohne die Pfeile wiederkam, wurden wir neugieriger; der Bursche sagte jedoch nichts zu uns, winkte einem unserer Neger, er solle mit ihm kommen, und wir hießen ihn gehen. Da führte er ihn zurück zu der Stelle, wo eine Art Reh lag, das er mit zwei Pfeilen geschossen hatte; es war aber noch nicht ganz tot, und zusammen brachten sie es zu uns hinab. Das sollte ein Geschenk sein, und es war uns sehr willkommen, wie ich dem Leser versichern kann, denn unser Vorrat war nur noch gering. Diese Leute waren alle splitternackt.
Am nächsten Tag kamen etwa hundert Menschen zu uns, Männer und Frauen, die uns die gleichen ungeschickten Zeichen der Freundschaft machten, tanzten, sich sehr erfreut zeigten und uns alles gaben, was sie hatten. Wie der Mann im Gehölz so blutdürstig und roh hatte sein können, auf unsere Leute zu schießen, ohne daß zuerst ein Streit stattgefunden hatte, konnten wir uns nicht erklären, denn bei allen sonstigen Berührungen, die wir mit diesen Menschen hatten, zeigten sie sich einfach, geradezu und gutmütig.
Von dort aus gingen wir am Ufer des schon erwähnten kleinen Flusses entlang, wo wir, wie sich herausstellte, das gesamte Negervolk antreffen sollten; ob sie uns aber freundlich gesinnt waren oder nicht, vermochten wir noch nicht zu beurteilen.
Der Fluß nützte uns lange nichts, was unsere Absicht betraf, Kanus zu bauen, und an seinem Ufer zogen wir weitere fünf Tage durch das Land, bis unsere Zimmerleute, da sie fanden, der Fluß sei nun größer geworden, vorschlugen, wir sollten unsere Zelte aufschlagen und beginnen, uns Kanus zu bauen. Nachdem wir aber mit der Arbeit angefangen, zwei oder drei Bäume gefällt und dazu fünf Tage gebraucht hatten, wanderten einige unserer Leute weiter flußabwärts und brachten uns die Nachricht, daß der Fluß eher kleiner als größer wurde, da er im Sand versickerte oder durch die Sonnenhitze austrocknete, so daß er nicht das kle inste Kanu befördern konnte, das von Nutzen für uns gewesen wäre. Wir waren deshalb gezwungen, unser Unternehmen aufzugeben und weiterzumarschieren.
Bei unserer fortgesetzten Erforschung dieses Weges begaben wir uns drei Tage lang genau nach Westen, denn im Norden war das Land außerordentlich bergig und ausgedörrter und trockener als alles, was wir bisher gesehen hatten, während wir in dem gerade nach Westen gelegenen Teil ein liebliches Tal fanden,
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