Karlsson fliegt wieder
wäre ja dumm, wenn sie den besten Enkel der Welt verlassen würde, nicht wahr?«
»Wo wohnt deine Großmutter?«, fragte Lillebror.
»In einem Haus«, erwiderte Karlsson. »Glaubst du, sie rennt nachts immer draußen herum?«
Mehr erfuhr Lillebror nicht. Und am nächsten Tag fuhr er zu seiner Großmutter.
Bimbo nahm er mit. Auf dem Lande war es schön. Lillebror spielte den ganzen Tag. An Karlsson dachte er nicht so oft. Aber als die Sommerferien zu Ende waren und er nach Stockholm zurückkehrte, da fragte er nach Karlsson, kaum dass er zur Tür hereingekommen war.
»Mama, hast du Karlsson mal gesehen?«
Mama schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe ihn nicht gesehen. Er ist sicher weggezogen.«
»Red doch nicht so«, sagte Lillebror. »Ich will, dass er immer weiter auf dem Dach wohnt, er muss zurückkommen.«
»Aber du hast doch Bimbo«, versuchte Mama ihn zu trösten. Sie fand es ganz schön, Karlsson los zu sein.
Lillebror streichelte Bimbo. »Ja, natürlich. Und er ist so lieb. Aber er hat keinen Propeller und kann nicht fliegen und mit Karlsson kann man besser spielen.«
Lillebror lief in sein Zimmer und machte das Fenster auf. »Karlsson, bist du da oben?«, schrie er so laut, wie er konnte. Aber er bekam keine Antwort. Und am nächsten Tag musste Lillebror wieder in die Schule. Er ging jetzt in die zweite Klasse. Jeden Nachmittag saß er dann in seinem Zimmer und machte Schulaufgaben. Er hatte das Fenster geöffnet, damit er hören konnte, ob irgendein Motor brummte, der wie Karlssons klang. Aber das einzige Brummen, das er hörte, kam von den Autos unten auf der Straße und manchmal von einem Flugzeug, das über die Dächer geflogen kam, nie das Brummen von Karlssons Motor.
»Ja, er ist wohl weggezogen«, sagte Lillebror traurig vor sich hin. »Er kommt wohl nie mehr zurück.«
Wenn er abends ins Bett gegangen war, dachte er an Karlsson und manchmal weinte er leise ein bisschen unter der Bettdecke, weil Karlsson weg war. So vergingen die Tage mit der Schule und den Schularbeiten und keinem Karlsson.
Eines Nachmittags saß Lillebror in seinem Zimmer und beschäftigte sich mit seinen Briefmarken. Er hatte schon eine ganze Menge in seinem Briefmarkenalbum, aber ziemlich viele warteten noch darauf, eingeklebt zu werden. Lillebror machte sich an die Arbeit und war bald fertig mit dem Einkleben. Nur eine Briefmarke war noch übrig, die allerschönste, die hatte er sich bis zuletzt aufgehoben. Es war eine deutsche Marke mit Rotkäppchen und dem Wolf drauf, oh, Lillebror fand sie so hübsch. Er legte sie vor sich auf den Tisch.
Im selben Augenblick hörte er ein Brummen draußen vor dem Fenster. Ein Brummen, das so klang wie — ja, tatsächlich, es klang wie Karlsson. Und es war Karlsson. Er dröhnte geradewegs zum Fenster herein und schrie: »Heißa hopsa, Lillebror!«
»Heißa hopsa, Karlsson!«, rief Lillebror.
Er sprang auf und stand ganz glücklich da und sah zu, wie Karlsson ein paar Runden um die Deckenlampe machte, ehe er mit einem kleinen Plumps vor Lillebror landete. Sobald Karlsson den Motor abgestellt hatte, wollte Lillebror auf ihn zustürzen und ihn umarmen. Aber da stieß Karlsson ihn mit seiner kleinen dicken Hand zurück und sagte:
»Ruhig, ganz ruhig! Gibt’s was zu essen? Ein paar Fleischklöße oder so was? Oder vielleicht ein bisschen Sahnetorte?« Lillebror schüttelte den Kopf. »Nee, heute hat Mama keine Fleischklöße gemacht. Und Sahnetorte haben wir nur, wenn Geburtstag ist.«
Karlsson schnaubte. »Was ist das eigentlich für eine Familie? >Nur wenn Geburtstag ist Wenn aber ein lieber alter Freund kommt, den man monatelang nicht gesehen hat? Man sollte doch meinen, dass deine Mama das ein bisschen in Schwung bringt.«
»Ja, aber wir wussten nicht...«, begann Lillebror.
»Wussten nicht«, sagte Karlsson. »Ihr hättet hoffen können. Ihr hättet hoffen können, dass ich eines Tages käme, und das hätte deiner Mama genügen müssen mit der einen Hand Klöße zu drehen und mit der anderen Sahne zu schlagen.«
»Wir hatten Bratwurst zu Mittag«, sagte Lillebror beschämt. »Vielleicht möchtest du...«
»Bratwurst! Wenn ein lieber alter Freund kommt, den man monatelang nicht gesehen hat!«
Karlsson schnaubte wieder. »Na ja, will man in diesem Haus verkehren, dann muss man lernen alles Mögliche zu erfragen... Her mit der Bratwurst!«
Lillebror rannte, so schnell er konnte, in die Küche. Mama war nicht zu Hause, sie war beim Arzt, deswegen konnte er sie nicht
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