Karparthianer 02 Dunkle Macht des Herzens
stattgefunden hatten.«
»Wenn es so ist, kann Rand unmöglich der Schuldige sein.«
»Wenn es so ist. Angenommen, er ist vor dieser Zeit zurückgekehrt und hat festgestellt, dass meine Mutter tot ist. Ein Kar-patianer, der seine Gefährtin verliert, wählt doch normalerweise den Tod, nicht wahr? Was passiert, wenn er es nicht tut? Was passiert, wenn er weiterlebt?«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, während Jacques über ihre Fragen nachdachte. »Mikhail glaubte, Rand würde es überstehen, weil Noelle nicht seine wahre Gefährtin war. Aber wenn Maggie dies war und sie bei Rands Rückkehr nicht mehr lebte, wäre er zum Vampir geworden. Doch er hatte einen Sohn. Er mag einer von uns geblieben sein, um ihn zu beschützen.« Jacques zog scharf den Atem ein. »Aber imstande zu sein, eine Tarnung vor anderen Karpatianern aufzubauen ... Nur wenige von uns haben diese Macht.«
»Wer zum Beispiel?«, bohrte Shea nach.
»Mikhail ist der Älteste der Karpatianer. Gregori ist nur ein Vierteljahrhundert jünger. Aidan und sein Zwillingsbruder Julian sind vielleicht ein halbes Jahrhundert jünger. Byron und ich sind dem Alter nach 476
die Nächsten. Ein paar andere sind altersmäßig nicht weit von uns entfernt, doch sie haben Gefährtinnen und sind nicht verdächtig. Dann gibt es noch Dimitri, aber er hält sich weit entfernt von diesem Land auf. Nur einer von den Uralten ist mächtig genug, seine Anwesenheit zu verschleiern.« Jacques war nicht bewusst, an wie viel er sich erinnern konnte, doch Shea fiel es auf, und es ließ sie den Kummer über Rands Verrat leichter ertragen.
»Aber Rand könnte eine Möglichkeit gefunden haben, es zu tun«, beharrte sie. »Es scheint durchaus sinnvoll, Jacques. Ich muss es nicht unbedingt gut finden - ehrlich gesagt, ich hasse diese Vorstellung -, doch sein Blut fließt in meinen Adern, und eine andere Erklärung gibt es nicht. Ich habe im Wald seine Nähe gespürt, weil wir dasselbe Blut haben. Es muss so sein.«
»Du hast dich doch so sehr gegen diese Idee gesträubt, Shea.« Jacques legte eine Hand auf ihren straffen Bauch.
Er konnte nicht anders, er musste sie einfach berühren, und er genoss es, dieses Recht zu haben.
»Ich wollte der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen, Jacques. Aber ich hatte Zeit zum Überlegen. Es ist die einzige logische Erklärung. Er wünscht, ich wäre Maggie, und er will mich für sich haben, doch er weiß, dass ich nicht wirklich Maggie bin. Und er will dich töten. Er wollte deinen Tod und Ravens und Mikhails Tod ebenfalls.« Shea holte tief Luft. »Und Rand hat irgendetwas gesagt, das mir keine Ruhe ließ - ich konnte mich nicht erinnern, was es war. Eben ist es mir wieder eingefallen. Er hat Byron erwähnt! Er hätte gar nicht wissen dürfen, dass es Byron war, der von den Menschen gefoltert wurde. Niemand hatte es ihm erzählt, und Byron konnte nicht mit ihm kommunizieren. Woher hat 477
er es also gewusst?«
Jacques' schwarze Augen glitzerten wie Obsidian.
»Das ist mir nicht aufgefallen. Du hast recht. Er wusste von Byron. Er nannte seinen Namen.«
Shea fuhr sich mit einer Hand unsicher durchs Haar.
Tiefer Kummer lag in ihren Augen, als sie Jacques anschaute. »Mein Gott, Jacques, weißt du, was das heißt?
Er muss dafür verantwortlich gewesen sein, dass mein Bruder in die Hände von Don Wallace und Jeff Smith geriet. Er war dafür verantwortlich, dass sie seinen eigenen Sohn gefoltert und getötet haben. Ist das überhaupt möglich? Kann irgendjemand tatsächlich so krank sein, so eiskalt?«
»Es tut mir leid, Shea. Ein Vampir ist echter Gefühle nicht fähig. Ein Untoter entscheidet sich dafür, seine Seele aufzugeben. Er ist durch und durch schlecht.«
Jacques schnürte sich unwillkürlich die Kehle zusammen, als er spürte, wie schwer Shea ums Herz war.
Er bewunderte sie für den Mut, den es sie kostete, ihre Schlussfolgerungen vor ihm auszusprechen. »Der Grund, warum es bei den Menschen diese Legenden aus alten Zeiten gibt, ist, dass einige von ihnen erlebt haben, wozu ein echter Vampir imstande ist. Ich wünschte, es wäre nicht so. Ich würde alles geben, um dir diesen Schmerz zu ersparen.«
»Auch ich wünschte, es wäre anders, doch ich fürchte, das ist es nicht. Du bist ernstlich in Gefahr. Selbst wenn Rand nicht der Vampir ist, ist er eindeutig ein kranker, verbitterter Mann, und er hasst dich. Sei bitte vorsichtig.
Ich will nicht, dass er dir etwas antut.« Ihre großen grünen Augen waren voller Angst. Sie setzte
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