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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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der Insel jetzt, nachdem wir vierzig Meilen nach Norden gefahren waren, wieder über zweihundert Meilen weit nach Osten hin abfiel, so daß wir uns mittlerweile im offenen Ozean befanden, zwischen der Insel und dem Festland und von beiden fast hundert Meilen weit entfernt.
    Da nun der Wind wie zuvor wieder kräftig von Westen her blies, hatten wir eine glatte See und liefen mühelos vor dem Wind, und so nahmen wir unser kleinstes Kanu ins Schlepptau und hielten mit allen Segeln, die wir setzen konnten, auf die Küste zu. Dies war ein sehr gewagtes Abenteuer, denn wenn sich die leiseste Bö erhoben hätte, wären wir alle verloren gewesen, da unsere Kanus tief lagen und keineswegs geeignet waren, einem hohen Seegang zu widerstehen.
    Für diese Fahrt brauchten wir jedoch im ganzen elf Tage, und endlich, als wir schon fast unseren gesamten Proviant und auch den letzten Tropfen Wasser verbraucht hatten, erspähten wir zu unserer großen Freude Land, wenn auch in einer Entfernung von zehn oder elf Meilen, und da sich der Wind in der Nähe des Landes drehte, zu einer Landbrise wurde und hart gegen uns wehte, kostete es uns noch weitere zwei Tage, bis wir das Ufer erreicht hatten. Während dieser ganzen Zeit herrschte heißes Wetter, wir aber besaßen keinen Tropfen Wasser, noch sonst eine Flüssigkeit, außer etwas Likör, von dem einer aus unserer Gesellschaft noch einen Rest in einer Kiste mit Flaschen hatte.
    Dies gab uns eine Vorstellung davon, wie es uns ergangen wäre, wenn wir uns mit flauem Wind und unbeständigem Wetter weitergewagt hätten, und es vergällte uns unseren Plan, zum Festland zu segeln, zumindest, solange wir keine besseren 50
    Fahrzeuge unter den Füßen hatten. So gingen wir also wieder an Land und errichteten unser Lager wie zuvor, auf eine so praktische Weise wie nur möglich, und befestigten es gegen irgendwelche Überraschungen; aber die Eingeborenen waren hier sehr freundlich und viel gesitteter als im Südteil der Insel, und obwohl wir nicht verstehen konnten, was sie sagten, und sie uns ebenfalls nicht, fanden wir doch Mittel und Wege, um ihnen klarzumachen, daß wir Seefahrer und Fremde waren, die sich aus Mangel an Vorräten in Not befanden.
    Den ersten Beweis ihrer Zuvorkommenheit erhielten wir, als einer ihrer Anführer oder Könige – denn wir wußten nicht, wie wir sie nennen sollten –, sobald sie uns an Land kommen und unsere Behausungen errichten sahen, mit fünf oder sechs Männern und ein paar Frauen herunterkam und uns fünf Ziegen sowie zwei junge, fette Stiere brachten, die sie uns unentgeltlich gaben, und als wir ihnen etwas anboten, erlaubte der Anführer oder König nicht, daß einer von ihnen es anrührte oder irgend etwas von uns nahm. Etwa zwei Stunden später kam ein anderer König oder Anführer, dem vierzig oder fünfzig Leute folgten. Wir begannen uns vor ihm zu fürchten und legten die Hände an unsere Waffen. Er aber sah es und ließ zwei Männer vorangehen, von denen jeder eine lange Stange in den Händen trug. Sie hielten sie senkrecht, so hoch sie nur konnten, was, wie wir bald verstanden, ein Ze ichen des Friedens war. Diese beiden Stangen stellten sie dann auf, indem sie sie in den Boden steckten; alle stießen ihre Lanzen senkrecht in die Erde, näherten sich uns unbewaffnet und ließen die Lanzen sowie auch Bogen und Pfeile hinter sich zurück.
    Dies sollte uns davon überzeugen, daß sie als Freunde kamen, und wir waren froh, es zu sehen, denn wir hatten nicht die Absicht, Streit mit ihnen anzufangen, wenn wir es vermeiden konnten. Als der Anführer dieses Trupps bemerkte, daß einige unserer Leute ihre Hütten bauten und dies nur ungeschickt 51
    zustande brachten, winkte er ein paar von seinen Männern herbei, die uns helfen sollten. Sogleich kamen fünfzehn oder sechzehn, mischten sich unter uns und begannen mit der Arbeit für uns, und sie verstanden es tatsächlich besser als wir, denn im Nu hatten sie drei, vier Hütten errichtet, und zwar viel hübschere als unsere.
    Danach schickten sie uns Milch, Paradiesfeigen, Kürbisse und eine reichliche Menge Wurzeln und Grüngemüse, die sehr gut schmeckten; darauf verabschiedeten sie sich und wollten von dem, was wir hatten, nichts nehmen. Einer unserer Männer bot dem König oder Anführer dieser Leute einen Schnaps an, den er trank und der ihm ausgezeichnet mundete; er streckte die Hand nach einem zweiten aus, und wir schenkten ihm ein.
    Kurz gesagt, machte er es sich zur Gewohnheit, uns zwei- oder dreimal

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