Kaputt in Hollywood. Stories.
Meter lang sein mußte. Sie saßen unter einer einsamen Lampe. Und am anderen Ende des Tisches stand dieser einzelne Stuhl - für mich.
»Sie können eintreten«, sagte der Sekretär. Dann machte er einen Bückling und ging rückwärts raus. Ich marschierte rein. Die beiden Männer standen auf. Da waren wir nun, unter einer einsamen Lampeim Dunkeln. Aus irgendeinem Grund mußte ich an all die Attentate denken. Dann sagte ich mir: wir sind hier in Amerika, Daddy. Hitler ist tot. Oder doch nicht? »Bukowski?« »Yeh.«
Sie gaben mir beide die Hand.
»Setzen Sie sich.« Groovy, baby.
»Das ist Mr. - - - aus Washington«, sagte der zweite Typ; er war einer der lokalen Obermacker. Ich sagte nichts. Es war eine hübsche Lampe. Mit einem Schirm aus
Menschenhaut?
Mr. Washington führte das Wort. Er hatte eine Mappe vor sich, mit ziemlich vielen Papieren drin. »Also, Mr. Bukowski. . .« »Yeh?«
»Sie sind 48 Jahre alt, und Sie werden seit elf Jahren von der
Regierung der Vereinigten Staaten beschäftigt.« »Yeh.«
»Sie waren mit Ihrer ersten Frau zweieinhalb Jahre verhei - ratet, wurden geschieden, und Ihre derzeitige Frau haben Sie wann geheiratet? Wir hätten gerne das Datum.«
»Kein Datum. Keine Heirat.«
»Sie haben ein Kind?« »Yeh.«
»Wie alt?« »Vier.«
»Sie sind nicht verheiratet?«
»Nein.«
»Zahlen Sie Alimente?«
»Ja.«
»Wieviel?« »Sodas
übliche.«
Dann lehnte er sich zurück, und da saßen wir nun. Gut vier oder fünf Minuten lang sagte keiner von uns dreien ein Wort.
Dann erschien ein Stapel Exemplare der Untergrundzeitung Open Pussy.
»Schreiben Sie diese Kolumnen? Notes of a Dirty Old Man ?« fragte Mr. Washington. »Yeh.«
Er reichte Mr. Los Angeles ein Exemplar. »Haben Sie das hier gesehen?« »Nein. Nein, das habe ich nicht gesehen.« Über der Kolumne trabte ein Schwanz mit Beinen, ein riesiger RIESIGER trabender Schwanz mit Beinen. Die Story drehte sich um einen Freund von mir, den ich einmal im Suff aus Versehen in den Arsch gepimpert hatte - ich hatte ihn mit einer meiner Freundinnen verwechselt. Nach zwei Wochen mußte ich meinen Freund schließlich mit Gewalt aus der Wohnung schmeißen. Es war eine wahre Geschichte. »Nennen Sie das etwa Schreiben?« fragte Mr. Washington. »Zu der Schreibe kann ich nichts sagen. Aber als Story fand ich es äußerst lustig. Fanden Sie's nicht auch ganz humorvoll?«
»Aber diese ... diese Illustration hier über der Story ...« »Der trabende Schwanz?« »Ja.«
»Ich hab ihn nicht gezeichnet.«
»Sie haben nichts zu tun mit der Auswahl der Illustra tionen?«
»Die Zeitung wird Dienstag abends zusammengebastelt.« »Und Sie sind Dienstag abends nicht dabei?« »Ich habe Dienstag abends hier zur Nachtschicht zu erscheinen.« Sie warteten eine Weile, blätterten Open Pussy durch, sahen sich meine Kolumnen an.
»Wissen Sie«, sagte Mr. Washington und klopfte wieder mit der Hand auf die Open Pussies, »Sie wären ganz gut gefahren, wenn Sie weiterhin Gedichte geschrieben hätten, aber als Sie mit diesem Zeug hier anfingen . . .« Er klopfte wieder auf die Open Pussies. Ich ließ zwei Minuten und dreißig Sekunden verstreichen. Dann fragte ich: »Haben wir in den Beamten der Post die neuen Kritiker der Literatur zu sehen?« »Oh, nein, nein«, sagte Mr. Washington, »so war das nicht gemeint.«
Ich saß da und wartete.
»Man erwartet von Postangestellten ein gewisses Betra gen. Sie stehen im öffentlichen Dienst. Sie sollen ein Beispiel geben für beispielhaftes Verhalten.« »Ich habe den Eindruck«, sagte ich, »daß Sie meine Meinungsfreiheit bedrohen und mir den Verlust meines Arbeitsplatzes in Aussicht stellen. Dafür dürfte sich die American Civil Liberties Union interessieren.« »Es wäre uns trotzdem lieber, wenn Sie die Kolumne nicht schreiben würden.« »Gentlemen, jeder kommt mal an den Punkt, wo er sich entscheiden muß, ob er hart bleiben oder davonlaufen will. Ich habe beschlossen, hart zu bleiben.« Ihr Schweigen. Warten. Warten.
Das Rascheln der Open Pussies. Dann Mr.
Washington: »Mr. Bukowski?« »Yeh?«
»Werden Sie noch weitere Kolumnen über das Postamt schreiben?«
Ich hatte eine über sie geschrieben, sie schien mir allerdings mehr humorvoll als abträglich - aber naja, vielleicht war ich es, der eine Macke hatte.
Diesmal ließ ich sie richtig warten. Dann sagte ich: »Nein -es sei denn, Sie zwingen mich dazu.« Jetzt ließen sie mich warten. Das Verhör war wie eine Schachpartie, wo man darauf hoffte, daß der andere den falschen
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