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Karneval der Alligatoren

Karneval der Alligatoren

Titel: Karneval der Alligatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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betrachtete Kerans
neugierig. »Was ist los? Freuen Sie sich nicht, wegzukommen?«
    »Natürlich«, sagte Kerans
automatisch. Er ging mit dem leeren Glas in der Hand durchs Zimmer, wollte es
auf die Bar stellen und merkte plötzlich, daß er völlig geistesabwesend die Uhr
über dem Kaminsims berührt hatte. Er schien irgend etwas zu suchen. »In drei
Tagen sagten Sie?«
    »Ja. Drei Millionen Tage wären Ihnen
wohl lieber?« Riggs grinste. »Robert, ich glaube, insgeheim würden Sie gern
hierbleiben.«
    Kerans riß sich zusammen, ging zur
Bar und füllte sein Glas. Die Monotonie und Langeweile des vergangenen Jahres
hatte er nur dadurch überstanden, daß er sich außerhalb der normalen Zeit- und
Raumbegriffe hielt, und diese abrupte Rückkehr zur Erde hatte ihn erschreckt;
außerdem wußte er, daß noch mehr für ihn dahintersteckte.
    »Reden Sie keinen Unsinn«, sagte er
leichthin. »Ich hatte einfach keine Ahnung, daß wir uns so bald zurückziehen
würden. Natürlich bin ich froh drüber. Allerdings hat es mir hier durchaus
gefallen.« Er wies auf das Zimmer. »Entspricht vielleicht meiner fin-de-siècle -Einstellung.
Oben in Camp Byrd werde ich wieder in einer halben Konservenbüchse leben
müssen. Und außer verjazztem Beethoven im Radio kaum viel Kultur lecken.«
    Riggs brüllte vor Lachen, dann stand
er auf und knöpfte seine Jacke zu. »Sie sind schon ein komischer Vogel,
Robert.« Kerans trank sein Glas hastig leer. »Ich glaube, ich werde Ihnen heute
vormittag doch nicht helfen können. Habe was Dringendes zu tun.« Riggs nickte
bedächtig. »Ach so, das war also Ihre Aufgabe. Meine Aufgabe.«
    »Genau. Ich habe gestern abend mit
ihr gesprochen, und heute früh nochmals, nachdem die Nachricht durchgegeben
wurde. Sie müssen sie überzeugen. Sie weigert sich einfach, mitzukommen. Ihr
ist nicht klar, daß diesmal das Ende kommt und keine Einheiten mehr
zurückbleiben. Vielleicht hält sie noch ein halbes Jahr durch, aber im März,
wenn die Regenzone bis hierher gedrungen ist, können wir nicht mal mehr einen
Hubschrauber einfliegen. Außerdem wird sich dann niemand mehr um uns kümmern.
Ich hab's ihr gesagt, und sie ließ mich einfach stehen.«
    Kerans lächelte düster; er sah ihre
rasche Hüftbewegung und den stolzen Gang deutlich vor sich. »Beatrice kann sehr
schwierig sein«, lenkte er ein und hoffte, daß sie Riggs nicht beleidigt hatte.
Sicher würde es mehr als drei Tage brauchen, bis sie überzeugt werden konnte,
und er wollte sichergehen, daß Riggs dann noch wartete. »Ein kompliziertes
Mädchen – so vielschichtig. Wenn sie aus den Fugen gerät, benimmt sie sich
manchmal wie verrückt.«
     
    Sie verließen das Apartment, Kerans
verschloß wieder sorgfältig die Luftklappen und stellte den Thermostatschalter
ein, so daß in zwei Stunden eine angenehme Kühle von knapp dreißig Grad
herrschen würde. Sie gingen zur Landestelle hinunter; gelegentlich blieb Riggs
stehen, genoß die kühle Luft in einem der öffentlichen Salons über der Lagune
und zischte Schlangen an, die leise zwischen den feuchten, pilzüberzogenen
Sofas herumglitten. Die beiden Männer bestiegen den Kutter, Macready schlug die
Käfigtür hinter ihnen zu.
    Fünf Minuten später fuhren sie in die
Lagune hinaus. Golden glitzerten die Wellen in der kochendheißen Luft, der
dichte Pflanzenring um sie wirkte im Hitzegefälle wie ein Zauberwald.
    Riggs sah düster nach draußen. »Bin
ich froh, daß die Nachricht von Camp Byrd kam. Wir hätten schon vor Jahren hier
wegsollen. Diese detaillierten Aufzeichnungen von Häfen für irgendwelchen
hypothetischen Zukunftsgebrauch ist einfach absurd. Selbst wenn das
Sonnenflackern wieder zurückgeht, wird es mindestens zehn Jahre dauern, ehe man
ernsthaft an eine Wiederbesiedlung dieser Städte denken kann. Bis dahin sind
die meisten großen Gebäude unter dem Treibsand begraben. Mehrere Divisionen
wird man benötigen, um allein diese Lagune vom Dschungel zu befreien. Bodkin
hat mir erst heute früh gesagt, daß einige der Pflanzen – holzfreie,
wohlgemerkt, keine Bäume – bereits über sechzig Meter hoch sind. Das Ganze hier
ist nichts als ein verdammter Zoo.«
    Er nahm seine Schirmmütze ab und rieb
sich die Stirn, dann überbrüllte er den immer noch ansteigenden Lärm der zwei
Außenbordmotoren: »Wenn Beatrice noch lange hierbleibt, wird sie verrückt. Ach,
da fällt mir noch ein Grund ein, warum wir unbedingt wegmüssen.« Er blickte zu
Macready hinüber, der einsam an der Ruderpinne

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