Katrin Sandmann 02 - Kinderspiel
?«
Manfred legte das angebissene Brötchen auf den Teller und verschränkte in spielerischem Zorn die Arme vor der Brust.
»Ich rede wohl wieder zu viel, was ?«
Katrin schüttelte den Kopf und lächelte erneut.
»Du weißt, dass ich dir gern zuhöre .«
Er warf ihr einen immer noch misstrauischen Blick zu und wollte gerade wieder nach seinem Brötchen greifen, als sein Handy klingelte. Katrin beobachtete wie seine Gesichtszüge sich verwandelten, während er lauschte. Manfred war Journalist, er arbeitete als Reporter für die Lokalredaktion einer Düsseldorfer Zeitung. Wenn sie seinen Blick richtig deutete, dann hatte er soeben etwas Interessantes erfahren. Vermutlich würde er gleich aufgeregt aufspringen, alles stehen und liegen lassen und ohne viele Erklärungen aus der Wohnung stürmen.
Manfred legte das Telefon weg und trank in hastigen Schlucken seinen Kaffee aus. Dann schob er den Stuhl zurück. Er eilte mit langen Schritten in die Diele und stieg in seine Schuhe. Katrin wartete. Sie wusste, dass sein Mitteilungsbedürfnis größer war als ihre Neugier. Vermutlich handelte es sich sowieso nur eine von diesen unsäglichen Klatschgeschichten, auf die sie gern verzichten konnte. Manfred kam in die Küche zurück. Er hatte sich die alte, abgewetzte Ledertasche über die Schulter gehängt, die er auch schon dabei gehabt hatte, als sie sich das erste Mal begegnet waren. Sie hatte seinem Vater gehört, der auch Journalist gewesen war. Manfred schnappte sich das Handy und stopfte es in die Tasche. Katrin stand auf.
»Und wer räumt das hier weg ?« Sie deutete auf den überladenen Frühstückstisch und fixierte ihn herausfordernd.
»Lass stehen. Ich mach das später .«
Er hastete zur Tür. Dann drehte er sich noch einmal um.
»Kennst du eigentlich Claudia Heinrich? Das ist die Frau von diesem Staranwalt, Thomas Heinrich. Hat der nicht beruflich mit deinem Vater zu tun ?«
»Klar kenne ich die. Meine Eltern sind mit den Heinrichs befreundet. Schon seit Jahren. Thomas Heinrich hat mit meinem Vater zusammen studiert. Er ist fast so was wie ein Onkel für mich. Als ich ein kleines Mädchen war, hat er mir manchmal abends Gruselgeschichten erzählt. Die waren wahnsinnig spannend .«
Katrin stockte.
»Warum fragst du? Was ist passiert ?«
Manfred zuckte die Schultern. »Ich weiß noch nichts Genaues. Aber es sieht so aus, als hätte Claudia Heinrich sich umgebracht .«
Er rauschte davon, knallte die Tür ins Schloss und ließ Katrin allein mit einem Haufen wirrer Erinnerungen an eine dunkelhaarige, schweigsame Frau, die ihr immer ein wenig unheimlich gewesen war, und die sie als Kind in Gedanken manchmal als Hexe bezeichnet hatte, weil sie eine so dunkle Stimme hatte und eine lange, leicht gebogene, unglaublich faszinierende Nase.
2
Hauptkommissar Klaus Halverstett hörte ein Auto mit quietschenden Reifen am Bordstein halten. Er drehte sich um und sah Manfred Kabritzky aus seinem grünen Geländewagen klettern. Der Polizeibeamte war gerade im Begriff gewesen, selbst in sein Auto zu steigen, hielt aber jetzt inne. Er kannte den Journalisten seit Jahren, und er mochte ihn, auch wenn ihm seine penetrante Art bisweilen auf die Nerven ging. Er streckte ihm die Hand entgegen.
»Vor dir ist man wohl nirgends sicher«, scherzte er.
»Morgen, Halverstett .« Manfred schüttelte ihm kräftig die Hand. »Und? Ist es Selbstmord? Gibt es einen Abschiedsbrief? Was sagt ihr Mann ?«
Der Kommissar seufzte. »Du Aasgeier. Schämst du dich eigentlich nicht ?« Dann nickte er. »Ja, es war wohl Selbstmord. Sie war offensichtlich seit Jahren depressiv. Wir haben keinen Brief gefunden, aber jede Menge Antidepressiva. Ihr Mann hat uns erzählt, dass sie wegen Schlafstörungen und Depressionen in Therapie war. Er ist völlig am Boden zerstört. Er hat sie gefunden. Kein schöner Anblick. Sie war schon seit fünf Tagen tot. Und das bei der Hitze.«
Halverstett starrte in den Himmel, dessen tiefes Blau von keinem einzigen Wölkchen getrübt wurde. Seit einer Woche lähmte eine Hitzewelle das Land. Die Temperaturen kletterten schon am frühen Morgen gefährlich nah an die Dreißig-Grad-Marke, und selbst nachts kühlte es kaum ab. Dabei war bereits der achte September. Der Sommer sollte eigentlich langsam ausklingen, aber das Wetter hielt sich dieses Jahr nicht an den Kalender.
Halverstett fingerte ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er war ein eher etwas behäbiger Mensch,
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