Kat und der heißblütige Spanier
sei alles möglich … wenn man nur tapfer genug war, die Hand auszustrecken und sich zu nehmen, wovon man träumte.
„Hallo …“, gurrte sie sanft, als sie dicht hinter Carlos Guerrero stand.
Langsam drehte er sich um und musterte kalt Kats sanft gerötetes Gesicht. „Sie sind die Frau, die schon den ganzen Abend auf Teufel komm raus mit mir zu flirten versucht“, stellte er in einem ebenso resignierten wie verärgerten Ton fest.
„Habe ich das?“ Glücklicherweise war es hier draußen so dunkel, dass er nicht sehen konnte, wie sich ihre Röte dramatisch vertiefte. Aber hatten ihre Schwestern ihr nicht immer eingeschärft, Frauen und Männer seien heutzutage absolut gleichberechtigt, auch was die Liebe und speziell die Partnerwahl betraf?
„Ich … ich dachte nur, Sie … Sie würden vielleicht gern tanzen?“, fragte sie stammelnd und versuchte wenigstens optisch einen selbstsicheren Eindruck zu machen. Darum war sie mit jedem Wort ein Stückchen näher an ihn herangerückt, sodass sie unerwartet seinen Atem auf ihrer Haut spürte. Ganz tief sog sie den magischen Duft nach Limone, Sandelholz und etwas Unbekanntem, Aufregenden in sich ein und hob den Blick.
In diesem Moment kam der Mond hinter einer Wolke hervor, und Kat gefror zu Eis. Solange sie lebte, würde sie den Ausdruck in seinen schwarzen Augen nicht vergessen. Sein Blick glitt an ihr hinunter wie kalter Stahl und blieb an dem riesigen Diamanten zwischen ihren Brüsten haften. Ganz langsam wandelte sich der Ausdruck, den man am ehesten mit Ärger beschreiben konnte, zu offenkundiger Missbilligung und schließlich tiefster Verachtung.
„Führst du dich eigentlich jedem Mann gegenüber wie ein Flittchen auf, querida ?“, fragte er gedehnt. „Oder interessiert er dich nur, wenn er einer anderen gehört?“
Sein unverhohlener Widerwille schockierte Kat so, dass sie kaum wahrnahm, dass inzwischen jemand in der offenen Terrassentür aufgetaucht war und sie stumm beobachtete.
„Aber … aber ich …“
Abrupt beugte Carlos sich vor, sodass seine Lippen ihre Ohrmuschel berührten. Kat hatte das Gefühl, einen elektrischen Schlag zu bekommen.
„Du bist aufgedonnert wie eine Hure, und genauso benimmst du dich auch!“, zischte er ihr zu. „Warum verschwindest du nicht einfach, ziehst dir etwas Anständiges an und nimmst ein paar Lehrstunden in korrektem Auftreten, bevor du dich wieder in die Öffentlichkeit wagst?“
Noch ehe Kat überhaupt die Chance hatte zu reagieren, kehrte Carlos Guerrero auch schon wieder in den Ballsaal und zu seiner schönen Begleiterin zurück – vorbei an ihrem Vater, der die ganze Szene aufmerksam von der Tür her verfolgt hatte.
Wie sie später von ihren Schwestern erfuhr, legte Carlos der Dame in Beige kurz darauf eine schimmernde Stola um die bloßen Schultern und entführte sie in die Nacht.
Kat blieb wie paralysiert zurück und fasste es kaum, dass sie sich so hatte vergessen können. Sie hatte sich tatsächlich aufgeführt wie eine …
Ihre Schwestern, denen ihr ungewohntes Verhalten natürlich nicht entgangen war, amüsierten sich in erster Linie über Kats Entgleisung und versorgten sie ohne Extraaufforderung mit allen wichtigen Details über Carlos Guerrero.
Nicht nur, dass er ein geradezu legendärer Stierkämpfer gewesen war, den gleichen Ruf genoss er auch als Playboy, dem die schönsten und aufregendsten Frauen der Welt zu Füßen lagen. Eine Eröffnung, die Kat quasi den Rest gab.
Und seit jenem Abend hatte sie Carlos Guerrero nicht mehr gesehen – bis heute.
Seufzend strich sie sich abwesend über die Stirn, während sie versuchte, die peinigenden Erinnerungen zu verdrängen. Immer noch hielt sie den Brief ihres Vaters in der Hand, und immer noch beobachtete Carlos sie.
Vergiss, wie du dich an jenem schrecklichen Abend benommen hast, und vergiss, wie grausam und brutal dich dieser Mann niedergemacht hat. Das alles liegt in der Vergangenheit, sagte Kat sich selbst und begegnete seinem Blick mit Offenheit und einer Spur Trotz.
„Hör zu, Carlos, wenn ich dich richtig verstanden habe, gefällt dir dieses von meinem Vater inszenierte Theater ebenso wenig wie mir“, sagte sie fest.
Noch vor wenigen Minuten hätte er ihr kompromisslos zugestimmt, jetzt zögerte er mit einer Antwort.
Als Oscar ihn gebeten hatte, seine Tochter bei sich anzustellen, war sein erster Instinkt strikte Ablehnung gewesen. Er wollte weder Babysitter noch Mentor sein – und schon gar nicht für verwöhnte reiche
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