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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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der Wüste ebenso tiefen Sand vorfanden.
    Am neunten Tage unseres Marsches durch diese Ödnis erblickten wir einen großen See, und der Leser mag mir glauben, daß wir darüber außerordentlich froh waren, denn wir hatten nur noch Wasser für zwei oder drei Tage bei der knappsten Ration, ich meine, wenn wir Wasser für unsere Rückkehr aufsparten, falls sie notwendig wurde. Unser Wasser hatte zwei Tage länger gereicht, als wir erwartet hatten, denn unsere Büffel hatten an zwei oder drei Tagen eine Art Gras gefunden, das einer breiten, flachen Distel glich, freilich ohne Dornen, sich auf dem Boden ausbreitete und im Sand wuchs; sie fraßen reichlich davon, und das Gewächs stillte zugleich ihren Durst und ihren Hunger.
    Am nächsten Tag, dem zehnten seit unserem Aufbruch, kamen wir also ans Ufer dieses Sees, und zwar an seine Südspitze, was für uns ein glücklicher Umstand war, denn nach Norden hin vermochten wir sein Ende nicht zu sehen, und so zogen wir an ihm vorbei, wozu wir drei Tage brauchten, und 111
    das half uns sehr, denn es erleichterte unser Gepäck, da wir kein Wasser mitzunehmen brauchten; wir hatten es ja vor den Augen. Obwohl es dort aber soviel Wasser gab, sahen wir in der Wüste kaum eine Veränderung – da wuchs kein Baum, kein Strauch, kein Grün und kein Gras, außer dieser schon erwähnten Distel, wie ich sie nannte, und noch zwei oder drei Pflanzen, die wir nicht kannten und die jetzt in der Wüste ziemlich häufig wurden.
    Die Nachbarschaft dieses Sees hatte uns erfrischt, aber wir waren nun unter eine so große Anzahl gefräßiger Bewohner geraten, wie sie ein menschliches Auge ganz gewiß noch nie erblickt hat, denn ich bin fest davon überzeugt, daß seit der Sintflut noch nie ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen durch diese Wüste gezogen war, und ebenso fest glaube ich, daß es nirgendwo eine solche Ansammlung wilder, freßgieriger, alles verzehrender Geschöpfe gibt wie dort, ich meine, nicht an einem Ort.
    Denn eine Tagesreise bevor wir zu dem See gelangten und während der ganzen drei Tage, als wir daran vorbeizogen, sowie danach noch weitere sechs oder sieben Tagesmärsche lang fanden wir den Boden mit einer ganz unglaublich großen Anzahl von Elefantenzähnen übersät, und da einige von ihnen dort wohl bereits seit Jahrhunderten lagen, weil nämlich das Material, aus dem sie bestehen, kaum jemals zerfällt, mögen sie an dieser Stelle vielleicht bis zum Ende aller Zeiten liegen.
    Die Größe einiger dieser Zähne sowie auch ihre Anzahl kam so manchen Leuten, denen ich davon berichtete, geradezu unglaubhaft vor, und ich kann dem Leser versichern: ein paar davon waren so schwer, daß auch der stärkste Mann unter uns sie nicht aufzuheben vermochte. Und was ihre Anzahl betrifft, so lagen dort ohne Zweifel genügend herum, daß man sie auf tausend Segel der größten Schiffe der Welt hätte häufen können, womit ich sagen will, man kann sich ihre Menge gar nicht vorstellen, denn ihr Anblick dauerte während eines 112
    Marsches von über achtzig Meilen an, und ihre Lagerstätte mochte sich ebensoweit nach rechts und auch genausoweit oder noch viele Male weiter nach links hin erstrecken; anscheinend ist die Anzahl der Elefanten hier ungeheuer groß. Vor allem an einer Stelle sahen wir den Kopf eines Elefanten mit mehreren Zähnen darin – einen der größten, den ich je erblickt habe; das Fleisch war natürlich schon vor vielen Hunderten von Jahren verwest sowie auch alle anderen Knochen, aber drei unserer stärksten Männer vermochten diesen Schädel nicht aufzuheben.
    Die großen Stoßzähne wogen meines Erachtens wohl mindestens drei Zentner, und besonders bemerkenswert schien mir meine Beobachtung, daß der ganze Schädel aus ebenso gutem Elfenbein bestand wie die Zähne, und er wog, wie ich anne h-me, alles in allem mindestens sechs Zentner. Nach derselben Regel könnten wohl alle Knochen des Elefanten aus Elfenbein sein, aber ich glaube, dagegen läßt sich einwenden, daß das Beispiel, das wir vor uns hatten, es widerlege, denn dann hätten sich ja auch alle übrigen Knochen des Elefanten und nicht nur sein Schädel dort befunden.
    Ich schlug unserem Geschützmeister vor, wir sollten angesichts der Tatsache, daß wir jetzt vierzehn Tage ohne Unterbre-chung marschiert waren, hier Wasser hatten, um unseren Durst zu stillen, bisher nicht unter Mangel an Lebensmitteln litten und ihn auch nicht befürchten mußten, unseren Leuten ein wenig Ruhe gönnen und uns gleichzeitig

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